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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wert war. Sie hätte sie ihm liebend gern zurückgegeben und auch alles andere, was sie besaß. Wenn sie dafür dieses Lederetikett bekommen hätte, dass er jetzt zweifellos in Stücke schnitt. Als sie sich umdrehte, sah sie, wie Reller sie fragend ansah.
    »Sie haben mich vom Schiff geworfen«, erklärte sie knapp. Es war die Wahrheit und die einfachste Erklärung.
    »Weswegen?«, wollte der Seemann wissen. Er folgte ihr, als sie zum Vorschiff ging, um ihre spärlichen Habseligkeiten zusammenzusuchen.
    Althea zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. »Ich will nicht drüber reden«, meinte sie und hoffte, dass sie wie ein wütender, halbwüchsiger Junge klang und nicht wie eine Frau, die den Tränen nahe war. Reiß dich zusammen, reiß dich bloß zusammen! ermahnte sie sich, während sie sich ein letztes Mal in den engen, stickigen Raum zwängte, der den ganzen Winter ihr Heim gewesen hatte. Ihre Sachen einzusammeln und in den Seesack zu stopfen dauerte nur einige Momente. Sie schwang ihn über die Schulter und verließ das Schiff. Als sie den Fuß auf die Pier setzte, sah sie sich um, als sehe sie es zum ersten Mal.
    Candletown. Ein höllischer Ort, wenn man nur mit ein paar Münzen in der Tasche und einem Seesack über der Schulter hier strandete.

    Ein Mann wandte den Kopf und sah ihn merkwürdig an.
    Brashen erwiderte den Blick und schaute dann weg. Dann erst wurde ihm klar, dass er mit einem blöden Grinsen auf dem Gesicht die Straße entlangschritt. Aber das machte ihm nichts aus. Er hatte allen Grund zum Grinsen. Er war stolz auf sie. Sie hatte wie jeder raue Schiffsjunge gewirkt, wie sie da an Deck der Reaper gestanden hatte. Die Lässigkeit, mit der sie seine Einladung angenommen hatte, die kecke Neigung ihrer Kappe, all das war perfekt gewesen. Der Törn, von dem er gefürchtet hatte, dass er sie umbringen würde, war im Rückblick sogar gut für sie gewesen. Sie hatte etwas zurückgewonnen, etwas, das Kyle aus ihr herausgehämmert zu haben schien, als er das Kommando über die Viviace übernommen hatte. Und dieser Mangel hatte sie während der beiden letzten Reisen unerträglich gemacht. Brashen hatte geglaubt, dass der Funke, der die alte Althea ausmachte, an dem Tag für immer erloschen wäre, an dem ihr Vater starb. Er hatte keine Spur mehr davon gesehen, bis zu dem Tag auf den Öden-Inseln, als sie Seebären gehäutet hatte. Das hatte etwas in ihr ausgelöst. Die Veränderung hatte dort begonnen und war größer und stärker geworden, wie auch Althea gewachsen und härter geworden war. In der Nacht in Nook, als sie zu ihm gekommen war, hatte er plötzlich begriffen, dass sie wieder die alte Althea geworden war. Und er hatte auch erst jetzt vollkommen gemerkt, wie sehr er sie vermisst hatte.
    Brashen tat einen tiefen Atemzug und genoss die Landluft und die Freiheit. In seinen Taschen klimperte die Heuer, und er war frei wie ein Vogel. Außerdem bestand die Aussicht, dass er heute Abend sehr gute Gesellschaft bekommen würde. Was konnte besser sein? Er suchte nach dem Schild der Roten Traufe.
    Der Erste Maat hatte gegrinst und ihm die Taverne als einen sauberen Ort für einen sparsamen Seemann empfohlen, der die Nacht an Land verbringen wollte. Dieses Lächeln hatte ebenfalls unmissverständlich angedeutet, dass der Erste nicht erwartete, dass Brashen die Nacht allein verbringen würde. Das erwartete Brashen auch nicht. Er sah die roten Dachüberhänge der Taverne lange, bevor er ihr bescheidenes Schild entdeckte.
    Das Innere der Herberge war sauber, aber beinahe spartanisch streng eingerichtet. Es gab nur zwei Tische und vier Bänke. Sie waren so sauber wie ein gutes Schiffsdeck. Der Boden war mit weißem Sand bedeckt. Das Feuer im Kamin wurde mit Treibholz genährt und die Flammen züngelten in vielen Farben. Es waren keine anderen Gäste da. Brashen stand eine Weile in dem offenen Schankraum, bevor ein Mann seinen Kopf durch eine Tür steckte und ihn begrüßte. Er wischte sich die Hände an seiner Schürze ab, während er auf Brashen zukam. Beinahe misstrauisch beäugte er Brashen von Kopf bis Fuß, bevor er ihm einen »Guten Tag« wünschte.
    »Euer Haus ist mir empfohlen worden. Wieviel kosten ein Zimmer und ein Bad?«
    Erneut warf der Mann ihm einen prüfenden Blick zu, als wollte er abschätzen, was Brashen sich leisten konnte. Der Wirt war mittelalt, hatte ein wettergegerbtes, vernarbtes Gesicht und humpelte auf einem übel verdrehten Bein daher. Vermutlich hatte das seine Karriere

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