Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
weigert?«
Die Frage kam von einer Händlerfrau am anderen Ende der Halle.
Jani Khuprus schien unbehaglich zumute zu sein. Diese Frage mochte sie nicht beantworten. »Lasst ihn uns zunächst einmal bitten, die Worte seiner Vorfahren zu achten. Wir haben ihn bisher nicht einmal darum gebeten. Wir haben uns nur beschwert und gemurrt, und wir haben jeder für sich und um die eigenen Rechte gekämpft. Aber kein einziges Mal sind wir wie ein Mann aufgestanden und haben gesagt: ›Achtet Euer Wort, wenn Ihr erwartet, dass wir unseres ehren!‹«
»Und wenn er sich trotzdem weigert?«, hakte die Frau nach.
Jani Khuprus hob ihre behandschuhte Hand und ließ sie dann wieder sinken. »Dann besitzt er keine Ehre«, sagte sie leise.
Dennoch war ihre Stimme bis in den letzten Winkel der Halle zu hören. »Was haben die Händler mit einem Mann zu schaffen, der keine Ehre hat? Wenn er sein Wort nicht hält, sollten wir auch das unsere zurückziehen. Schickt ihm keine Tribute mehr.
Verkaufen wir unsere Waren, wo es uns gefällt, statt die besten Stücke durch Jamaillia zu schleusen.«
Ruhiger fuhr sie fort:
»Und vertreibt die Neuen Händler. Regieren wir uns selbst.«
Ein großer Tumult brach aus. Einige brüllten vor Zorn, andere klangen schrill vor Furcht, und wieder andere schrien ihre Zustimmung heraus. Am Ende der Reihe erhob sich plötzlich Davad Restate. »Hört mich an!«, rief er. Als niemand auf ihn achtete, kletterte er auf seinen Stuhl, auf dem er gefährlich schwankend balancierte. »HÖRT MICH AN!«
Eine bemerkenswerte Leistung für diesen ungelenken Mann. Alle sahen ihn an, und das Geschrei erstarb.
»Das ist verrückt!«, verkündete er. »Stellt Euch vor, was als Nächstes passieren wird. Der Satrap wird Bingtown nicht so einfach aufgeben. Er wird Schiffsladungen mit Soldaten schicken. Er wird unsere Besitzungen konfiszieren. Er wird sie den Neuen Händlern übergeben und unsere Familien versklaven. Nein. Wir müssen mit den Neuen Händlern zusammenarbeiten. Gebt ihnen nicht alles, aber genug, um sie zufrieden zu stellen. Macht sie zu einem Teil von uns, wie wir es schon bei den Drei-Schiffe-Immigranten getan haben. Ich sage nicht, dass wir sie alles lehren sollten, was wir wissen, oder dass wir ihnen erlauben sollten, mit den Regenwildhändlern Geschäfte zu machen, aber…«
»Was sagt Ihr uns dann, Restate?«, begehrte jemand im hinteren Teil der Halle wütend auf. »Wenn Ihr schon für Eure Neuen Händlerfreunde sprecht, dann sagt, was die von uns wollen!«
Jemand anderer mischte sich ein. »Wenn der Satrap daran interessiert wäre, Schiffe in die Innere Passage zu schicken, hätte er die Piraten schon vor langer Zeit vertrieben. Man sagt, dass die alten Patrouillenschiffe an ihren Kais verrotten, weil es an Steuergeldern mangelt, mit denen sie repariert werden könnten. Das ganze Geld wird für die Vergnügungen des Satrapen ausgegeben. Ihn kümmern weder die Seeschlangen noch Piraten, die unseren Handel gefährden. Ihn interessiert nur sein Vergnügen. Der Satrap ist keine Bedrohung für uns.
Warum sollten wir uns mit Forderungen aufhalten? Lasst uns diese Neuen Händler selbst vertreiben. Wir brauchen Jamaillia nicht!«
»Und an wen wollen wir dann unsere Waren verkaufen? Der gewinnbringendste Handel findet sich im Süden, es sei denn, Ihr wollt mit den Barbaren des Nordens handeln.«
»Da ist noch eine andere Sache. Die Piraten. Der alte Vertrag sieht vor, dass der Satrap uns vor den Seemarodeuren schützen sollte. Wenn wir schon Forderungen stellen, dann sollten wir…«
»Wir brauchen Jamaillia! Was sind wir ohne Jamaillia?
Jamaillia ist Poesie und Kunst und Musik. Jamaillia ist unsere Mutterkultur. Ihr könnt nicht den Handel einfach kappen und trotzdem…«
»Und die Seeschlangen! Diese verdammten Sklavenschiffe bringen die Seeschlangen her. Wir sollten verlangen, dass die Sklavenschiffe aus der Inneren Passage verbannt werden und…«
»Wir sind ein ehrenwertes Volk! Selbst wenn der Satrap vergessen hat, wie er sein Wort hält, sind wir immer noch daran gebunden…«
»… wird uns unser Heim und unser Land nehmen und uns alle versklaven. Wir werden wieder dort landen, wo unsere Vorfahren angefangen haben, als Exilanten und Kriminelle, ohne Hoffnung auf Begnadigung!«
»Wir sollten zunächst einmal eigene Patrouillenschiffe ausrüsten. Nicht nur, um die Neuen Händler von der Mündung des Regenwildflusses fernzuhalten, sondern auch, um die Seeschlangen und die Piraten zu jagen.
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