Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
zu gelangen.
Nach einer gespannten Konferenz beschlossen Sorcor und er, Askew anzulaufen. Dieser Hafen war besser für sie geeignet.
Kennit fand ihn außerdem noch aus einem amüsanteren Grund passend. War nicht Askew gegründet worden, als ein vom Sturm gebeuteltes Sklavenschiff in einem Kanal Schutz suchte und die »Fracht« erfolgreich gegen die Besatzung hatte meutern können? Sicher, das stimmte, doch der Erste Maat hatte immer noch Einwände. Denn Askew hatte wenig mehr zu bieten als Sand, Felsen und Muscheln. Welche Zukunft erwartete die Leute da? Eine bessere als die, die ihnen der Sklaventreiber versprochen hatte, gab Kennit zu bedenken. Darauf hatte Sorcor säuerlich reagiert, doch Kennit gab nicht nach. Die Reise hatte sechs lange Tage gedauert; dennoch war es erheblich weniger Zeit, als es sie gekostet hätte, nach Divvytown zu segeln. Und Kennit fand, dass diese Zeit zudem noch gut genutzt worden war.
Sorcor musste mitansehen, wie viele »seiner« geretteten Sklaven starben. Krankheiten und Unterernährung lösten sich nicht einfach in Wohlgefallen auf, weil sie sich jetzt frei nennen konnten. Dank Rafo und seiner Schutzbefohlenen hatten sie sich jedoch um das Schiff gekümmert und es gründlich geschrubbt. Die Fortune stank jetzt nicht mehr wie eine Sklavengaleere; dennoch bestand Kennit darauf, dass die Marietta vor dem Wind segelte. Er wollte nicht das Risiko eingehen, dass Krankheiten auf sein Schiff geweht wurden.
Deshalb hatte er auch keinem der befreiten Sklaven erlaubt, an Bord der Marietta zu kommen. Als Grund führte er an, dass es niemandem nützte, wenn er sein Schiff überlud, um den Platzmangel auf der Fortune zu lindern. Die Sklaven gaben sich damit zufrieden, auf den Decks herumzulungern und die Quartiere der über Bord geworfenen Crew zu belegen. Einige der kräftigeren Sklaven wurden zum Dienst auf Deck gezwungen, um die Reihen der Rumpfmannschaft zu verstärken, die sie bemannte. Die fremde Arbeit fiel ihnen schwer, vor allem in ihrem geschwächten Zustand.
Trotzdem und ungeachtet des unaufhörlichen Sterbens schien die Stimmung auf dem gekaperten Schiff recht gut zu sein. Die ehemaligen Sklaven waren schon dankbar für frische Luft, für einen Anteil an dem Gepökelten, in dessen Genuss vorher nur die Schiffsmannschaft gekommen war, und für jeden Fisch, den sie fangen konnten, um ihre mageren Vorräte aufzubessern. Sorcor war es gelungen, die Seeschlangen mit einigen gezielten Schüssen der Katapulte zu vertreiben. Zwar wurden die Toten immer noch von den Decks des Schiffes geworfen, aber jetzt fielen sie platschend ins Wasser, statt sofort im Maul einer gierigen Seeschlange zu landen. Dies schien die Sklaven ungeheuer zu befriedigen, obwohl Kennit ums Verrecken nicht begreifen konnte, welchen Unterschied es für die Toten machen sollte.
Sie segelten mit der Flut nach Askew hinein. Das skelettartige Wrack eines gesunkenen Schiffes lag am Ende des Ankerplatzes. Das Dorf selbst bestand aus einer Reihe von Hütten und Häusern, die sich am Strang entlangzogen.
Diese Schutzhütten bestanden aus Schiffsplanken, Treibholz und Steinen. Aus einigen Schornsteinen drangen dünne Rauchsäulen. Zwei improvisierte Schifferboote waren an einem wackligen Pier vertäut, und ein halbes Dutzend Schiffe und Ruderboote lagen am sandigen Ufer. Es war nicht gerade eine blühende Stadt.
Die Marietta segelte voran, und Kennit musste widerwillig einräumen, dass die Sklavenmatrosen, die den größten Teil der Besatzung der Fortune stellten, ihm keine Schande machten. Sie arbeiteten eifrig, wenn auch nicht so geschickt wie erfahrene Seebären, brachten das große Schiff in den Hafen und setzten ihre Anker gut. Von der Fortune wehte jetzt die schwarze Rabenflagge im Wind, die auf allen Pirateninseln als Kennits Wahrzeichen bekannt war. Als beide Schiffe ihre Beiboote zu Wasser ließen, hatte sich bereits eine neugierige Menschenmenge auf den wackligen Piers versammelt und gaffte die Neuankömmlinge staunend an. Die bunt zusammengewürfelte Gemeinschaft aus ehemaligen Sklaven und Flüchtlingen konnte sich keines eigenen Schiffes rühmen, das größer gewesen wäre als ein Fischerboot. Als jetzt zwei Handelsschiffe auf einmal in ihrem Hafen vor Anker gingen, fragten sie sich sicher, welche Neuigkeiten oder welche Waren sie brachten.
Kennit begnügte sich damit, Sorcor an Land zu schicken und zu verkünden, dass sie Gebote für die Fortune annehmen würden. Allerdings bezweifelte er, dass irgend jemand
Weitere Kostenlose Bücher