Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Schiff führen zu lassen.«
»Wäre ich nicht noch zu jung, hätte er mich zum Kapitän gemacht. Ich kenne die Viviace . Ich sollte ihr Kapitän sein.«
Kaum hatte sie diese Worte geäußert, bedauerte Althea sie.
Auch wenn sie beide wussten, dass es stimmte, lieferte sie ihm damit nur den Vorwand, den er brauchte.
»Schon wieder falsch. Du solltest zu Hause und mit irgendeinem hübschen Burschen verheiratet sein, der genauso verzogen ist wie du. Du hast nicht die leiseste Ahnung, wie man ein Schiff führt. Du glaubst wohl, nur weil dein Vater dir erlaubt hat, ein bisschen Seefahrt zu spielen, wüsstest du schon, wie man ein Schiff führt. Du redest dir ein, dass dir bestimmt wäre, das Schiff deines Vaters zu übernehmen. Du irrst dich. Dein Vater hat mir erzählt, dass er dich nur an Bord des Schiffes gebracht hat, weil er keine eigenen Söhne hat. Das hat er mir gesagt, als Wintrow geboren wurde. Wäre die Viviace kein Zauberschiff, was erfordert, dass ein Familienmitglied an Bord ist, hätte ich deine Ansprüche keinen Augenblick lang geduldet. Aber vergiss das eine nicht: Ein Mitglied der Familie Vestrit ist alles, was dieses Schiff benötigt; das muss nicht ausgerechnet du sein. Wenn dieses Schiff einen Vestrit an Bord braucht, dann kann es ohne weiteres auch jemand sein, dessen Familienname Haven ist. Meine Söhne haben genausoviel Blut von deiner Schwester in sich wie von mir, und sie sind ebensosehr Vestrits wie Havens. Und wenn dieses Schiff das nächste Mal Bingtown verlässt, dann wird einer meiner Jungen deinen Platz auf der Viviace einnehmen. Du wirst an Land bleiben.«
Althea spürte, wie sie bleich wurde. Der Mann hatte ja keine Ahnung, was er da sagte, er hatte keine Ahnung von der Schwere seiner Drohung. Und es bewies nur, dass er einfach nicht wusste, was ein Lebensschiff war. Man hätte ihm niemals die Befehlsgewalt über die Viviace geben dürfen. Wäre ihr Vater bei Kräften gewesen, dann hätte er das gesehen.
Anscheinend zeichneten sich sowohl ihre Verzweiflung als auch ihr Trotz auf ihren Gesichtszügen ab, denn Kyle Haven presste die Lippen fester zusammen. Sie fragte sich, ob er ein Lächeln unterdrückte, als er weitersprach. »Du wirst für den Rest der Reise in deiner Kabine bleiben. Du kannst jetzt gehen.«
Sie dachte nicht daran zu weichen. Jetzt konnte sie es auch sagen, nachdem die Fronten geklärt waren. »Du hast eben erklärt, dass ich nicht einmal ein Seemann an Bord dieses Schiffes bin. Na gut. Wenn dem so ist, hast du mir nichts zu befehlen. Und ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst, dass du die Viviace auf ihrer nächsten Reise befehligen wirst.
Wenn wir nach Bingtown zurückkehren, erwarte ich meinen Vater wieder gesund zu sehen. Er wird das Kommando wieder übernehmen und es behalten, bis das Schiff und das Kommando darüber an mich fallen.«
Er erwiderte ihren Blick gelassen. »Glaubst du das wirklich, Althea?«
Glühender Hass wallte in ihr auf, als sie einen Moment dachte, dass er ihre Zuversicht verhöhnte, ihr Vater würde wieder gesund werden. Doch dann fuhr er fort: »Dein Vater ist ein guter Kapitän. Und wenn er hört, was du getan hast, dass du meine Befehle missachtet und Zwietracht unter den Männern gesät hast, mich hinter meinem Rücken verhöhnt hast…«
»Ich habe dich verhöhnt?«, fragte Althea.
Kyle schnaubte verächtlich. »Glaubst du, dass du dich sinnlos betrinken und wüste Reden in Dursay schwingen kannst, ohne dass ich davon erfahre? Das zeigt nur, was für eine Närrin du bist.«
Althea versuchte verzweifelt, sich an Dursay zu erinnern. Sie hatte sich betrunken, ja, aber nur einmal, und sie erinnerte sich schwach daran, dass sie ihr Leid einigen Schiffskameraden geklagt hatte. Wem? Die Gesichter verschwammen in ihrer Erinnerung, aber sie wusste noch, dass es Brashen gewesen war, der sie getadelt und ihr geraten hatte, zu schweigen und private Probleme für sich zu behalten. Sie wusste nicht mehr, was sie gesagt hatte, aber jetzt wusste sie wenigstens, wer geplaudert hatte.
»Aha. Und welche Geschichten hat Brashen dir hinterbracht?«, fragte sie so gelassen wie möglich. Heiliger Gott der Fische, was hatte sie bloß gesagt? Wenn es etwas mit Familienangelegenheiten zu tun hatte und Kyle die Geschichte zu Hause erzählte…
»Es war nicht Brashen. Aber damit bestätigst du nur meine Einschätzung von ihm, dass er dabeisitzen und sich diesen Dreck anhören würde. Er ist auch so jemand wie du, ein Händlersöhnchen, der Seemann
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