Zauberin von Darshiva
einer Reihe obskurer Gesten.
»Er sagt, das ist kein Problem – solange Cyradis noch in Kell ist«, übersetzte Durnik. »Sie wird die anderen Seher anweisen, uns durchzulassen.«
»Dann ist sie also dort?« fragte Belgarath.
Toth gestikulierte länger.
Durnik runzelte die Stirn. »Das ist etwas kompliziert, Belgarath. Soweit ich es verstehen kann, ist sie dort und gleichzeitig doch nicht – offenbar so ähnlich wie damals, als wir Zandramas sahen. Aber ebenso ist sie auch noch an verschiedenen anderen Orten, ohne wirklich dort zu sein – und in mehreren verschiedenen Zeiten.«
»Ein netter Trick«, stellte Beldin fest. »Hat er dir gesagt, wo diese anderen Orte und Zeiten sind?«
»Nein. Und ich glaube, das möchte er auch nicht.«
»Dann sollten wir es respektieren«, meinte Belgarath.
»Aber es stillt die Neugier nicht«, brummte Beldin. Er zupfte ein paar kleine Zweige aus seinem Bart, dann deutete er zum Himmel. »Ich werde mal aufsteigen. Es kann nicht schaden, wenn wir wissen, wie weit diese Nebeldecke reicht und was uns dahinter erwartet.« Er bückte sich, breitete die Arme aus, schimmerte und flog davon.
Durnik ging voraus in das dachlose Haus und machte Feuer im Herd, während Silk und Sadi sich in dem zerstörten Städtchen umsahen. Schon nach kurzer Zeit kehrten sie mit einem sehr dünnen Melcener in braunem Bürokratengewand zurück. »Er hatte sich in einem Keller verkrochen«, berichtete Silk.
Der Bürokrat zitterte am ganzen Leib und stierte vor sich hin.
»Wie heißt Ihr?« fragte ihn Belgarath.
Der Melcener starrte den alten Mann an, als verstünde er ihn nicht.
»Ich glaube, er hat Schlimmes durchgemacht«, meinte Silk. »Wir haben noch kein Wort aus ihm herausgebracht.«
Belgarath wandte sich an Sadi. »Kannst du ihm etwas zur Beruhigung seiner Nerven geben?«
»Das wollte ich ebenfalls gerade vorschlagen, Ehrwürdiger.« Sadi trat an sein rotes Lederkästchen und holte eine winzige Flasche mit bernsteinfar-benem Inhalt heraus. Er füllte einen Zinnbecher am Tisch mit Wasser, träufelte vorsichtig ein paar Tropfen der Flüssigkeit hinein und rührte sie um. »Trinkt das.« Er streckte dem zitternden Melcener den Becher entgegen.
Dankbar griff der Mann danach und leerte ihn mit ein paar schlürfenden Schlucken.
»Wartet noch ein wenig, bis die Wirkung einsetzt«, sagte Sadi leise zu Belgarath.
Sie beobachteten den verstörten Melcener, bis das Zittern nachließ.
»Fühlt Ihr Euch jetzt ein wenig besser, Freund?« erkundigte sich Sadi.
»J-ja«, stammelte der dünne Mann. Er holte zittrig Luft. »Danke. Habt Ihr vielleicht etwas zu essen? Ich bin völlig ausgehungert.«
Polgara gab ihm Brot und Käse. »Das dürfte bis zum Frühstück reichen.«
»Vielen Dank, Lady.« Hungrig schlang er es hinunter.
»Ihr seht aus, als hättet Ihr in letzter Zeit einiges erlebt«, meinte Silk.
»Und nur Schreckliches«, antwortete der Bürokrat.
»Wie, sagtet Ihr, ist Euer Name?«
»Nabros. Ich bin von der Straßenverwaltung.«
»Wie lange seid Ihr schon in Peldane?«
»Eine Ewigkeit, wie mir scheint, aber es sind wohl nur etwa zwanzig Jahre.«
»Was geht hier vor?« Der Rattengesichtige deutete auf die zerstörten Häuser.
»Das absolute Chaos«, erwiderte Nabros. »Seit Jahren gibt es hier bereits Unruhen, und vergangenen Monat hat Zandramas Peldane annektiert.«
»Wie hat sie das gemacht? Ich hörte, daß sie sich irgendwo im westlichen Teil des Kontinents aufhält.«
»Das hörte ich ebenfalls. Vielleicht hat sie lediglich ihre Generale beauftragt. Man hat sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen.«
»Ihr seid offenbar gut informiert, Nabros«, sagte Silk, um ihn zu ermuti-gen, mehr zu erzählen.
Nabros zuckte die Schultern. »Das gehört dazu, wenn man Bürokrat ist.« Er lächelte schwach. »Manchmal glaube ich fast, daß wir mehr Zeit mit Tratschen verbringen als mit Arbeiten.«
»Habt Ihr in letzter Zeit etwas über Zandramas gehört?« erkundigte sich Belgarath.
Der Mann rieb sich das bartstoppelige Gesicht. »Kurz, ehe ich aus dem Amt in Selda floh, besuchte mich ein Freund aus dem Handelsministerium. Er sagte, daß in Hemil – das ist die Hauptstadt von Darshiva, wißt Ihr? – eine Krönung stattfinden wird. Und zwar soll dort ein Erzherzog aus Melcena zum Kaiser von Mallorea gekrönt werden.«
»Aber Mallorea hat doch schon einen Kaiser!« warf Sammet ein.
»Das ist es ja! Mein Freund vom Handelsministerium ist ein ziemlich schlauer Bursche. Nachdem er mir
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