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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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die Magierin mit einer Handbewegung einlädt, ihr gegenüber Platz zu nehmen. Also lassen wir uns auf jeweils einem der Sitzkissen nieder. Ich bin jetzt so aufgeregt, dass ich kaum atmen kann, während Loretta einen Laut von sich gibt, der verdächtig nach »Pfff« klingt. Verstohlen stupse ich ihr meinen Ellenbogen in die Seite und werfe ihr einen warnenden Blick zu. Dann richte ich meine Aufmerksamkeit auf Thekla, die mich gütig anlächelt:
    »Welcher Art ist Ihr Problem, mein Kind«, fragt sie, faltet die Hände in ihrem Schoß und sieht mich konzentriert an.
    »Sagen Sie es ihr doch«, wirft Loretta ein.
    »Halt die Klappe«, flüstere ich wütend, doch Madame Thekla lässt sich nicht beirren.
    »Ich bin Magierin, meine Liebe, und keine Wahrsagerin. Das ist ein großer Unterschied. Alle Frauen in meiner Familie waren mächtige Zauberinnen. Dies«, ihr Zeigefinger schnellt nach oben und weist auf ein Gemälde mit dem hässlichsten Goldrahmen, den ich je gesehen habe, »ist meine Urururgroßmutter Amanda, die im Jahre 1856 nur knapp der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen entgangen ist.« Neugierig betrachte ich die rothaarige, junge Frau auf dem Bild, die mich, in ein schlichtes, weißes Kleid gehüllt, aus grauen Augen melancholisch anzusehen scheint. »Das Buch der Schatten«, wieder folgt mein Blick dem herumfuchtelnden Zeigefinger, »wird von Generation zu Generation weitergegeben. Wir verteidigen es mit unserem Leben.« Ehrfürchtig betrachte ich das riesige, in dunkelbraunes, rissiges Leder gebundene Buch mit den Seiten aus dünnem Pergament. Um Lorettas Mundwinkel zuckt es verdächtig, aber sie sagt nichts, sodass ich Madame Thekla nun endlich mein Problem vortragen kann. Konzentriert lauscht sie meinen Ausführungen.
    »Zwei Frauen, ein Mann. Ein Problem, so alt wie die Menschheit selbst«, fasst sie zusammen, nachdem ich geendet habe. »Nun, da lässt sich schon etwas machen, denke ich, allerdings muss ich Sie warnen. Wenn dieser Mann Sie nicht wirklich liebt, dann kann ich nichts für Sie tun. Die Liebe steht über allem, selbst noch über der großen Kunst der Magie. Es ist unmöglich, jemanden in sich verliebt zu machen, wenn diese Gefühle nicht in ihm angelegt sind.«
    »Aber nein, er liebt mich doch«, beteuere ich ernsthaft. »Sind Sie sicher?« Ich nicke eifrig und sie greift zu mir herüber, fasst meine Hand und tätschelt sie beruhigend. »Dann kann ich ihm den Weg zu Ihnen ebnen. Er wird zu Ihnen kommen«, versichert sie und ich lächele zaghaft. Schwerfällig erhebt Thekla sich und wackelt in Richtung ihres Altars davon, während Loretta und ich einen Blick tauschen. Meiner voller Hoffnung, ihrer voller Skepsis. Natürlich.
    »Noch können wir gehen«, raunt sie mir zu, während Madame Thekla im Buch der Schatten blättert und leise vor sich hinmurmelt.
    »Ich will aber nicht gehen«, beharre ich und sehe sie bittend an, »schaden kann es doch nichts.«
    »Nein, das wohl nicht«, gibt sie zu, »ich halte es trotzdem für ausgemachten Blödsinn. Aber bitte, es ist ja schließlich dein Geld. Ach ja, was kostet der Spaß eigentlich«, wendet sie sich mit erhobener Stimme an Thekla, ehe ich es verhindern kann.
    »Hundertfünfzig Euro für das komplette Ritual«, kommt es wie aus der Pistole geschossen zurück, woraufhin Loretta hörbar nach Luft schnappt.
    »Hast du das gehört«, wispert sie, »nichts wie raus hier.« Hundertfünfzig Euro. Während ich mein Portemonnaie aus der Handtasche hervorkrame und die Scheine darin zähle, denke ich, dass das zwar eine Menge Geld ist, aber doch eigentlich nichts im Vergleich zu dem, was ich dafür bekomme. Gregor. Für mich ganz allein. Jetzt mal vorausgesetzt, dass es funktioniert. Was ja doch immerhin möglich wäre. Oder etwa nicht? Mit Sicherheit gibt es Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen wir uns nichts träumen lassen würden. Davon bin ich heimlich schon immer überzeugt gewesen. Ungläubig beobachtet Loretta mich beim Geldzählen, aber ich habe meine Entscheidung getroffen. Es wäre mir zweitausend Euro wert gewesen, Herrn Lange als blödes Arschloch zu bezeichnen. Da ist mir die geringste Chance, Gregor endlich für mich zu haben, ganz sicher hundertfünfzig Euro wert. Entschlossen blättere ich die Geldscheine auf den Tisch.
    »Träumerin«, wispert Loretta.
    »Juristin«, kontere ich böse und dann sitzen wir schweigend nebeneinander, bis Thekla sich uns wieder zuwendet. Zunächst wuchtet sie das Buch der Schatten auf den Tisch vor uns und

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