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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Baumann
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Schönheit. Das dunkle Haar zu einem Knoten geschlungen.
Ein Bild aus einem Buch war Merana bei ihrem Anblick eingefallen. Dinharazade. Eine
Szene aus der Märchensammlung ›Tausendundeine Nacht‹, die er als Kind besessen hatte.
Das Zentrum der Szene dominierte Sheherazade. Sie erzählte dem König, der auf einem
breiten orientalischen Bett mit Baldachin lag, gerade eine neue spannende Geschichte,
deren Ausgang sie offen lassen würde. Nur so blieb sie am Leben. Denn der von Neugierde
ergriffene König wollte unbedingt in der kommenden Nacht den weiteren Verlauf der
Erzählung hören. In einer Ecke des Zimmers auf dem Bild kauerte eine zweite junge
Frau auf dem Boden. Sie hielt die Hände wie zum Schutz um die angezogenen Beine
geschlungen. Das war Dinharazade, die Schwester der Märchenerzählerin. Ihre Augen
hielt sie starr, fast ängstlich auf Sheherazade gerichtet. Wie ein scheues Reh.
Verletzlich. Bereit, bei drohender Gefahr sofort zu flüchten, oder vielleicht auch
angesichts des Jägers in Schrecken zu erstarren, unfähig zu jeder Bewegung. Genau
dieser Ausdruck von ungläubigem Erstaunen und wachsender Angst war in ihre Augen
gekrochen, als Merana und Carola den beiden mitteilten, dass der Tod von Anabella
Todorova kein Unfall war, sondern als Folge eines starken Schlafmittels passierte,
das sie im Körper hatte. Während das deutsche Mädchen sie gleich mit einer Reihe
von Fragen bombardierte, wie sie die giftige Substanz entdeckt hatten, ob das im
wirklichen Polizeileben genau so funktioniere wie bei CSI im Fernsehen, ließ Emina
den Kopf sinken und starrte auf den Boden. »Möchten Sie uns etwas mitteilen, Emina?«
Die Frage hatte Carola gestellt, mit sanfter Stimme.
    Als Flora,
das deutsche Mädchen, bemerkte, dass sie nicht mehr Zentrum der Aufmerksamkeit war,
hörte sie sofort auf, Fragen über Kriminaltechnik und Laborarbeit zu stellen. Sie
präsentierte sich umgehend in ihrer Rolle als wichtige Zeugin und legte theatralisch
die Hand an die Stirn, als müsse sie sich besonders konzentrieren. Dann begann sie
mit lauter Stimme ihren Bericht, wobei sie jedes Wort in die Länge zog, als müsse
sie die vermeintliche Spannung erhöhen. »Also, wir sind nach hinten gegangen in
so einem komischen Korridor. Falka ging voraus, dann ich, hinter mir Emina und am
Schluss die Fotografin. Oder war die Fotografin hinter mir und Emina als Vierte.
Ich versuche echt, all meine Sinne zu schärfen, um Ihnen auch wirklich meine genauen
Beobachtungen vermitteln zu können …«
    In Wahrheit
kam nichts dabei raus. Sie setzte sich nur ununterbrochen in Szene, kicherte dämlich,
als sie von der Begegnung mit Hebenbronn erzählte. Sie betonte mehrmals, wie galant
der berühmte Sänger war, vor allem zu Falka und ihr. Während all der Zeit, in der
aus Floras geschminktem Mund die Worte purzelten, beobachtete Merana die stille
Emina auf ihrem Stuhl. Schließlich sagte er: »Emina, möchten Sie uns jetzt sagen,
was Sie gesehen haben? Was Sie vielleicht von der ganzen Angelegenheit wissen?«
Die junge Frau hob den Kopf. Ihre dunklen Augen waren glänzende Knöpfe. Das Gesicht
bleich. Die perlmutthellen Zähne bissen in die blutleere Unterlippe. Sie starrte
den Kommissar an. Er sah wieder die Angst in ihrem Blick. Noch flackernder als zuvor.
Und er bemerkte, dass sie mit einer Entscheidung rang. Spannung lag im Raum. Dann
gab sie sich einen Ruck. Die Zähne ließen die Unterlippe frei. Sie öffnete den Mund.
    »Und wissen
Sie, was das allergeilste war, Herr Kommissar?«, preschte Flora mit erhobener Stimme
unvermittelt dazwischen. »Ferdinand Hebenbronn war von mir so begeistert, dass er
sogar scherzte, mich zu adoptieren und in die USA mitzunehmen. Können Sie sich das
vorstellen?« Schon bei Floras ersten von Kichern begleiteten Worten war Eminas Kopf
in Richtung des Mädchens geschnellt wie das Haupt eines Reptils. Ein kurzes Schnauben
war ihrer kleinen Nase entwichen. Merana hob zornig die Hand, um den Redefluss zu
stoppen. »Halten Sie den Mund, Flora!«, herrschte er sie an. Die zuckte erschrocken
zurück. Ihre Kinnlade klappte nach unten, aber sie schwieg. Doch es war zu spät.
Merana wusste es, als er Eminas Blick las. Er versuchte es dennoch. »Sagen Sie uns
bitte, was Ihnen aufgefallen ist, was Sie wissen?« Die junge Frau hatte sich vom
Stuhl erhoben. Ihr Blick war nun leer, der Ausdruck schwer zu deuten. Sie wirkte
völlig verschlossen. Emina schüttelte heftig den Kopf. Ihre Stimme war nahe am Flüstern.
»Flora hat

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