Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Sklavenschiffe. Wir könnten den Sklavenhändlern die Kehlen durchschneiden. Keine Sklavenschiffe und keine Sklavenhändler dürften unsere Inseln durchqueren.«
Kennit war einen Moment wie vor den Kopf gestoßen. »Aber der fetteste Handel sind im Moment die Sklavenschiffe. Sie sind diejenigen, die am meisten bezahlen würden, um schnell und einfach durchzukommen, solange ihre Fracht noch am Leben und gesund ist. Wieviel Prozent ihrer Ware verlieren sie durch…«
»Männer«, unterbrach Sorcor seinen Kapitän. »Frauen und Kinder. Keine Ware. Wärt Ihr jemals an Bord eines solchen Schiffes gewesen, und ich meine nicht an Deck, ich meine im Bauch, angekettet an einem Haken, dann würdet Ihr nicht sagen ›Ware‹. Nein. Keine Sklavenschiffe, Kennit. Sklavenhändler machten uns zu dem, was wir sind. Wenn wir das ändern wollen, dann fangen wir damit an, dass wir ihnen das zufügen, was sie uns angetan haben. Wir nehmen ihnen das Leben. Außerdem…
Sie sind nicht nur einfach böse. Sie bringen auch die Seeschlangen hierher. Der Gestank der Sklavenschiffe hat die Seeschlangen überhaupt erst in unsere Kanäle gelockt. Wenn wir die Sklavenschiffe loswerden, dann vielleicht auch gleich die Seeschlangen. Zur Hölle, Kapitän, sie locken die Seeschlangen direkt in unsere Gewässer und Kanäle, indem sie sie mit toten Sklaven füttern. Und außerdem bringen sie auch Seuchen. In diesen Räumen voller armer Teufel gedeihen Krankheiten, von denen wir noch nie etwas gehört oder die wir noch nie gesehen haben. Jedesmal wenn ein Sklavenschiff anlegt, um Wasser aufzunehmen, lassen sie eine Krankheit zurück. Nein. Keine Sklavenschiffe.«
»Einverstanden«, stimmte Kennit milde zu. »Keine Sklavenschiffe.«
Er hätte niemals vermutet, dass Sorcor eine eigene Idee in seinem Kopf hatte, geschweige denn, dass er sie so leidenschaftlich vertreten würde. Eine Fehleinschätzung. Er sah Sorcor mit neuen Augen. Dieses Mannes musste er sich entledigen. Natürlich noch nicht jetzt und vielleicht auch noch nicht so bald. Aber irgendwann in der Zukunft hatte Sorcor seine Nützlichkeit überlebt. Kennit nahm sich vor, das nicht zu vergessen und keine langfristigen Pläne zu machen, die sich auf Sorcors Fähigkeiten stützten. Er lächelte ihn an. »Du hast natürlich recht. Ich bin sicher, dass viele unserer Leute dir zustimmen und wir sie mit einer solchen Idee für uns gewinnen können.«
Er nickte, als denke er darüber nach. »Ja. Also keine Sklavenschiffe. Aber all dies ist natürlich Zukunftsmusik. Wenn wir solche Ideen jetzt aussprechen würden, dürfte uns wohl kaum jemand zuhören. Sie würden sagen, dass unsere Vorschläge unmöglich zu verwirklichen sind. Oder alle würden versuchen, es selbst zu machen, und sich dabei mit allen anderen anlegen. Also müssen wir diese Idee unter uns bewahren, bis alle Piraten auf den Inseln zu uns hochblicken und bereit sind zu glauben, was wir ihnen sagen.«
»Das ist sehr wahrscheinlich«, stimmte Sorcor nach einer Weile angestrengten Nachdenkens zu. »Also. Wie kriegen wir sie dazu, uns zuzuhören?«
Endlich! Das war die Frage, auf die Kennit Sorcor hingelenkt hatte. Kennit trat schnell an den Tisch zurück. Er zwang sich dazu, eine dramatische Pause einzulegen. Er stellte das Glas ab, entkorkte den Wein, füllte Sorcors Glas neu und tat einen Tropfen in sein eigenes, noch fast volles Glas. »Wir machen sie glauben, dass wir das Unmögliche tun können. Indem wir etwas tun, was allen unmöglich scheint. Sagen wir zum Beispiel, dass wir ein Zauberschiff kapern und es als unser Hauptschiff benutzen.«
Sorcor sah ihn finster an. »Kennit, alter Freund, das ist verrückt. Kein einfaches hölzernes Schiff kann ein Zauberschiff einholen und kapern. Sie sind zu schnell. Ich habe gehört, dass solche Schiffe selbst eine Passage durch die Inseln wittern können und es ihrem Steuermann zurufen. Und sie können eine Flaute fühlen und selbst ein Lüftchen nutzen, das bei einem anderen Schiff nicht einmal das Segel füllen würde.
Außerdem: Selbst wenn es uns gelänge, eines zu überraschen und die Mannschaft zu töten, würde das Schiff uns übel mitspielen. Sie segeln nur für ihre Familienmitglieder und wenden sich gegen alle anderen. Das Schiff würde sich selbst auf Grund setzen, an Felsen zerschellen oder einfach mit uns kentern. Denkt nur an das Todesschiff, wie war noch mal sein Name? Ich meine das, welches verrückt geworden ist und sich gegen seine Familie und seine Mannschaft gewendet
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