Zauberkusse
dass ich hierbleibe?«
»Hier?«, wiederhole ich ungläubig. »In meiner Wohnung?«
»Ja.« Da liegt er auf seine Unterarme gestützt und wundert sich, dass ich nicht in Jubelgeschrei ausbreche.
»Nein, das möchte ich nicht«, sage ich ganz ruhig und er sieht jetzt richtig verletzt aus.
»Aber wieso denn nicht?«
»Wieso?«, frage ich empört. »Tja, lass mich mal nachdenken: Wir haben uns vor Wochen das letzte Mal gesehen, du hast mich angelogen, was deine Frau angeht, du hattest eine weitere Affäre mit einer Frau namens Melanie, du hast mir mein Herz herausgerissen und es in tausend Stücke zerfetzt. Und jetzt tauchst du hier auf, sagst, alles ist gut und willst direkt bei mir einziehen?« Er schaut mich von unten herauf mit einem herzzerreißenden Augenaufschlag an, dann rappelt er sich auf, umschlingt meinen Bauch mit beiden Armen und nickt so eifrig, dass die wirren Locken um seinen Kopf nur so fliegen. Gegen meinen Willen muss ich lachen. Als er jedoch einstimmt, werde ich sofort wieder ernst und befreie mich aus seiner Umarmung. »Im Ernst, Gregor. Das geht mir alles zu schnell. Lass es uns langsam angehen, okay?«
»Langsam?« Mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck lässt er sich zurück in die Kissen fallen, verschränkt die Hände hinter dem Kopf und schiebt schmollend die Unterlippe vor. »Aber wir haben uns seit Wochen nicht gesehen.«
»Das ist nicht meine Schuld«, herrsche ich ihn an.
»Ist ja gut. Deshalb brauchst du mich nicht so anzuschreien«, antwortet er jetzt ebenfalls sauer und angelt hinter dem Bett nach seinen Boxershorts. Betreten sehe ich ihm dabei zu, wie er sich wieder anzieht.
»Ich wollte dich nicht anschreien«, sage ich, als er fix und fertig angezogen vor mir steht. »Aber du kannst hier nicht einfach auftauchen und bei mir wohnen wollen.«
»Schon gut, ich habe es ja kapiert«, gibt er noch immer verstimmt zurück.
»Jetzt sei doch nicht so«, schmeichele ich und schmiege meinen noch immer nackten Körper an ihn. »Ich brauche einfach etwas Zeit, das ist alles. Du hast mich sehr verletzt.«
»Das weiß ich. Es tut mir leid«, flüstert er, nun endlich auch weich geworden, in mein Ohr. »Dann werde ich erstmal gucken, ob ich bei nem Kumpel unterkommen kann«, beschließt er und ich nicke zustimmend.
Nachdem Gregor weg ist, fahre ich in die Schanze und markiere sämtliche Sessel, die ich für mein Café behalten möchte, mit einem großen Kreidekreuz. Heute Nachmittag wird nämlich der ganze restliche Krempel abgeholt und auch der Monstertresen herausgerissen. Nach ewigem Hin und Her mit dem Bauamt habe ich endlich meine Konzession erhalten, sodass die Renovierungsarbeiten losgehen können.
Freudestrahlend blicke ich mich in meinem zukünftigen Laden um. Natürlich liegt noch ein Haufen Arbeit vor mir, aber das wird schon. Es wird einfach großartig werden! Ich fühle mich so beschwingt wie schon lange nicht mehr, und das, wo ich noch vor wenigen Wochen gedacht habe, mein Leben sei zu Ende. So schnell kann sich das Blatt wenden. Jetzt habe ich bald mein eigenes Café und Gregor noch dazu. Dennoch beschleicht mich nach wie vor ein ungutes Gefühl, wenn ich an ihn denke. Ja, es war schön mit ihm heute, wunderschön, aber doch nicht das Gleiche wie früher. Wahrscheinlich der pure Selbstschutz. Ist doch logisch.
Mittags treffe ich mich mit Loretta zum Essen bei unserem Lieblingsitaliener. Sie sitzt schon an unserem Stammplatz in der Ecke und flirtet mit Paolo, als ich beschwingt hereinkomme.
»Hallo, Loretta, hey, Paolo«, grüße ich und drücke meiner Freundin einen Kuss auf die Wange.
»Hallo, Signorina, und was ist mit mir?«, fragt Paolo mit schwerem italienischen Akzent, funkelt mich mit seinen schwarzen Augen an und hält mir die mit einem dunklen Bartschatten überzogene Wange hin.
»Na, ich will mal nicht so sein«, sage ich leichthin und gebe ihm auch einen Schmatzer, woraufhin er sich ans Herz fasst und die Augen schwärmerisch gen Himmel rollt.
»Wie immer, Signorinas«, erkundigt er sich dann und wir nicken, während ich mich Loretta gegenüber auf die hölzerne Bank setze.
»Du siehst ja so glücklich aus«, stellt sie fest und ich nicke erneut.
»Ich war gerade eben wieder im Laden. Es wird so toll«, strahle ich und sie lächelt.
»Ich bin so froh, dass du über den Berg bist. Es war wirklich furchtbar, was dieser Kerl aus dir gemacht hat«, meint sie. Ich nicke unbehaglich und bin froh, dass Paolo in diesem Moment
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