Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
liegenden
Todorova, gefolgt vom schwarz geschminkten Monostatos. Beide knieten sich neben
den starr hingestreckten Körper. Die ersten Zuschauer sprangen auf. Der diensthabende
Arzt in der fünften Reihe fuhr aus seinem Sessel hoch und stürmte auf die Bühne,
gefolgt von der Festspielpräsidentin und Bernd Unterweger, der heute schon zum zweiten
Mal einschreiten musste. Im Bühnenhintergrund erschien ein junger Mann zusammen
mit einer uniformierten Rotkreuz-Schwester. Als der Arzt sich über den Körper der
Sängerin beugte, senkte sich der Vorhang. Wieder kehrte Stille ein, gespenstische
Stille. Der Platz des Dirigenten war leer. Er war wohl auf dem Weg hinter die Bühne.
Die Musiker im Orchestergraben saßen fast alle wie angenagelt auf ihren Plätzen.
Einer der Kontrabassisten beugte sich zu einem der Bläser und sagte ihm etwas ins
Ohr. Ein schwaches Murmeln drang an Meranas Ohr. Links von ihm, vier Plätze weiter,
flüsterte eine Frau ins Mobiltelefon. Er kannte die Frau, sie war Journalistin einer
Wiener Tageszeitung. Der große Vorhang auf der Bühne bewegte sich. Eine sichtlich
gezeichnete Präsidentin erschien und trat an den Bühnenrand, in der Hand ein Mikrofon.
»Geschätzte
Damen und Herren. Es hat sich, wie Sie eben selber mitbekommen haben, ein schrecklicher
Unfall ereignet. Wir können Ihnen leider in der derzeitigen Situation nicht sagen,
wie es Anabella Todorova geht. Bitte, haben Sie Verständnis dafür, dass wir die
Premierenvorstellung zu unserem großen Bedauern abbrechen müssen.« Sie wiederholte
das Gesagte auf Englisch, dann auf Italienisch. Die Saaltüren wurden geöffnet. Die
ersten Zuschauer erhoben sich und gingen schweigend nach draußen. Als Merana und
Carola die Straße erreichten, blieb seine Stellvertreterin stehen. »Willst du hinter
die Bühne schauen, Martin?« Er überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. Bert
Unterweger war ein erfahrener Kollege. Er wollte sich nicht unnötig wichtig machen.
Alles sah nach einem schrecklichen Unfall aus. Und wenn Ungereimtheiten auftauchten,
dann würde er es schon erfahren. »Willst du trotzdem noch mit zu Sandro gehen, Carola?
Mir ist zwar jeglicher Appetit vergangen, aber einen Grappa könnte ich vertragen.
Oder zumindest ein Glas Rotwein.« Sie nickte und hängte sich wieder bei ihm ein.
facebook / florababy
22:05
he, leute! mir bleibt
die spucke weg!!!! die geben sich’s hier volldick!!
stellt euch vor:
ein unfall, mitten auf der bühne!! abbruch. finito. die show ist zuende. die königin
mit ihrem sternenfummel ist von ihrer säule gekippt wie ein space shuttle mit schlagseite!
sah gar nicht happy aus! checkt die news-foren, mädels, dann erfahrt ihr mehr! ich
brauch jetzt was mit energy, und zwar eimerweise!
flora
An einem Samstagabend mitten in
der Festspielsaison war das ›Da Sandro‹ normalerweise bis auf den letzten Platz
gefüllt. Doch heute entdeckte Merana einige leere Tische, als er mit Carola das
kleine Lokal betrat, das man über einen Durchgang zwischen Getreidegasse und Universitätsplatz
erreichte. Der Besitzer, Alessandro Calvino, war vor 18 Jahren aus Sizilien nach
Salzburg gekommen.
Wegen ›una
donna bellissima, die schönste Frau von die ganze Weltkugel‹ wie er auch heute noch
bei mancher Gelegenheit betonte. Die donna bellissima hatte sich bald darauf
mit einem Zahnarzt nach München verdrückt, und Alessandro Calvino war in Salzburg
geblieben. Binnen kurzer Zeit hatte er das kleine Lokal mit der besten italienischen
Küche der Stadt zum gefragten Treffpunkt gemacht.
»Buona sera, Signora Carola, ciao, Martino. Ich habe
schon gehört von eine Gast über die schreckliche Unglück auf Bühne.« Der kleine
Italiener reichte Merana und dessen Begleiterin die Hand, dann nahm er das ›Reserviert‹
Schild von einem der Tische und bot den beiden Platz an. »Povera Anabella Todorova!
Che sfortuna! Sie ist die allerbeste Norma, was man kann sich vorstellen. Che voce!
Eine Stimme zum Fallen auf die Knie. Eine wahre Göttin dell’opera! Ich habe sie
gehört eine Mal auch als Amina. Es war wie Wunder auf Erden!«
Sandro war
ein glühender Fan der Opern von Vincenzo Bellini, der so wie er selbst auch aus
Sizilien stammte. ›Norma‹ war die Lieblingsoper des rührigen Lokalbesitzers. Zu
allererst kam für Sandro der unvergleichliche Bellini. Dann kam lange nichts. Eventuell
noch Verdi. Und gleich dahinter Tom Waits und Juliette Greco. Der Musenhimmel des
Sizilianers hatte eine eigenartige
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