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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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zuzugeben, ist meine Freundin Loretta.«
    »Wirklich?«, fragt Melanie und sie sieht dabei so jämmerlich aus, dass ich plötzlich eine Mordswut auf Gregor bekomme.
    »Wirklich«, bestätige ich und fühle mich genauso elend wie mein Gegenüber aussieht, »er wird sie nicht verlassen. Niemals.«

11.
    Liebe geht durch die Nase
    »Ich habe sie verlassen.« Mit zerstrubbelten Haaren und brennenden Augen stehe ich barfuss in meinem Flur und starre ungläubig auf mein Gegenüber, das soeben diese Worte gesprochen hat. Mit glühenden Wangen steht Gregor, mal wieder in seiner unvermeidlichen grünen Kapuzenjacke und mit einer prall gefüllten, schwarzen Sporttasche in der Hand, vor meiner Wohnungstür. Ich reibe mir noch verwirrt den Schlaf aus den Augen, als er plötzlich die Tasche fallen lässt und mich umarmt wie ein Ertrinkender den Rettungsring.
    »He, warte mal«, wehre ich mich und stemme ihm die Arme gegen seine Brust. Auch wenn ich soeben von ihm aus dem Tiefschlaf gerissen wurde, so weiß ich doch noch, was vorgestern geschehen ist. »Was soll denn das?«, frage ich ernsthaft ungehalten, als er seinen Klammergriff nicht lockert.
    »Ich hab sie verlassen, Luzie«, flüstert Gregor und vergräbt seinen Kopf an meinem Hals. Stocksteif stehe ich da, während seine Worte in meinem Ohr nachhallen. Verlassen? Das kann doch nicht sein. So ein Quatsch! Er lügt! Männer verlassen ihre Ehefrauen nicht für die Geliebte. »Ich liebe nur dich allein, das weiß ich jetzt«, wispert Gregor weiter und ich schüttele langsam den Kopf, versuche immer noch, mich aus seiner Umklammerung zu lösen. »Ich habe es vorgestern gemerkt. Als ihr alle drei vor mir standet.« Eine Welle des Unwohlseins schwemmt über mich hinweg, als er mich an diese Situation erinnert. Seine Frau, seine derzeitige und seine verflossene Geliebte, und er in der Mitte als Hahn im Korb. »Ich liebe nur dich«, wiederholt er und drückt mich noch fester an sich. In meinem Kopf beginnt sich schon alles zu drehen.
    »Ich kriege keine Luft«, keuche ich und er lässt mich los.
    »Entschuldige«, sagt er, schaut mir kurz in die Augen und umarmt mich dann mit einem Seufzer erneut. Vorsichtiger diesmal, das muss ich ihm lassen. »Ich habe dich nur so vermisst.« Hilflos stehe ich halbnackt in meinem Flur und hole tief Luft. Das hätte ich besser nicht getan, denn dabei steigt mir Gregors Duft in die Nase: Egoiste von Chanel in Kombination mit Minze, Vanille und Waschpulver. Dazu nur ein Hauch seines frischen Schweißes. Augenblicklich werden meine Knie weich. Gerade letztens habe ich irgendwo gelesen, dass unser Geruchssinn im Alltag stark unterschätzt wird. Wir halten ihn für bedeutungslos, dabei können wir intuitiv über zehntausend verschiedene Duftstoffe unterscheiden und uns angeblich auch viel besser daran erinnern als an Bilder oder Geräusche. Unbewusst beschwören Gerüche Emotionen herauf, ob wir wollen oder nicht. Das kann ich hiermit bestätigen. Als sein Geruch mich in der Nase kitzelt, überschwemmt mich eine Welle von Gefühlen, die ich eigentlich nie wieder haben wollte, jedenfalls nicht für Gregor. Mein Körper schüttet unvermittelt eine ganze Flut an Glückshormonen aus, mein Herz beginnt plötzlich heftiger zu schlagen und ich schmiege mich an ihn. Natürlich nimmt dieser die Veränderung sofort wahr, die in mir vorgeht. Er hebt den Kopf und schaut mich zärtlich an. Ich bemühe mich, einen verschlossenen Gesichtsausdruck zur Schau zu tragen, aber es will mir nicht gelingen. Eine Stimme in meinem Inneren, die sich verdächtig nach meiner Freundin Loretta anhört, schreit empört auf. Bist du wahnsinnig, ruft sie mir zu, während ich in Gregors braunen Augen mit den dunkelgrünen Sprenkeln zu versinken beginne. Dieser Mann hat dich belogen! Immer und immer wieder! Woher weißt du denn, dass er dich jetzt nicht auch belügt? Nein, das weiß ich nicht. Natürlich nicht. Und ich hasse ihn ja auch sehr für all das, was er mir angetan hat. Zumindest weiß ich rein theoretisch, dass ich ihn dafür hassen müsste. Dass ich ihn mit einem Tritt sowohl aus meiner Wohnung wie auch endgültig aus meinem Leben entfernen sollte. Mein Blick wandert von seinen Augen hinunter zu seinen geschwungenen Lippen, die ganz leicht geöffnet sind und nach Kaffee und Schokolade riechen. Sein Kopf neigt sich ein wenig zur Seite, kaum merklich, genau wie meiner, damit unsere Münder einander zum Kuss treffen können. Noch sind sie wenige Zentimeter voneinander entfernt.

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