Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
Doch plötzlich blieb er überrascht stehen. An
der Eingangstür zum Mozarteum-Pausenraum, wo sich das Buffet befand, entdeckte er
eine Person, mit der er hier nicht gerechnet hatte. Rotgunde Stiegler, die Gimpl-Gundi.
Kendelbacher schaute sich rasch nach allen Seiten um. Doch er konnte keine Transparente
schwingenden Tierschützer entdecken. Offenbar war heute keine Demonstration angesagt.
Er ging weiter und blieb vor der Frau stehen. »Frau Stiegler, grüß Gott. Sind Sie
schon lange hier? Ich wusste gar nicht, dass Sie auch eingeladen sind.« Sie schaute
ihn an und wirkte ihrerseits offensichtlich nicht überrascht. »Ich brauche keine
Einladung. Ich komme überall hinein, wo ich will.« Davon war er überzeugt. Ihr Tonfall
war ein wenig keck, aber nicht unfreundlich. »Darf ich Ihnen etwas vom Buffet mitbringen?
Das Roastbeef kann ich empfehlen.«
Sie schüttelte
fahrig den Kopf. »Danke. Ich esse keine toten Tiere.« Dann blies sie sich eine ihrer
roten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Die Farbe ihrer Bluse passt gut zu ihren grauen
Augen, stellte er fest. »Darf ich Ihnen dann eventuell einen Vorschlag machen? Wir
verlassen jetzt beide diesen malerischen Ort. Es würde mir große Freude machen,
Sie irgendwo auf einen Kaffee einzuladen? Oder einen Tee?« Zu seiner größten Verblüffung
stimmte sie zu. Er hätte ihr gerne noch länger ins Gesicht geschaut, das ihn mitsamt
ihrer roten Haarsträhnen faszinierte. Doch er musste sich um die Entsorgung seines
leeren Tellers kümmern. Er reichte ihn einem der vorbeikommenden Kellner. Dann deutete
er rasch zum Ausgang, bevor sie es sich wieder anders überlegte. Während sie über
die breite Treppe hinunter stiegen, summte es in seinem Innern.
Mann und
Weib und Weib und Mann
Reichen
an die Gottheit an.
Die rothaarige Frau an seiner Seite,
deren sanft wogende Hüften den knielangen hellen Rock tanzen ließen, hielt gut mit
ihm Schritt.
Jutta Ploch brauchte keine drei
Stunden. Sie rief nach zwei Stunden und 44 Minuten an, wie Merana nach einem Blick
auf die Uhr feststellte.
»Also, hör
zu, Martin. Beginnen wir mit Pamina. Carlotta Veitsch. Kommt aus Köln. Wohlhabende
Familie, beide Eltern Ärzte. Verwöhnte Tochter aus gutem Haus. Ist als Jugendliche
dennoch ziemlich ausgerastet, als sich ihre Eltern scheiden ließen. Da soll auch
irgend etwas vorgefallen sein. Was, weiß ich nicht.«
Aber Merana
wusste es. Einiges hatten Otmar und er auch schon recherchiert. Die junge Carlotta
hatte zwei Mal eine Flasche Parfum in einem Geschäft mitgehen lassen. Das hatte
zu einer Anzeige wegen Ladendiebstahls geführt.
»Ansonsten
kann ich dir über die Veitsch nichts Anrüchiges berichten. Sie hat im Vorjahr in
Zürich einen Regisseur geohrfeigt. Soweit ich mich an die lausige Inszenierung der Così fan tutte erinnern kann, war das zurecht. Dann Sarastro. Ferdinand Hebenbronn.
Ganz anderes Kaliber. Aber der tanzt ja auch schon einige Jahre länger über die
Bühnen der Welt als die junge Carlotta. Ein Verführer, wie er im Buche steht. Nicht
immer offenbar zum ungetrübten Gefallen der Damen. Es soll einmal in London eine
Anzeige wegen sexueller Nötigung gegeben haben.
Doch seit
dem ähnlichen Vorwurf gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange wissen wir, dass
solche Anklagen auch dubioser Natur sein können. Jedenfalls kam bei Hebenbronn nichts
dabei raus, sagt mein Informant, der einen Kollegen des Sängers aus der Londoner
Zeit kennt. Ein weiteres Gerücht gebe ich unkommentiert an dich weiter: In den letzten
Jahren sollen die Gespielinnen des guten Ferdinand immer jünger geworden sein. Und
dann ist da noch ein Gerücht im Umlauf: Hebenbronn soll sich nach einer neuen Betätigung
umsehen, wie man hört in den USA. Wenn du mich fragst, ist da etwas dran. Ich tippe
auf die Leitung der Oper in San Francisco.«
Die USA-Pläne
konnte Merana bestätigen. Ähnliches hatte er ja auch schon vom Intendanten der Salzburger
Festspiele gehört.
»Kommen
wir zu Mogens Sigurdson, Wunschkandidat aller Schwiegermütter und Traumschifffans.
Der hat eine derart saubere Weste, dass es schon wieder verdächtig ist. Aber ich
kann dir nichts weitergeben, was du nicht auch im Internet findest. Vielleicht ist
eines nicht ganz uninteressant. Seine 17-jährige Schwester Laura ist ebenfalls in
Salzburg, als junge Solistin der Todorova-Stiftung.«
Somit stand
der Tenor doch in einer Verbindung zur getöteten Sängerin und deren Einrichtung.
Merana machte sich schnell eine
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