Zauber-Schloss
–«
»Ja?« fragte der Ring dienstbeflissen.
Dor stieß seinen Kopf gegen die Seile. »Daß ich diesen verdammten Floh loswerden könnte und etwas Schlaf finde!« sagte er.
»Moment mal!« protestierte der Ring. »Ich kann zwar alles, aber du willst ja gleich zwei Dinge auf einmal!«
»Etwas Schlaf reicht mir schon«, meinte Dor.
Kurz darauf schlief er auch ein. Er träumte davon, vor einem riesigen, buntgeschmückten Gummiballbusch zu stehen und entsetzlich gerne einen Gummiball zu bekommen, besonders den schönen goldenen dort vorne, doch von einem magischen Fluch, der möglicherweise die Früchte vor fremdem Zugriff schützen sollte, daran gehindert zu werden. Das Problem bestand nicht nur in der Tatsache, daß er nicht wußte, wie er einen Gummiball pflücken sollte, ohne den Fluch auf sich zu laden, sondern der Busch befand sich dazu noch im Hof eines anderen Hauses, so daß er nicht wußte, ob er überhaupt ein Recht dazu hatte, etwas davon abzupflücken. Es war ein hoher Busch, dessen verführerische Früchte gerade noch außerhalb seiner gewöhnlichen Reichweite hingen. Doch er ruhte auf magischen Stelzen, die sehr hoch und sehr stark waren, so daß er jetzt hoch genug stand, um diese entzückende goldene Kugel mit Leichtigkeit ergreifen zu können. Wenn er sich doch nur trauen könnte! Wenn er das doch nur sollte!
Darüber hinaus hatte er als Kind Gummibälle gar nicht so besonders gern gemocht. Er hatte zwar gesehen, daß andere sie mochten, aber das hatte er nie verstehen können. Und jetzt wollte er tatsächlich selbst unbedingt einen haben – und mißtraute diesem Gesinnungswandel.
Dor erwachte zuckend. Hüpfer hing neben ihm und musterte ihn besorgt aus mehreren Augen gleichzeitig. »Geht’s dir nicht gut, Freund Dor-Mensch?« fragte er schnatternd.
»Ich… nur ein Nachtmahr«, erwiderte Dor unsicher.
»Ist das eine Krankheit?«
»Es gibt magische Pferde, halb Illusion, die Leute nachts jagen und sie erschrecken«, erklärte Dor. »Wenn jemand nachts also etwas Schreckliches erlebt, dann nennt er es einen Nacht-Hengst, eine Nacht-Mähre oder einfach einen Nachtmahr.«
»Ah, sehr anschaulich«, meinte Hüpfer, nachdem er verstanden hatte. »Du hast also von einem solchen Pferd geträumt. Von einer Mähre – einem weiblichen Pferd also.«
»Ja. Ein Pferd… ein Pferd einer anderen Farbe. Ich… ich wollte so gern auf dieser Mähre reiten, aber ich war mir nicht sicher, daß ich mich auf diesem goldenen Sattel halten könnte… ach, ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich sagen will!«
Hüpfer dachte nach. »Sei mir bitte nicht böse, Freund. Ich verstehe weder deine Sprache noch dein Wesen besonders gut. Bist du vielleicht ein Jugendlicher? Ein junges Wesen?«
»Ja«, erwiderte Dor gepreßt. Die Spinne schien ihn recht gut zu verstehen.
»Eines, das das normale Paarungsalter deiner Art noch nicht erreicht hat?«
»Ja.«
»Und dieses schlafende weibliche Mitglied deiner Art, die mit der goldenen Seide – ist die in einem reiferen Alter?«
»Ich… ja.«
»Ich glaube, dein Problem ist ganz natürlicher Art. Du brauchst lediglich zu warten, bis du reif geworden bist, dann wirst du unter keiner solchen Verwirrung mehr zu leiden haben.«
»Aber angenommen… angenommen, sie gehört einem anderen…?«
»Es gibt in diesen Dingen nicht so etwas wie Besitz«, versicherte Hüpfer. »Sie wird dir schon anzeigen, ob sie dich für geeignet hält.«
»Geeignet wozu?«
Hüpfer gab ein kicherndes Schnattern von sich. »Das wird zu gegebener Zeit schon noch deutlich werden.«
»Du klingst wie König Trent!« meinte Dor vorwurfsvoll.
»Der wohl vermutlich ein reiferer Vertreter eurer Art ist… vielleicht in mittleren Jahren.«
Das war genau getroffen!
Trotz seiner Verwirrung und Enttäuschung war Dor froh, einen solchen Begleiter zu haben. Die äußere Form war doch so gut wie unwichtig.
Millie rührte sich, und Dor hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, das Gespräch zu beenden. Es dämmerte sowieso gerade. Es war an der Zeit, etwas zu essen und sich wieder auf den Weg zu Schloß Roogna zu machen.
Dor ließ sich von den örtlichen Stöcken und Steinen den Weg angeben, und gemeinsam schritten sie weiter. Doch diesmal kamen sie an einen großen Fluß. Dor konnte sich nicht an einen solchen Fluß erinnern, aber schließlich konnte sein Bett sich in achthundert Jahren verlagert haben; und es war auch durchaus möglich, daß er den Fluß auf den verzauberten Wegen sowieso nicht
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