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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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seine Lotleine für die Stimmung der Mannschaft.
    Kennit lehnte sich leicht vom Tisch zurück. Die weißen Bienenwachskerzen waren etwa zu einem Drittel heruntergebrannt. Er und Sorcor hatten eine beachtliche Lammkeule verzehrt. Der Erste Maat hatte das meiste davon gegessen. Nicht einmal Formalität konnte seinen Appetit zügeln, wenn man ihm etwas vorsetzte, das auch nur einen Tick besser war als der übliche Schweinefraß. Kennit schwieg noch immer und beugte sich vor, hob eine Weinflasche an und füllte ihre langstieligen Weingläser. Es war ein Jahrgang, den Sorcors Gaumen vermutlich nicht zu schätzen wusste, aber heute ging es nicht um die Qualität des Weins, sondern um den Preis, den der Erste Maat registrieren sollte. Als beide Gläser fast überliefen, hob Kennit seins und wartete, bis der Maat das seine ebenfalls ergriffen hatte. Er beugte sich vor und ließ ihre Gläser leise aneinanderklingen. »Auf die besseren Dinge«, sagte er. Mit seiner freien Hand deutete er auf die neuesten Veränderungen in seiner Kajüte.
    Sorcor war wie vom Donner gerührt gewesen, als er eingetreten war. Kennit hatte immer schon einen Hang zur Qualität gehabt, aber in der Vergangenheit hatte er ihn auf das Pragmatische reduziert. Er hatte auf kleine goldene Ohrringe mit makellosen Edelsteinen verzichtet und stattdessen verziertes Messing mit gläsernen Steinen getragen. Sein Sinn für Qualität hatte sich im Schnitt und im Stoff seiner Kleidung befriedigt, weniger in einer riesigen Menge prächtiger Gewänder. Jetzt jedoch war es anders. Die Schlichtheit seiner Kajüte war verschwunden und hatte Glanz und Verschwendung Platz gemacht, wofür er bei seinem letzten Aufenthalt in Divvytown seinen gesamten Anteil an der Beute ausgegeben hatte. Und es machte genau den gewünschten Eindruck auf Sorcor. Hinter der Bewunderung im Blick des Ersten Maats glomm Habgier auf. Sorcor musste man erst noch zeigen, wie man begehrte.
    »Auf die besseren Dinge«, wiederholte Sorcor mit seinem tiefen Bass, und sie tranken.
    »Und zwar bald. Sehr bald«, fügte Kennit hinzu, als er sich gegen das Kissen seines gepolsterten Eichenstuhls lehnte.
    Sorcor stellte sein Glas ab und betrachtete seinen Kapitän aufmerksam. »Ihr habt etwas ganz Bestimmtes im Sinn«, vermutete er.
    »Nur das Ende. Über die Mittel muss noch nachgedacht werden. Deshalb habe ich dich heute zum Abendessen eingeladen. Dass wir zusammen unsere nächste Fahrt planen und überlegen, was wir auf ihr gewinnen wollen.«
    Sorcor spitzte die Lippen und sog skeptisch die Luft zwischen den Zähnen ein. »Ich erwarte dasselbe, was ich von jeder Reise erwarte. Fette Beute. Was soll ein Mann sonst noch wünschen können?«
    »Eine Menge, Sorcor. Erheblich mehr. Es gibt Macht, es gibt Ruhm. Sicherheit für seinen Reichtum. Bequemlichkeit. Heim und Familie, die vor der Peitsche der Sklaverei sicher sind.«
    Dieser letzte Punkt stand zwar nicht auf Kennits privater Wunschliste, aber er wusste, dass es der Traum so manchen Seemanns war. Eine Phantasie, die, wie er vermutete, sie bald ersticken würde, wenn man sie ihnen gewährte. Aber das war nicht wichtig. Was er dem Mann anbot, war, was Sorcor zu wollen glaubte. Kennit hätte ihm auch Schildläuse angeboten, wenn er geglaubt hätte, dass sie ein besserer Köder waren.
    Sorcor tat unbeeindruckt. »Ein Mann kann natürlich so etwas begehren«, meinte er. »Aber er wird es nur bekommen, wenn er dazu geboren ist. Als edler Lord oder so was. Für mich ist das nicht geschaffen – und auch nicht für Euch, bei allem Respekt.«
    »O doch, das ist es. Allerdings nur, wenn wir den Mumm haben, danach zu greifen und uns diese Dinge selbst zu nehmen. Lords und Adel, sagst du, und ein Mann muss hineingeboren sein, meinst du. Aber irgendwo muss es einmal den ersten Lord gegeben haben. Irgendwo früher einmal muss es einen gemeinen Mann gegeben haben, der danach gegriffen hat und sich nahm, was er wollte, und es auch behielt.«
    Sorcor trank noch einen Schluck Wein und schluckte ihn herunter wie ordinäres Bier. »Ich vermute schon«, lenkte er schließlich ein. »Ich vermute, dass diese Dinge irgendwann tatsächlich einmal irgendwie angefangen haben müssen.«
    Er stellte sein Weinglas wieder auf den Tisch und betrachtete seinen Kapitän.
    »Wie?«, fragte er schließlich, als fürchte er, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
    Kennit zuckte mit den Schultern. »Wie ich dir gesagt habe. Wir greifen danach und nehmen es uns.«
    »Wie?«,

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