Zauberhaft Gekuesst
mal mache, wird er mich wieder ein Jahrhundert lang ignorieren.“ Kaum einer wusste es, doch Orgim hatte nach dem Tod ihres Vaters eine wichtige Rolle in ihrem Leben eingenommen. Er hatte sich um sie gekümmert, ihr vor der Arbeit etwas von seinen übel schmeckenden Eintöpfen mitgebracht und ihr unbehaglich die Schulter getätschelt, als sie in Tränen ausgebrochen war. Das würde sie ihm nie vergessen. An diesem Abend machte sie sich besonders schön, bevor sie mit Nate ausging. Der Besuch bei Orgim hatte sie doch ziemlich aufgerührt. Vorher hatte sie noch Dolores bescheid gegeben, dass sie nichts erreicht hatte. Die Drachin war unnatürlich ruhig geblieben. Tate brauchte etwa doppelt so lange wie sonst, um ihre Haare zu frisieren. Amy schaute einmal kurz bei ihr vorbei, um ihr das Kleid zu zeigen, das sie auf der Steinzeitparty anziehen wollte. Als sie sie jedoch damit aufgezogen hatte, dass sie sich für einen Mann so in Schale warf, komplimentierte Tate ihre Cousine kurzerhand vor die Tür. Auf dem Weg nach unten sah sie ihre Mutter, die abwesend aus dem Fenster schaute. Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt und Nebelfetzen zogen sich am Haus entlang. Als Tate das Gesicht ihrer Mutter sah, zuckte sie unwillkürlich zusammen.
„ Ja, ja, ich weiß. Du musst es nicht auch noch aussprechen,“ sagte Janet, die weiterhin starr nach draußen schaute. Ihr Gesicht war über Nacht gealtert. Nun sah sie wie eine Frau Mitte vierzig aus.
„Was ist passiert?“ Janet zuckte mit den Schultern.
„Der Zauber entzieht uns unsere Kräfte. Ich denke nicht , dass es noch weiter voranschreiten wird.“
„Oh Mom.“
„Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut. Deine Tante durchstöbert gerade alle unsere alten Bücher. Ich werde ihr gleich ein wenig dabei helfen. Dir wünsche ich auf jeden Fall einen schönen Abend.“ Janet gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange, dann ging sie nach oben. Auf dem ganzen Weg zu Nate ging ihr das Gespräch mit ihrer Mutter nicht mehr aus dem Kopf. Sie war sich durchaus bewusst, dass die äußerliche Veränderung nicht für ewig anhalten würde, doch allein die Tatsache, dass es geschehen war, beunruhigte sie. Ihre Mutter verschwieg ihnen irgendetwas. Da war Tate sich sicher. Solch eine Veränderung geschah nicht einfach durch einen Liebeszauber. Da steckte mehr dahinter. Dies war der erste Abend, an dem sie Nate abholen würde. Sein Verleger machte Druck und somit hatte es sich die gesamten letzten Tage eingeschlossen, um zu schreiben. Nur die Abende verbrachte er mit Tate.
Nate räumte noch schnell einige Sachen aus dem Wohnzimmer, für den Fall, dass Tate sich genauer umsehen wollte. Auf dem Tisch lag eine Rose, die er ihr geben wollte, bevor sie losgingen. Aus der Küche steckte er sich noch zwei Pralinen in den Mund, die er von seiner Großtante bekommen hatte. Ihren selbtsgemachten Nougatpralinen hatte er schon als Kind nicht widerstehen können. Nate hatte am Morgen nach dem Anruf seines Agenten wieder zwei Plätze im Magico reserviert. Eathan hatte er geschrieben, dass er einen Ersatzschlüssel unter den Fußabtreter gelegt hatte, für den Fall, dass er eine Unterkunft bräuchte. Sein Flieger sollte in zwei Tagen landen. Als es an der Tür klingelte, schaute er sich schnell noch einmal um. Nur um sicherzugehen, dass alles aufgeräumt war. Als er die Tür öffnete, strahlte Tate ihn mit diesem Lächeln an, dass sein Hirn ganz leer fegte. Als sie sich vorbeugte, um ihm einen Kuss zu geben, atmete er ihren Duft ein.
„Hi “, sagte sie an seinen Lippen.
„Hi. Wir können gleich los, ich hole nur schnell meine Jacke.“ Als Nate in Richtung Schlafzimmer verschwand, sah Tate einen Zettel mit Notizen auf dem Küchentresen liegen. Als er zurückkam, starrte sie noch immer blind auf den Zettel.
„Tate?“ Nun sah sie ihn an, obwohl in ihrem Kopf alles durcheinander schwirrte, fragte sie: „Du fliegst morgen nach Kanada?“
„Ja, mein Agent macht mir Druck. Ich muss die Signierstunde noch nachholen, die ich abgesagt hatte, bevor ich hierher kam. Das Ganze dauert etwa zwei Wochen.“
Langsam legte Tate den Zettel zurück. Mit den Fingerspitzen glä ttete sie ihn geistesabwesend.
„Was passiert danach?“ Als Tate aufschaute, stand Nate dicht vor ihr, den Blick intensiv auf sie gerichtet.
„Ich weiß noch nicht. Erst einmal habe ich alle weiteren Signie rstunden für dieses Jahr abgesagt. Ich denke, ich werde ein wenig Urlaub nehmen. Fällt dir ein Ort ein, an dem man
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