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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wieder an das Sklavenschiff. Es war ein Schiff mit freien Männern gewesen, drei Tage, bevor er es besucht hatte. Das hatte den Gestank um einiges abgemildert, wenn auch nicht stark genug, um Kennits Nase zufriedenzustellen. Er hatte nicht weiter darüber nachgedacht, als er Rafo das Kommando übergeben hatte, aber der Maat entwickelte sich gut in seiner neuen Position. Hunderte von Eimern mit Meerwasser waren an Bord geleert worden, und allmählich zeigte das an Deck Wirkung. Aber aus den offenen Ladeluken drang immer noch ein betäubender Gestank nach oben. Es drängten sich einfach zu viele Lebewesen an Bord des Schiffes. Sie hockten in großen Gruppen an Deck, die dünnen Glieder auf Lumpen ausgesteckt. Einige bemühten sich, beim Segeln zu helfen, andere versuchten einfach nur, niemandem im Weg zu liegen. Und wieder andere waren vollkommen damit beschäftigt zu sterben und interessierten sich für nichts anderes. Als Kennit über das Schiff ging, ein Taschentuch vor Mund und Nase gepresst, folgten ihm die Blicke der Sklaven.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie neigten die Köpfe, wenn er an ihnen vorbeiging. Als ihm klar wurde, dass sie Dankesbekundungen und Segenswünsche murmelten, wusste er nicht, ob er amüsiert oder verärgert sein sollte. Da er nicht wusste, wie er reagieren sollte, nahm er Zuflucht zu seinem dünnen Lächeln und ging zu den Quartieren der Schiffsoffiziere.
    Die hatten es sich wirklich gut gehen lassen, jedenfalls im Vergleich zu den armseligen Kreaturen, aus denen ihre Ladung bestand. Er musste Sorcors Einschätzung zustimmen, was den Modegeschmack des Kapitäns anging. In einem sentimentalen Augenblick hatte er befohlen, die Kleidung den Sklaven zu geben, die sie gebrauchen konnten. Der Mann verfügte auch über einen gewaltigen Vorrat an Rauchkräutern, und Kennit überlegte, ob er sie vielleicht nur deshalb benutzt hatte, um seiner Nase den Gestank seiner Ladung zu ersparen. Es war eine Sucht, der Kennit sich niemals hingegeben hatte, also befahl er, sie ebenfalls unter den Sklaven zu verteilen. Dann hatte er die Karten und die Dokumente in der Kapitänskajüte entdeckt.
    Die behielt er selbst. Ansonsten gab es in der Kabine nichts, was ihn interessierte. Die Gewöhnlichkeit der Habseligkeiten dieses Mannes müsste eigentlich eine wahre Enthüllung für Sorcor sein, dachte er. Dieser Mann war kein Monster gewesen, wie Sorcor angenommen hatte, sondern einfach nur ein gewöhnlicher Seekapitän und Händler.
    Kennit wollte auch die unteren Decks inspizieren, sowohl um zu sehen, wie solide das Schiff noch war, als auch um nach Wertsachen zu suchen, die Sorcor möglicherweise übersehen hatte. Er stieg die Leiter in den Laderaum hinunter und sah sich mit tränenden Augen um. Frauen, Männer und sogar einige Kinder mit großen Augen in ihren abgemagerten Gesichtern lagerten in einem unentwirrbar scheinenden Knäuel von Gliedmaßen in der Dunkelheit. Alle sahen ihn an, und als Rafo die Laterne hochhielt, tanzte ihr Licht in all diesen Augen. Der Anblick erinnerte Kennit an Ratten, die man nachts an Müllhaufen sehen konnte.
    »Warum sind sie so dünn?«, wollte er plötzlich von Rafo wissen. »Die Reise nach Jamaillia ist doch nicht so weit, dass die Menschen bis auf die Knochen abmagern, es sei denn, man gibt ihnen gar nichts zu essen.«
    Kennit sah schockiert, wie Rafo seine Augen vor Mitleid zusammenkniff. »Die meisten sind vorher im Schuldturm gewesen. Viele stammen aus demselben Dorf. Irgendwie haben sie den Satrap verärgert, und er hat die Steuern für ihr Tal erhöht. Als keiner von ihnen zahlen konnte, wurden sie alle zusammengetrieben und als Sklaven verkauft. Es war fast das ganze Dorf, und sie sagen, es wäre nicht das erste Mal passiert. Man hat sie verkauft, in Ställe gepfercht, ihnen nur wenig zu essen gegeben, bis die Leute, die mit ihnen handelten, genug Sklaven zusammen hatten, um eine ganze Schiffsladung zu füllen. Einfache Leute wie diese erzielen keinen hohen Preis, sagen sie, also versuchen sie, eine ganze Menge auf einmal zusammenzubekommen. Das Schiff musste vollgepackt sein, damit sie einen vernünftigen Profit herausschlagen konnten.«
    Der Seemann hob die Laterne höher. Leere Fesseln baumelten wie fremdartige Spinnweben an den Sparren und wanden sich wie zerschmetterte Schlangen über den Boden. Kennit sah, dass er zunächst nur die ersten Reihen der Sklaven bemerkt hatte.
    Hinter ihm hockten, saßen oder lagen in der Finsternis noch andere, und das

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