Zauberin von Darshiva
Er führte die Wölfin um das Feuer herum und gestattete ihr, jeden seiner Gefährten zu beschnuppern.
»Wie heißt sie, Garion?« fragte Ce’Nedra, als die Wölfin ihre zierliche Hand beschnüffelte.
»Wölfe brauchen keine Namen.«
»Wir müssen sie doch irgendwie nennen, Garion. Darf ich das Junge halten?«
»Ich glaube, ihr wäre lieber, wenn du das zumindest jetzt noch unterlie-
ßest. Sie muß sich erst an dich gewöhnen.«
»Das ist deine Gefährtin«, stellte die Wölfin fest. »Ich kann deinen Geruch an ihr wittern.«
»Stimmt«, bestätigte Garion.
»Sie ist sehr klein. Ich verstehe jetzt, weshalb sie nicht jagen kann. Ist sie denn schon ganz erwachsen?«
»Ja.«
»Hatte sie bereits ihren ersten Wurf?«
»Ja.«
»Wie viele Junge?«
»Eines.«
»Nur eines?« Die Wölfin rümpfte die Nase. »Ich hatte sechs. Du hättest dir eine größere Gefährtin auswählen sollen. Ich bin sicher, sie war die schwächlichste ihres Wurfes.«
»Was sagt sie?« erkundigte sich Ce’Nedra.
»Das läßt sich nicht übersetzen«, log Garion.
Nachdem die Wölfin sich ein wenig beruhigt hatte, kochte Polgara mehrere verschiedene Kräuter in einem Topf, vermischte sie mit einer Paste aus Seife und Zucker und machte der Wölfin einen Umschlag um die verwundete Pfote. Darüber wickelte sie ein sauberes Linnenstück. »Versuch nicht, es abzuschlecken, kleine Schwester, oder herunterzureißen«, wies sie die Wölfin an. »Es würde nicht gut schmecken, und es muß um die Pfote bleiben, damit sie heilen kann.«
»Man ist dankbar«, versicherte ihr die Wölfin. Sie blickte in die flak-kernden Flammen. »Das ist etwas Angenehmes, nicht wahr?«
»Wir empfinden es jedenfalls so«, antwortete Polgara.
»Ihr Menschen seid sehr geschickt mit euren Vorderpfoten.«
»Sie sind nützlich«, bestätigte Polgara. Sie nahm Garion den schlafenden Welpen aus den Armen und kuschelte ihn an seine Mutter.
»Ich werde jetzt schlafen«, erklärte die Wölfin. Sie legte schützend die Schnauze auf die Seite ihres Jungen und schloß die Augen.
Durnik winkte Garion zu und ging ein Stück zur Seite mit ihm. »Ich glaube, mir ist etwas eingefallen, wie wir sie mitnehmen können, ohne daß die Pferde scheuen. Ich kann eine Art Schlitten für sie machen. Daran binde ich ein Seil, das lange genug ist, den Pferden ihren Geruch fernzuhalten, und decke sie mit ihrem Jungen mit einer alten Pferdedecke zu. Sie mag sie zwar anfangs noch ein bißchen erschrecken, aber sie werden sich an sie gewöhnen.« Dann blickte der Schmied seinen Freund ernst an.
»Warum tust du das, Garion?«
»Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, die zwei einfach dazulassen.
Sie wären beide zweifellos innerhalb einer Woche jämmerlich eingegangen.«
»Du bist ein guter Mann«, sagte Durnik einfach und legte eine Hand auf Garions Schulter. »Du bist so anständig, wie du mutig und tapfer bist.«
»Ich bin Sendarer.« Garion zuckte die Schultern. »Wir sind alle so.«
»Aber du bist nicht wirklich Sendarer, weißt du?«
»Ich wurde jedenfalls als einer aufgezogen, und das ist alles, was zählt, oder nicht?«
Der Schlitten, den Durnik am nächsten Morgen für die Wölfin und ihr Junges zusammenbastelte, hatte breite Kufen und war sehr niedrig, damit er nicht so leicht umkippte. »Es wäre besser mit Rädern«, meinte der Schmied. »Aber ich habe keine zur Hand, und es wäre zu zeitraubend, welche zu machen.«
»Ich werde mich in der nächsten Ortschaft umsehen«, versprach Silk.
»Vielleicht kann ich einen Karren oder so was finden.«
Sie ritten zunächst langsam, bis sie feststellten, daß die Kufen auf der Straße gut glitten, dann schlugen sie den üblichen Kanter ein.
Silk studierte im Reiten die Karte. »Nicht weit von hier liegt eine verhältnismäßig große Stadt«, erklärte er Belgarath. »Ich glaube, es könnte nicht schaden, wenn wir uns über den neusten Stand der Dinge informierten. Was meint Ihr?«
»Warum mußt du dich unbedingt in jeder Stadt umsehen, an der wir vorbeikommen?« fragte Belgarath kopfschüttelnd.
»Ich bin ein Stadtmensch, Belgarath«, antwortete Silk gleichmütig. »Ich werde reizbar, wenn ich nicht hin und wieder Kopfsteinpflaster unter den Füßen habe. Außerdem brauchen wir Vorräte. Garions Wölfin frißt ganz ordentlich. Wie war’s, wenn ihr übrigen einen weiten Bogen um die Stadt macht, und wir euch dann auf der anderen Seite wieder treffen?«
»Wir?« fragte Garion.
»Du kommst doch mit, oder?«
Garion seufzte.
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