Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
spielt. Ich habe keine Ahnung, warum dein Vater ihn überhaupt auf diesem Schiff geduldet hat, es sei denn, dass er ihn dir als Ehemann auserkoren hatte. Wenn es nach mir geht, dann werde ich ihn ebenfalls in Bingtown an Land lassen, damit ihr euch beide dort weiter Gesellschaft leisten könnt. Er dürfte so ziemlich der einzige sein, den du als Ehemann bekommen kannst, also solltest du ihn festnageln, solange es dir noch möglich ist.«
Kyle lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er schien Altheas schockiertes Schweigen als Reaktion auf seine Beleidigungen zu genießen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme leise und zufrieden. »Nun, kleine Schwester, anscheinend gefällt es dir nicht sonderlich, wenn ich so etwas sage. Dann kannst du vielleicht verstehen, wie ich es aufgenommen habe, als der Schiffszimmerer zurückkam, ziemlich voll mit Grog, und laut verkündete, du hättest ihm gesagt, ich hätte deine Schwester nur geheiratet, weil ich so das Familienschiff in die Hände zu bekommen hoffte, weil Leute wie ich anders niemals eine Chance bekämen, ein Zauberschiff zu kommandieren.«
Seine ruhige Stimme bebte plötzlich vor Zorn.
Sie erkannte ihre eigenen Worte wieder. Oh, sie müsste trunkener gewesen sein, als sie gedacht hatte, wenn sie diese Worte laut geäußert hatte. Feigling oder Lügner, schalt sie sich. Sie müsste entweder aufstehen und sich dafür entschuldigen, oder sie müsste lügen und behaupten, sie habe so etwas niemals geäußert. Ganz gleich, was Kyle von ihr sagen mochte, sie war Ephron Vestrits Tochter. Sie hatte Mut.
»Das ist wahr. Ich habe es gesagt, und es ist die Wahrheit. Wie könnte die Wahrheit dich verhöhnen?«
Kyle sprang plötzlich auf und schoss um den Tisch herum. Er war ein großer Mann. Selbst als Althea zurückwich, stolperte sie unter der Wucht seines Schlages. Sie bekam ein Schott zu fassen und hielt sich mühsam auf den Füßen. Kyle war sehr blass, als er zu seinem Stuhl zurückging und sich hinsetzte. Er war zu weit gegangen. Sie waren beide zu weit gegangen, wie sie es immer schon befürchtet hatte. Hatte er es ebenfalls geahnt? Er schien genauso mitgenommen zu sein wie sie.
»Das war nicht für mich«, flüsterte er heiser. »Sondern für deine Schwester. Betrunken wie ein Söldner in einer öffentlichen Taverne, und dann schimpfst du sie praktisch eine Hure. Ist dir das eigentlich klar? Glaubst du wirklich, dass sie sich einen Mann mit dem Kommando über ein Zauberschiff kaufen müsste? Sie ist eine Frau, die zu haben jeden Mann mit Stolz erfüllen würde, selbst wenn ihr Name nicht für Reichtum stände. Ganz anders als du. Für dich werden sie einen Ehemann kaufen müssen, und du solltest lieber zu den Göttern beten, dass es um dein Familienvermögen besser bestellt ist, sonst müssen sie nämlich mit der halben Stadt als Mitgift winken, bevor ein halbwegs anständiger Mann dich auch nur ansieht. Geh in dein Quartier, bevor mir wirklich der Geduldsfaden reißt. Und zwar sofort!«
Sie drehte sich um und versuchte, würdevoll wegzugehen, aber Kyle sprang auf und schoss hinter dem Schreibtisch hervor. Er stieß ihr seine breite Hand in den Rücken und schob sie unsanft zur Tür. Nachdem sie die Kapitänskajüte verlassen und die Tür vernehmlich hinter sich zugeknallt hatte, sah sie Mild, der fleißig einen Splitter von einem Geländer in der Nähe abschliff. Der Junge hatte Ohren wie ein Fuchs. Er hatte sicher alles gehört. Na und wenn schon. Sie hatte nichts gesagt oder getan, dessen sie sich schämen müsste. Allerdings bezweifelte sie, dass Kyle dasselbe von sich sagen konnte. Hoch erhobenen Hauptes ging sie zu ihrer kleinen Kajüte, in der sie wohnte, seit sie zwölf Jahre alt war. Als sie die Tür hinter sich schloss, wurde ihr erst das volle Ausmaß von Kyles Drohung bewusst. Dies hier war ihr Heim. Er konnte sie nicht aus ihrem Zuhause vertreiben!
Oder etwa doch?
Sie liebte diesen Raum seit ihrer Kindheit, und sie würde niemals den Schauer vergessen, der sie überlaufen hatte, als sie das erste Mal hereingekommen war, ihren Seesack in die Koje geworfen hatte und die Kabine in Besitz nahm. Das war vor fast sieben Jahren gewesen, und seitdem war diese Kajüte ihr Heim und ihr sicherer Hafen geworden. Jetzt kletterte sie in diese Koje und rollte sich dort zusammen, den Kopf gegen das Schott gepresst. Ihre Wange brannte, aber sie wollte die Hand nicht darauf legen. Er hatte sie geschlagen. Sollte sie doch anlaufen und blau werden. Vielleicht würden
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