Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
zukommen lassen. Sie fürchtete, dass es dir nicht so gutgeht.«
Die Stimme der Frau versiegte. »Die Nachricht ist eigentlich schon vor einigen Tagen gekommen. Ein Diener hat sie für unwichtig gehalten und in Ephrons Arbeitszimmer gelegt. Dort habe ich sie erst heute gefunden.«
Ronica hielt die Hand immer noch gegen den Rumpf des Schiffes gepresst. Viviace konnte einige ihrer Gefühle lesen, wenn auch nicht alle. »Es fällt dir schwer, in dieses Zimmer zu gehen, nicht wahr? So schwer, wie hierherzukommen und mich zu sehen.«
»Ephron«, flüsterte Ronica gebrochen. »Ist er… ist er in dir? Kann er durch dich mit mir sprechen?«
Viviace schüttelte traurig den Kopf. Sie war es gewohnt, diese Frau durch Ephrons oder Altheas Augen zu sehen. Sie hatten sie als entschlossen und autoritär wahrgenommen. Heute jedoch, in ihrem schwarzen Umhang und mit gesenktem Kopf, wirkte sie so klein. Viviace hätte sie gern getröstet, aber sie wollte nicht lügen. »Nein. Leider funktioniert es so nicht. Ich bin mir bewusst, was er wusste, aber es ist mit so vielen anderen Informationen gemischt. Trotzdem, wenn ich dich ansehe, dann fühle ich selbst die Liebe, die er für dich empfunden hat. Hilft dir das?«
»Nein«, antwortete Ronica ehrlich. »Es liegt zwar ein kleiner Trost darin, aber es kann Ephrons starke Arme um mich nicht ersetzen oder seinen Rat, der mich leitete. Ach Schiff, was soll ich tun? Was soll ich nur tun?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Viviace. Ronicas Bestürzung löste eine leichte Unruhe in ihr aus. Sie sprach sie aus. »Es ängstigt mich, wenn du mir diese Frage stellst. Sicher weißt du doch, was du tun musst. Ephron hat immer geglaubt, dass du es weißt.«
Nachdenklich sprach Viviace weiter. »Er hielt sich für einen einfachen Seemann, weißt du. Für einen Mann, der ein Talent dafür besaß, ein Schiff gut zu führen. Du warst die Weise in der Familie, diejenige mit der größeren Vision. Darauf hat er sich verlassen.«
»Das hat er?«
»Aber natürlich. Wie sonst hätte er einfach davonsegeln und es dir übertragen können, alles zu regeln?«
Ronica schwieg. Dann seufzte sie schwer.
Leise fügte Viviace hinzu: »Ich glaube, er würde dir raten, deinem eigenen Rat zu folgen.«
Ronica schüttelte müde den Kopf. »Ich fürchte, dass du Recht hast, Viviace. Weißt du, wo Althea ist?«
»Jetzt? Nein. Weißt du es?«
Ronica antwortete nur zögernd. »Ich habe sie seit dem Morgen nicht mehr gesehen, nachdem Ephron gestorben ist.«
»Ich schon, mehrmals. Als sie das letzte Mal hergekommen ist, um mich zu sehen, ist Torg vom Schiff gekommen und wollte Hand an sie legen. Sie hat ihn ins Hafenbecken gestoßen und ist weggegangen, während alle anderen gelacht haben.«
»Aber ging es ihr gut?«
Viviace schüttelte den Kopf. »So ›gut‹ wie dir oder mir. Was bedeutet, dass sie sich Sorgen macht, verletzt und verwirrt ist. Aber sie hat mir gesagt, ich solle geduldig sein, und meinte, dass schließlich und endlich doch alles noch gutwerden würde. Sie sagte mir, ich solle die Angelegenheiten bloß nicht selbst in die Hand nehmen.«
Ronica nickte ernst. »Das sind genau die Dinge, die ich dir heute Nacht sagen wollte. Glaubst du, dass du diesen Rat befolgen kannst?«
»Ich?«
Das Schiff hätte beinahe gelacht. »Ronica, ich bin dreimal eine Vestrit. Bedauerlicherweise bin ich nur so geduldig, wie meine Vorfahren es waren.«
»Das ist wenigstens eine ehrliche Antwort«, erwiderte Ronica.
»Ich bitte dich nur darum, es zu versuchen. Nein, ich bitte dich noch um etwas anderes, Falls Althea zu dir zurückkehrt, bevor du ausläufst, würdest du ihr dann eine Nachricht von mir übermitteln? Ich weiß keinen anderen Weg, Kontakt mit ihr aufzunehmen, außer durch dich.«
»Selbstverständlich. Ich werde dafür sorgen, dass niemand anders außer ihr diese Nachricht hört.«
»Gut, das ist sehr gut. Ich bitte sie nur, dass sie mich besucht. Wir sind nicht so uneins, wie sie vielleicht glaubt. Aber ich will jetzt nicht in Einzelheiten gehen. Bitte sie nur einfach, mich zu besuchen, und zwar heimlich.«
»Das richte ich ihr aus. Allerdings weiß ich nicht, ob sie es auch tun wird.«
»Das weiß ich auch nicht, Schiff. Das weiß ich auch nicht.«
14. Familienbande
Kennit brachte das gekaperte Schiff nicht nach Divvytown. Er wollte nicht riskieren, dass dieser behäbige Kahn in den engen Kanälen und zahllosen Sandbänken auf Grund lief, die ein Schiff umgehen musste, um in die Piratenstadt
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