Zauberin von Darshiva
diesen Teil können wir übergehen, Nabros«, sagte Polgara mit einem raschen Blick auf Eriond.
»Nun«, fuhr Nabros fort, »alle Grolims behaupten Zauberer zu sein, doch soviel ich hörte, waren die in Darshiva keine sehr geschickten. Naradas gelangen ein paar Zauber, doch die meisten seiner Anhänger konnten sich nur mit Gaukelei durchschwindeln.
Jedenfalls, bald nachdem Naradas seine Position gefestigt hatte, erfuh-ren wir, daß Torak getötet worden war. Naradas und seine Knechte ver-fielen in absolute Verzweiflung, während Zandramas offenbar etwas sehr Merkwürdiges zustieß. Sie verließ wie schlafwandelnd den Tempel von Hemil. Mein Freund vom Handelsministerium, der zu diesem Zeitpunkt in Hemil war, sah sie. Er erzählte, daß ihre Augen glasig waren und eine schier übernatürliche Ekstase ihr Gesicht zeichnete. Als sie den Stadtrand erreichte, zog sie ihre Kleidung aus und rannte nackt in den Wald. Wir nahmen alle an, daß sie völlig dem Wahnsinn verfallen war und daß wir sie nie wiedersehen würden.
Hin und wieder jedoch erzählten Reisende, daß sie sie in der Wildnis, nahe der Grenze von Likandia, gesehen hatten. Vor manchen war sie weggelaufen, andere hielt sie auf und redete in einer Sprache auf sie ein, die niemand verstehen konnte. Sie hörten ihr jedoch zu – vielleicht, weil sie immer noch keine Kleidung gefunden hatte.
Vor ein paar Jahren erschien sie eines Tages am Tor von Hemil. Sie trug ein schwarzes Grolimgewand aus Satin und schien völlig bei Verstand zu sein. Sie betrat den Tempel und suchte Naradas auf. Der Oberpriester hatte sich in seiner Verzweiflung die Zeit mit den gräßlichsten Orgien vertrieben; doch nachdem Zandramas mit ihm gesprochen hatte, änderte er sich wieder. Seither ist er ihr Anhänger. Er tut alles, was Zandramas sagt.
Sie brachte eine Weile im Tempel zu, dann begann sie in Darshiva umherzureisen. Zunächst sprach sie nur mit Grolims dochmit der Zeit auch mit gewöhnlichen Bürgern. Sie erzählte allen das gleiche: daß ein neuer Gott der Angarakaner kommen würde. Nach einiger Zeit erfuhr man davon in Mal Yaska, und Urvon sandte einige sehr mächtige Grolims nach Darshiva, um ihr Einhalt zu gebieten. Ich weiß nicht, was in der Wildnis mit ihr geschah, aber offenbar gewann sie dort ungeheure Macht. Als Urvons Grolims sie aufhalten wollten, vernichtete sie sie einfach.«
»Vernichtete sie?« rief Belgarath erstaunt.
»Ein passenderes Wort wüßte ich nicht. Einige ließ sie vom Feuer ver-zehren; andere zerriß sie in Stücke mit Blitzen, die sie aus wolkenlosem Himmel herabbeschwor. Einmal ließ sie fünf von der Erde verschlingen, die sich auf ihren Befehl öffnete und wieder schloß. Urvon nahm sie von da ab sehr ernst, glaube ich. Er schickte immer mehr Grolims nach Darshiva, doch sie vernichtete sie alle. Den darshivischen Grolims, die sich ihr anschlossen, gab sie echte Kräfte, so daß sie sich nicht mehr mit Gaukelei behelfen mußten.«
»Was wurde aus jenen, die es nicht taten?« fragte Polgara.
»Keiner überlebte. Ein paar versuchten sie zu täuschen – sie taten, als ob sie an ihre Botschaft glaubten, aber sie konnte sie wohl durchschauen und machte ihnen ein Ende. Aber das können nicht viele gewesen sein, denn sie sprach wie mit Götterzungen, und niemand konnte sich ihrer Botschaft verschließen. Alsbald lag ihr ganz Darshiva – Grolims und Bürger glei-chermaßen – zu Füßen.
Danach zog sie predigend nordwärts nach Rengel und Voresbo und be-kehrte ganze Volksmassen. Der Oberpriester Naradas folgte ihr wie ein Hündchen. Auch er war ungemein beredt und scheint fast ebensoviel Macht wie sie zu besitzen. Aus irgendeinem Grund überquerte sie jedoch nie den Magan nach Peldane – bis vor kurzem.«
»Also, sie hat Rengel und Voresbo bekehrt. Was dann.«
»Das weiß ich nicht.« Nabros zuckte die Schulter. »Vor etwa drei Jahren verschwand sie und Naradas ebenfalls. Ich glaube, sie reisten irgendwohin in den Westen, aber sicher kann ich das nicht sagen. Das letzte, was sie den Massen verkündete, ehe sie abreiste, war jedenfalls, daß sie die Braut dieses neuen Gottes werden würde, von dem sie predigte. Dann, vor einem Monat, drangen ihre Truppen über den Magan in Peldane ein. Mehr weiß ich wirklich nicht.«
»Danke, Nabros«, sagte Polgara. »Versucht doch, ob Ihr nicht ein wenig schlafen könnt. Ich hebe das Frühstück für Euch auf.«
Er seufzte, und seine Augen fielen wieder zu. »Vielen Dank, Lady«, murmelte er müde, und einen
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