Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
einer Versammlung gesehen habe. Ist sie gerade erst in die Gesellschaft eingeführt worden?«
»Dies hier ist tatsächlich ihre erste Versammlung. Sie wurde bis jetzt nicht eingeführt. Ihre Großmutter und ich sind der Meinung, dass sie erst die Pflichten und Verantwortungen einer Händlerfrau kennenlernen muss, bevor sie sich als eine präsentieren kann.«
Im Gegensatz zu Janis klang die Stimme ihrer Mutter höflich und gehetzt, als wollte sie einen falschen Eindruck korrigieren.
»Ah. Das klingt ganz nach Ronica Vestrit. Und ich schätze diese Einstellung. Ich fürchte, dass sie heutzutage in Bingtown immer seltener wird.«
Ihr Tonfall war jetzt voll und weich.
»Eure Flammenjuwelen sind wundervoll!«, platzte Malta heraus. »Sind sie sehr teuer?«
Noch während sie es sagte, bemerkte sie, wie kindlich ihre Worte klangen.
»Malta!«, tadelte ihre Mutter sie.
Aber die Regenwildfrau lachte nur kehlig. »Eigentlich sind die Roten die Gewöhnlichsten und diejenigen, die am einfachsten zu erwecken sind. Aber ich liebe sie am meisten. Rot ist eine so prachtvolle Farbe. Die Grünen und Blauen sind weit seltener und erheblich schwerer zu wecken. Deshalb sind es natürlich auch diejenigen, die wir am teuersten verkaufen. Die Flammenjuwelen werden natürlich ausschließlich von der Khuprus-Familie vertrieben.«
»Natürlich«, antwortete ihre Mutter. »Es ist faszinierend, diese Erweiterung des Khuprus-Handels mitzuerleben. Die Gerüchte werden ihnen nicht gerecht.«
Ihre Mutter warf einen Blick über ihre Schulter. »Meine Güte! Ich fürchte, wir haben Euch aufgehalten. Wir sollten wohl besser hineingehen, sonst fangen sie noch ohne uns an.«
»Oh, sie werden bestimmt auf mich warten«, bemerkte Jani Khuprus nachdrücklich. »Schließlich versammeln wir uns auf mein Ersuchen hin. Aber Ihr habt Recht: Es ist nicht höflich, die anderen warten zu lassen. Keffria, junge Malta. Es war mir ein Vergnügen, mit Euch beiden zu sprechen.«
»Es war uns eine Ehre«, erwiderte ihre Mutter unterwürfig und trat ehrerbietig zur Seite, so dass die Verhüllte vorgehen konnte. Als ihre Mutter ihren Arm packte, war ihr Griff ein bisschen härter, als es angenehm gewesen wäre. »Ach, Malta«, seufzte sie tadelnd und führte sie dann entschlossen hinein.
Unmittelbar hinter der Tür der Halle der Händler wartete Großmutter auf sie. Ihre Lippen waren fest zusammengepresst.
Sie machte einen tiefen Knicks, als Jani Khuprus an ihr vorüberging, und sah dann Keffria und Malta fragend an.
Maltas Mutter wartete, bis Jani Khuprus außer Hörweite war, und zischte dann: »Sie hat sich ihr selbst vorgestellt!«
»Ach, Malta!«
Ihre Großmutter stöhnte. Manchmal hatte Malta das Gefühl, als wäre ihr Name ein Prügel. Jedes Mal, wenn eine von ihnen ihn aussprach, drückten sie in dem Wort Ärger, Widerwillen oder Ungeduld aus. Sie hängte ihren Umhang an einen Haken und drehte sich mit einem Schulterzucken um.
»Ich wollte einfach nur ihre Flammenjuwelen sehen«, versuchte sie zu erklären, aber wie üblich hörte keine der beiden Frauen ihr zu. Stattdessen eilten sie in die Halle, die von hohen Kerzen dämmrig erleuchtet war. Ein Drittel des Raumes wurde von einem Podium eingenommen. Auf dem Boden, der sonst immer für die Tänze freigeräumt war, standen jetzt lange Reihen mit Stühlen. Und es war genauso, wie sie befürchtet hatte. Sie waren zu spät. Die Tische mit den Speisen waren schon ziemlich leergegessen, und die Leute saßen bereits oder suchten ihre Sitzplätze auf. »Darf ich bei Delo sitzen?«, fragte sie hastig.
»Delo Trell ist nicht hier«, meinte ihre Großmutter scharf.
»Ihre Eltern waren so klug, sie zu Hause zu lassen. Wo wir dich meiner Meinung nach auch besser gelassen hätten.«
»Ich habe nicht darum gebeten mitzukommen«, antwortete Malta, während Keffria gleichzeitig ihre Mutter mit einem leisen »Mutter!« tadelte. Einige Momente später fand sich Malta zwischen ihnen in einer langen Reihe mit Polsterstühlen wieder.
Am Ende der Reihe saß Davad Restate. Vor ihnen saß ein älteres Ehepaar und hinter ihnen ein Mann mit Pockennarben und seiner schwangeren Frau. Neben Mama saßen zwei Brüder mit gewaltigen Kinnbacken. Sie boten wahrlich keinen interessanten Anblick. Als sie sich aufrichtete und ihren Kopf drehte, entdeckte sie endlich Cerwin Trell. Er saß sechs Reihen vor ihnen und beinahe am anderen Ende der Reihe. Hinter den Trells befanden sich mehrere leere Stühle. Malta war davon überzeugt,
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