Zauber-Suche
ähnelte einem einköpfigen Hund. Bink hatte zwar bereits Werwölfe aus Fleisch und Blut gesehen, aber das zählte wahrscheinlich nicht. Welch ein Schrecken mußte in Mundania doch herrschen, wenn die Wölfe ständig in ihrer tierischen Gestalt gefangen blieben, ohne sich jemals in Menschen verwandeln zu können!
Der Himmelszentaur wirbelte zu dem Wolf herum und legte auf ihn an. Doch der Wolf lief bereits davon, weil ihm ein Skorpion folgte. Der wurde wiederum von einem Mann gejagt – nein, er glaubte bloß, von dem Mann verfolgt zu werden. Der Mann, ein riesiger, muskulöser Hüne, verfolgte in Wirklichkeit eine Schlange und versuchte, ihren Kopf mit einer Keule zu zertrümmern. Doch ein Drache war ihm bereits auf den Fersen, und diesen verfolgte ein seltsames Tier mit langem Hals. Der ganze Himmel war mit Merkwürdigkeiten übersät, so daß er viel interessanter aussah als das Land Xanth.
»Was ist denn das Ding mit dem Hals?« fragte Bink.
»Die mythische Zoologie ist nicht mein Spezialgebiet«, sagte Chester. »Aber ich glaube, es ist ein mundanisches Ungeheuer, das Gaffe heißt.« Er machte eine Pause. »Nein, das stimmt nicht ganz. Ein Grraff. Nein, auch nicht. Ach ja, jetzt weiß ich’s wieder: eine Giraffe! Der lange Hals dient wohl dazu, sie vor bodennaher Magie zu schützen oder so. Das seltsamste an ihr ist, daß sie, soweit ich weiß, trotz ihres langen Halses keine
Stimme haben soll.«
»Wirklich seltsame Magie!« meinte Bink.
»Seltsam unmagisch, wenn man’s genau nimmt. Das Land
Mundania könnte einen guten, vernünftigen Schuß Magie ganz gut vertragen.« Der Himmel war nun dicht mit Tieren bevölkert, als die restlichen Sterne herauskamen. Weitab befanden sich ein Krebs und ein flügelloser Bulle sowie ein echter einköpfigerHund. Die Vögel waren in der Überzahl – halbvertraute wie der Phoenix und der Paradiesvogel sowie eine Unzahl unbekannter wie der Kranich, der Tukan, der Adler, der Pfau, die Taube und die Krähe. Auch Leute waren da: Männer, Kinder und einige hübsche junge Frauen.
Das erinnerte Bink wieder an Chamäleon. Je länger er von ihr getrennt war, desto mehr fehlte sie ihm. Und wenn sie schon gerade ihre häßliche Phase durchlief – was machte das schon? Schließlich hatte sie auch ihre schöne Phase …
»Schau mal, der sagenumwobene mundanische Wal«, sagte Chester. »Ich bin ja nur froh, daß es in unserem Land kein solches Ungeheuer gibt!«
Bink stimmte ihm entschieden zu. Da erspähte er eine kleine Echse. »Ein Chamäleon!« rief er.
Als er den Namen aussprach, verwandelte sich die Echse in die menschliche Chamäleon, die er kannte und liebte: seine Frau. Sie blickte ihn aus den tiefsten Tiefen des Himmels an und öffnete den Mund. Bink, Bink, schien sie zu sagen. Komm zu mir …
Bink sprang auf und schlug mit dem Kopf beinahe gegen einen Knochen. »Ich komme!« rief er freudig. Warum hatte er sie nur jemals verlassen?
Doch es gab keinerlei Möglichkeit, sie zu erreichen. Er konnte weder die Luft emporklettern noch hochfliegen, und außerdem wußte er ja, daß es nur ihr Abbild war. Nur eine verwandelte Echse, die selbst seiner Einbildung entstammte. Und dennoch wünschte er sich –
Da verschoß der Sternbildzentaur endlich seinen Pfeil. Das Geschoß flammte über den Himmel, zog eine gleißende Leuchtspur und wurde immer heller und größer, als es sich näherte. Plötzlich war es geradezu beängstigend groß und nahe, als würde es aus dem Himmel selbst heraustreten – da fuhr es in einen nahen Hundsbaum. Der jaulte vor Schmerz laut auf, knurrte und bleckte seine zahnähnlichen Innenzweige und zerrupfte den Pfeil im Nu in kleine Stücke.
Bink blickte zu Chester hinüber, konnte seinen Gesichtsausdruck im Dunkeln jedoch nicht lesen. Dieser Konstellationspfeil war aber wirklich sehr nahe neben ihnen eingeschlagen! »Sag mal, hat dieser Zentaur etwa auf uns gezielt?«
»Wenn er das getan haben sollte, dann war er geradezu kriminell schlampig«, erwiderte Chester grimmig. »Dann war er ein verdammt schlechter Schütze. Das ist ein schlechtes Beispiel, das auf alle Zentauren zurückfällt. Ich werde ihm einen Denkzettel verpassen!« Nun war Chesters Silhouette vor dem funkelnden Nachthimmel zu erkennen. Er legte einen Pfeil ein, spannte die Sehne mit aller Kraft und ließ sie fahren.
Sie flog hoch und höher, irgendwie sichtbar, obwohl es doch Nacht war. Empor, unmöglich weit empor, bis zum Rand der nächtlichen Kuppel und immer weiter, auf das
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