Zauber-Suche
auf Schicht köstlichster Zuckergußglasur, mit einer großen 1 und gekrönt mit einer lebensechten Büste von König Trent. Die Königin versuchte stets, den Ruhm und Glanz des Königs zu erhöhen, weil ihr eigener Ruhm ein Abglanz davon war. Irgendein armer Küchenmeister hatte sich sehr viel Mühe mit der Magie für dieses verschnörkelte Backwerk geben müssen!
»Marinadekatze, bewach diese Torte und marinier mir jeden, der es wagt, sie anzurühren«, sagte die Königin und befestigte die Leine der Katze an einem Bein des Tortenständers. »Und nun, Männer – auf Schatzsuche!«
Roland schüttelte den Kopf. »Skelette in Kleiderschränken läßt man lieber in Ruhe«, bemerkte er. »Ich glaube, ich werde mal deiner Mutter gratulieren.« Er blickte Bink an. »Du wirst unsere Familie bei der Schatzsuche vertreten müssen. Aber du brauchst dich bei der Suche nicht übermäßig anzustrengen.« Mit einer Abschiedsgeste verschwand er in den schimmernden Fluten des Meeres.
Bink blieb einen Augenblick nachdenklich stehen. Es war offensichtlich, daß sein Vater wußte, daß etwas mit ihm nicht stimmte, sich aber nicht näher dazu äußern wollte.
Aber was war denn nun nicht in Ordnung? Bink wußte, daß er ein angenehmes Leben führte, mit einer guten, wenn auch etwas wandelbaren Frau, und in der Gunst des Königs stand. Warum träumte er dann von Abenteuern in fernen Gegenden, vom Gebrauch seiner Schwertkunst, von Gefahr und sogar vom Tod, obwohl er wußte, daß sein Talent ihn vor allen echten Bedrohungen schützen würde? Was war nur los mit ihm? Irgendwie schien es, als sei er glücklicher gewesen, als seine Zukunft noch ungewisser gewesen war – und das war doch lächerlich!
Warum war Chamäleon nicht dabei? Sicher, sie stand kurz vor der Niederkunft, aber wenn sie gewollt hätte, hätte sie durchaus am Ball teilnehmen können. Zum Palaststab gehörte auch eine magische Hebamme.
Er faßte seinen Entschluß. Auf zur Schatzsuche! Vielleicht konnte er sich ja selbst beweisen, indem er das Skelett im Wandschrank entdeckte.
2
Die Schatzsuche
Jetzt besaß er endlich eine Herausforderung, so oberflächlich diese auch sein mochte. Zuerst mußte er nachdenken. Millie befand sich nicht unbedingt wirklich in einem Wand- oder Kleiderschrank. Ihre Gebeine mußten sich wohl auf dem Gelände des Palastes befinden, denn ihr Geist war ja auch hier – aber das konnte auch im Graben sein oder sogar im Garten. Jedenfalls abseits der vielbesuchten Teile. Es sei denn, die Knochen waren unter dem Fußboden oder zwischen irgendwelchen Wänden begraben. Doch das war unwahrscheinlich, denn die Mauern des Palastes waren recht solide, von Haltbarkeitszaubern verstärkt. Den Fußboden oder eine Wand aufzubrechen würde schwere Arbeit bedeuten. Angenommen, daß Millie plötzlich und unter verdächtigen Umständen gestorben war (denn sonst wäre sie nicht zum Gespenst geworden), dann hatte ihr Mörder ihre Leiche schnell und heimlich verstecken müssen. Nein, der hatte bestimmt keine Wände hochgezogen, um sie zu verbergen! Das hätte der alte König Roogna niemals geduldet.
Wo konnte man einen Leichnam binnen weniger Minuten verstecken, und zwar so, daß er für Jahrhunderte verborgen blieb? Die Renovierungsarbeiten des Königs hatten das ganze Schloß Roogna abgedeckt, um es in einen Palast für das jetzige Königreich umzuwandeln. Die Arbeiter hätten bestimmt kein Skelett übersehen. Folglich schien die Sache vom Technischen her unmöglich. Es konnte hier keine Skelette in Wandschränken geben.
Bink sah, wie andere Männer bereits eifrig alle Schränke durchstöberten. Es hatte gar keinen Zweck, sich auf einen Wettbewerb mit ihnen einzulassen, selbst wenn sich das Skelett dort befinden sollte.
Technisch unmöglich – ah, das war es! Magisch war es nicht unmöglich! Man mußte die Knochen in etwas anderes, Unauffälliges verwandelt haben, in etwas Irreführendes. Die Frage lautete nur – in was? Im Palast gab es tausend Gegenstände, die alle dafür in Frage kamen. Und doch war eine Verwandlung große Magie, und welche einfache Zofe würde sich mit einem Magier anlegen? Vielleicht waren ihre Knochen also doch in ihrem Urzustand verblieben, vielleicht auch aufgelöst oder zu Pulver zermahlen worden? Egal, auf jeden Fall mußte es einen Hinweis auf sie geben, man mußte ihn nur erraten. Wirklich ein höchst aufregendes Rätsel!
Bink schritt an das Büffet. Es war üppig belegt mit Torten, Teigkringeln, Keksen, Kuchen,
Weitere Kostenlose Bücher