Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
schien.
»Oh.«
Einen zu tragen, selbst wenn es nur für einen Moment war… Diese Gelegenheit konnte sie nicht so einfach verstreichen lassen. Wenn sie nach Hause kam, konnte sie immer noch ein Bad nehmen. »Würdet Ihr das bitte halten?«, fragte sie ihn und reichte ihm das Weinglas. Er nahm es ihr aus der Hand, und sie verlor keine Zeit. Sofort legte sie sich das Tuch um Hals und Schultern. Er hatte ihn wie einen Schal getragen, aber der Stoff konnte so weit ausgeschüttelt werden, bis er fast wie ein Dreieckstuch um ihre Schultern lag. Und er war warm, sehr warm. Sie arrangierte ihn so, dass das blaue Flammenjuwel zwischen ihren knospenden Brüsten lag. Sie sah darauf hinab.
»Es ist wunderschön. Es ist wie… Ich weiß nicht, wie es ist.«
»Manche Dinge sind nicht mit anderen zu vergleichen. Manche Schönheit ist einfach unvergleichlich.«
»Ja«, stimmte sie zu und versenkte ihren Blick in den Stein.
»Euer Wein«, erinnerte er sie nach einem Augenblick.
»Oh.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich möchte ihn nicht mehr. Ihr dürft ihn behalten, wenn Ihr wollt.«
»Ich darf?«
In seiner Stimme schwang sowohl Belustigung als auch Erstaunen mit. Als wenn ein empfindliches Gleichgewicht zwischen ihnen sich soeben zu seinen Gunsten verschoben hätte.
Sie war einen Moment verlegen. »Ich meine, nur wenn Ihr wollt…«
»Oh, aber natürlich«, versicherte er ihr. Der Schleier, der sein Gesicht verhüllte, teilte sich. Geschickt schob er das Glas hindurch und leerte es mit einer geübten Bewegung seines Kopfes. Dann hielt er das leere Glas gegen das Licht der Sterne und betrachtete es einen Moment. Sie fühlte, dass er sie ansah, bevor er das Glas in seinem Ärmel verschwinden ließ. »Ein Andenken«, sagte er. Zum ersten Mal bemerkte Malta, dass er älter war als sie und dass ihr Gespräch vielleicht nicht ganz schicklich war. Dass dieser beiläufige Austausch möglicherweise eine tiefere Bedeutung hatte. Ordentliche Mädchen standen nicht draußen in der Dunkelheit und plauderten mit Kutschern.
»Ich muss jetzt hineingehen. Meine Mutter fragt sich sicher schon, wo ich bin«, entschuldigte sie sich.
»Zweifellos«, stimmte er ihr murmelnd zu. Erneut klang er amüsiert. Sie bekam allmählich ein bisschen Angst vor ihm. Nein.
Sie hatte keine Angst. Sie war vorsichtig. Er schien es zu spüren, denn als sie fortgehen wollte, folgte er ihr. Schließlich ging er sogar ein Stück neben ihr, als würde er sie eskortieren. Malta bekam fast Angst, dass er sie bis in die Halle bringen würde, aber er blieb an der Tür stehen.
»Ich brauche noch etwas von Euch, bevor Ihr geht«, sagte er plötzlich.
»Natürlich.«
Sie griff zögernd zu dem Schal.
»Euren Namen.«
Malta stand da wie angewurzelt. Hatte er vergessen, dass sie seinen Schal mit dem Flammenjuwel trug? Wenn ja, würde sie ihn gewiss nicht daran erinnern. Oh, sie würde den Schal auch nicht behalten. Jedenfalls nicht für immer. Sondern nur lange genug, um ihn Delo zu zeigen.
»Malta«, sagte sie. Das genügte, damit er herausfinden konnte, wer seinen Schal getragen hatte, wenn er sich daran erinnerte.
»Malta…«
Er ließ den Satz unvollendet und wartete. Sie tat, als begreife sie nicht. »Verstehe«, sagte er nach einem Moment.
»Malta. Dann guten Abend, Malta.«
»Guten Abend.«
Sie drehte sich um und stürmte durch die großen Doppeltüren in den Vorraum der Halle. Kaum war sie drinnen, nahm sie rasch den Schal mit dem Juwel ab. Woraus er auch gewesen sein mochte, es war ein noch viel feineres Gewebe als Gaze. Als sie es in ihren Händen zusammenknüllte, verschwand es ganz in der kleinen Tasche, die in ihr Kleid eingenäht war. Mit einem zufriedenen Lächeln ging sie dann in die Halle zurück. Die Händler hielten immer noch abwechselnd Reden, in denen es um Verträge, Kompromisse, Rebellionen, Sklaverei, Krieg und Embargos ging. Sie hatte es satt. Sie wünschte sich, dass sie endlich aufhören und schweigen würden, damit ihre Mutter sie nach Hause brachte. Dann konnte sie in der Abgeschiedenheit ihrer eigenen Kammer das Flammenjuwel bewundern.
Der Rest des Knäuels schien nicht zu spüren, dass etwas fehlte.
Sessurea war vielleicht ein bisschen unwohl, aber die anderen waren zufrieden. Es gab genug Nahrung, die auch noch leicht zu beschaffen war, und die Atmosphäre in dieser Fülle war warm.
Die neuen Salze erweckten aufregende Farben auf ihren Häuten, die nach ihren Häutungen erschienen. Sie streiften häufig ihre Häute ab, denn
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