Zauberin von Darshiva
meldet sich allerdings nicht immer, wenn ich ihn rufe.«
»Sieh auf jeden Fall mal zu, ob du ihn erreichen kannst. Sag ihm, daß es wichtig ist.«
»Ich tue mein Möglichstes, Großvater.« Garion setzte sich und schloß die Augen. Bist du da? fragte er.
Brüll nicht, Garion! rügte die Stimme gequält. Das tut mir weh!
Verzeih, entschuldigte sich Garion. Es war mir nicht bewußt, daß ich so laut war. Großvater würde gern mit dir sprechen.
In Ordnung. Aber mach die Augen auf, Garion. Ich kann nicht sehen, wenn du sie zukneifst.
Wie jedesmal in solchen Fällen spürte Garion, wie er in einen Winkel seines Geistes gedrängt wurde, und die trockene Stimme übernahm. »Al-so, was gibt es, Belgarath?« fragte sie aus Garions Lippen. »Was ist es diesmal?«
»Ich habe zwei Fragen«, antwortete der alte Mann.
»Das ist nichts Neues. Du willst mich immer was fragen.«
»Hast du gehört, was der Grolim sagte?«
»Natürlich.«
»Warst du es? Ich meine, warst du die Stimme, die zu ihm gesprochen hat?«
»Nein.«
»Dann war es der andere Geist?«
»Nein, auch nicht.«
»Wer war es dann?«
»Manchmal kann ich nicht verstehen, daß Aldur dich zu seinem ersten Jünger erwählte. Wo ist dein Verstand?«
»Du brauchst nicht ausfallend zu werden«, entgegnete Belgarath ge-kränkt, während Beldin spöttisch lachte.
»Also gut.« Die Stimme seufzte. »Ich werde es verständlich erklären.
Paß auf, daß du alles mitkriegst. Mein Gegenspieler und ich entstanden, als die Bestimmung geteilt wurde. Soweit alles klar?«
»Das wußte ich bereits.«
»Und du hast dich sogar daran erinnern können? Erstaunlich.«
»Danke«, sagte Belgarath grollend.
»Ich benutze Garions Wortschatz. Er ist ein Bauer und deshalb manchmal etwas ungehobelt. Nun, findest du es nicht auch logisch, daß es nach der Wiedervereinigung der Bestimmung auch eine neue Stimme geben sollte? Mein Gegenspieler und ich haben unseren Zweck erfüllt, also werden wir nicht mehr länger gebraucht. Millionen Jahre der Feindschaft zwischen uns haben unsere Wahrnehmung ein wenig verfälscht.«
Belgarath blinzelte erschrocken.
»Überleg doch, alter Mann«, sagte die Stimme. »Ich bin ungeeignet für ein wieder vereintes Universum. In mir steckt zuviel alter Groll. Die neue Stimme kann neu anfangen, ohne irgendwelche Vorurteile. So ist es besser, glaub mir.«
»Du wirst mir fehlen!«
»Werde meinetwegen nicht sentimental, Belgarath. Ich glaube, das könnte ich nicht ertragen.«
»Einen Moment! Diese neue Stimme wird nach der Begegnung entstehen, richtig?«
»Genauer gesagt, im Augenblick der Begegnung.«
»Wie konnte sie da zu dem alten Grolim sprechen, wenn es sie noch gar nicht gibt?«
»Die Zeit ist von keiner so großen Bedeutung für uns, Belgarath. Wir können uns in ihr ohne größere Schwierigkeiten vorwärts und rückwärts bewegen.«
»Willst du damit sagen, daß die Stimme aus der Zukunft zu ihm sprach?«
»Du hast es erfaßt.« Garion spürte, wie sich seine Lippen zu einem leicht ironischen Lächeln verzogen. »Wie willst du wissen, daß ich nicht aus der Vergangenheit spreche.«
Belgarath blinzelte.
»Ah, jetzt haben wir dich!« rief Beldin triumphierend. »Wir werden gewinnen, nicht wahr?«
»Wir können es nur hoffen. Garantie gibt es dafür keine.«
»Die Stimme, die zu dem Grolim sprach, steht für einen gütigeren Gott, nicht wahr?«
»Ja.«
»Wenn das Kind der Finsternis siegt, wird der neue Gott nicht sehr gütig sein, oder?«
»Nein.«
»Dann besagt die einfache Tatsache, daß die Stimme aus der Zukunft zu ihm kam – nach der Wahl – , daß das Kind des Lichtes gewinnen wird, nicht wahr?«
Die Stimme seufzte. »Warum mußt du die Dinge immer so komplizieren, Beldin. Die Stimme, die zu dem Grolim sprach, ist die Möglichkeit des neuen Geistes. Sie greift lediglich in der Zeit zurück, um gewisse Vorbereitungen zu treffen, damit alles für die Eventualität bereit ist, daß sie gewinnt. Die Wahl wurde noch nicht getroffen, verstehst du?«
»Selbst die Möglichkeit des Seins hat eine solche Kraft?«
»Die Möglichkeit hat ungeheure Macht, Beldin – manchmal mehr als die Wirklichkeit.«
»Und die Möglichkeit des anderen Geistes könnte ebenfalls seine Vorbereitungen treffen, nicht wahr?«
»Es würde mich jedenfalls nicht verwundern. Du bist sehr geschickt darin, das Offensichtliche zu erfassen.«
»Dann sind wir also wieder da, wo wir angefangen haben. Wir werden weiterhin zwei Geister haben, die über Zeit und
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