Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
freun,
Wir leben
durch die Lieb’ allein.
Alois Kendelbacher hatte seine Ledertracht
heute im Kasten hängen lassen. Er trug eine dunkle Hose und darüber ein weit geschnittenes
leinenes Hemd, eine »rupfate Pfoad« wie der Volksmund sagt. Er freute sich, dass
ihn Max Glocker zu diesem kleinen Fest mitgebracht hatte. Er war zwar schon einmal
im Großen Saal des Mozarteums bei einem Chorkonzert gewesen. Aber er hatte keine
Ahnung gehabt, dass man direkt aus dem großen Pausenraum des Mozarteums durch eine
Glasflügeltüre dieses versteckte Kleinod erreichen konnte, den Bastionsgarten mit
dem kleinen hölzernen Zauberflötenhäuschen unter den Bäumen. Max hatte ihm erzählt,
dass dieser Holzpavillon ursprünglich aus Wien stammte, aus einem Garten neben dem
ehemaligen Freihaustheater. In diesem Schauspielhaus hatte die Uraufführung der
Zauberflöte stattgefunden. Um das kleine Häuschen rankten sich einige Legenden.
Der gute Wolfgang Amadeus Mozart solle dort Teile der Zauberflöte komponiert oder
zumindest mit den Schauspielern und Sängern geprobt haben. Egal, ob das stimmte
oder nicht, der Ischler-Lois konnte sich gut vorstellen, dass es so gewesen war.
Und er konnte sich auch keinen besseren Ort denken, als die kleine Terrasse vor
dem malerischen Häuschen unter den sich tief verneigenden Bäumen, um mitzuerleben,
wie ein Waldmensch und eine Königstochter von der magischen Kraft der Liebe sangen.
Die Lieb’
versüßet jede Plage,
Ihr opfert
jede Kreatur.
Sie würzet
unsre Lebenstage,
Sie wirkt
im Kreise der Natur.
Alois Kendelbacher schaute auf die
vielen Besucher, die aufmerksam der Darbietung lauschten. Die Internationale Stiftung
Mozarteum hatte zu diesem Empfang geladen.
Sie organisierte
nicht nur den Konzertbetrieb im Mozarteum, ihr gehörte auch das Zauberflötenhäuschen.
Kendelbacher erblickte einige Leute, die er zumindest vom Sehen her kannte. Da war
der Intendant der Salzburger Festspiele, daneben Ferdindand Hebenbronn, den er am
Samstag als Sarastro bewundert hatte. Er würde hernach auch noch einen kleinen Auftritt
haben, genauso wie Mogens Sigurdson, der Festspiel-Tamino. Neben dem Sarastrodarsteller
erkannte er einen Mann, den er in einer der TV-Nachrichtensendungen gesehen hatte.
Wenn er sich recht erinnerte, war das der Salzburger Polizeipräsident.
Nichts Edlers
sei als Weib und Mann.
Die beiden Sänger waren fast ans
Ende ihre Duetts gelangt. Sie blickten einander entzückt in die Augen. Dann drehten
sie ihre Köpfe zu den Besuchern und richteten die letzte Liedzeile ans Publikum.
Mann und
Weib und Weib und Mann
Reichen
an die Gottheit an.
Der junge Mann am Cembalo setzte
die Hände elegant zum Schlussakkord auf die Tasten. Dann stand er auf und verbeugte
sich gemeinsam mit den Sängern. Die Leute im Garten klatschten begeistert. Bravorufe
erschallten. Carlotta Veitsch ließ sich von ihrem Sängerkollegen und vom jungen
Mann im Mozartkostüm die Hand küssen. Schließlich hakte sie sich bei ihren beiden
Kavalieren ein und schritt graziös die Treppe herunter. Ein Mann bestieg daraufhin
die kleine Empore vor dem Zauberflötenhäuschen und hielt eine kurze Rede. Das war
der Präsident der Internationalen Stiftung Mozarteum. Gleich darauf hatte Ferdinand
Hebenbronn seinen Auftritt. Er sang allerdings kein Lied aus der Zauberflöte sondern
erfreute die Gäste mit Leporellos Register-Arie aus dem Don Giovanni . Dann
war der schwedische Tenor an der Reihe. Allein seine groß gewachsene Erscheinung
mit blondem Haar und blauen Augen ließ die Blicke vieler Frauen im weiten Rund des
Gartens glänzend werden. Und als seine klare Stimme auch noch zur Bildnis-Arie aus der Zauberflöte ansetzte, merkte man mancher Dame die hochkommende innere Wallung
an. Der Applaus nach dem Ende der Arie war frenetisch, im kreischenden Jubel waren
fast nur Frauenstimmen auszunehmen. Die Männer hielten sich nobel zurück. Kurz darauf
wurde das Buffet eröffnet. Alois Kendelbacher holte sich zwei Scheiben Roastbeef
und das übliche Lachsröllchen. Maximilian Glocker war mit Autogrammeschreiben beschäftigt.
Kendelbacher sah den Polizeipräsidenten, der intensiv auf den armen Hebenbronn einredete,
ihn dabei auch immer wieder zum Prosten animierte. Der Sänger legte eine mäßige
Begeisterung an den Tag und quittierte die Worttiraden seines Gegenübers mit einem
säuerlichen Lächeln. Alois Kendelbacher machte sich erneut auf dem Weg, um Nachschub
für seinen leeren Teller zu holen.
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