Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
einer Stellung auf einem Schiff fragt, das er noch nicht gesehen hat? Ich weiß, wo sie vertäut ist. Mein Seesack und ich werden an Bord sein, falls Ihr Eure Meinung ändert, was mich betrifft! Aber ich glaube nicht, dass Ihr das müsst.«
»Na gut. Einverstanden. Dann guten Tag.«
»Euch auch.«
Brashen verließ das Büro des Mannes und schloss die Tür vernehmlich hinter sich. Sobald er draußen war, marschierte er eilig los, ganz ein Mann, der ein Ziel hat. Es erleichterte ihn, seinen Seesack noch in dem Strohhaufen des Mietstalls zu finden, in dem er ihn in der letzten Nacht gelassen hatte. Wäre er gestohlen worden, hätte er ganz schön in der Klemme gesessen.
Er öffnete ihn und kontrollierte kurz den Inhalt, um sicher zu gehen, dass nichts fehlte. Er hatte zwar nicht viel Wertvolles darin, aber immerhin gehörte es ihm. Er durchwühlte den Sack. Sein Cindin-Vorrat war noch da. Es wurde zwar weniger, würde aber reichen. Wenn er Wache hatte, würde er es sowieso nicht benutzen. Das tat er nie. Vielleicht würde er es ja verstecken und gar nicht benutzen. Immerhin hatte er all die Jahre auf der Viviace auch kein Cindin genommen, nicht mal, wenn er auf Freiwache an Land war.
Als er an die Viviace dachte, durchzuckte ihn ein kurzer Stich.
Als er seinen Platz auf ihr verloren hatte, hatte er damit auch eine Menge mehr verloren. Er versuchte sich auszumalen, wie die Dinge sich entwickelt hätten, wenn Ephron Vestrit nicht krank geworden wäre. Eins wusste er: Er würde immer noch auf ihr segeln. Und Althea auch. Wenn er an sie dachte, durchfuhr es ihn heiß. Er wusste nicht einmal, wo in dieser schmutzigen Stadt sie steckte. Dumm und eigensinnig, das war er. Es hatte wirklich keinen Grund gegeben, einfach davonzumarschieren, wie er es gestern Abend getan hatte. Sie hatte also gesagt, dass sie sich nicht einmal richtig kannten. Es waren nur Worte, und er wusste es besser, genau wie sie.
Sie kannte ihn so gut, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.
Er blieb auf der Straße stehen, ließ den Seesack sinken und nahm das restliche Cindin heraus. Er brach ein Stück ab und schob es sich in den Mund. Es war nicht viel, nur genug, damit er lebhaft aussah, bis er an Bord des Schiffes eine ordentliche Mahlzeit bekommen hatte. Es war schon seltsam, dass bei einem fast leeren Magen bereits die Aussicht auf Schiffszwieback und Gepökeltes gut klingen konnte. Einen Moment brannte das Cindin, bis er es mit der Zunge an eine andere Stelle schob. Er holte tief Luft und merkte, wie die Welt klarer wurde. Erneut schulterte er den Seesack und ging zum Hafen hinunter.
Es war gut, wieder einen sicheren Platz in der Welt zu haben.
Und die Springeve versprach ein interessantes Schiff zu sein. So oft er auch mit der Viviace die Innere Passage in beide Richtungen befahren hatte, so selten hatten sie irgendwo angelegt. Kapitän Vestrit hatte die meisten Einkäufe südlich von Jamaillia getätigt. Brashen war schon in hundert exotischen Häfen auf dieser Welt gewesen. Jetzt würde es spannend werden, seine Bekanntschaft mit den Pirateninseln zu erneuern.
Er fragte sich, ob sich dort noch jemand an ihn erinnerte.
Die Mittagszeit war verstrichen, soweit Wintrow das beurteilen konnte. Jedenfalls behauptete das sein Magen. Er berührte sein Gesicht und blickte dann auf seine Fingerspitzen. Der Eiter aus der neuen Tätowierung wirkte klebrig. Wie sie wohl aussah? Er konnte das grüne Siegel auf den Gesichtern der anderen sehen, die mit ihm in dem Käfig eingesperrt waren, aber irgendwie gelang es ihm nicht, es sich auf seinen eigenen Gesichtszügen vorzustellen. Es waren Sklaven, und irgendwie schockierte es ihn nicht, ihre Tätowierungen zu sehen. Aber er war kein Sklave.
Bei ihm handelte es sich um einen Irrtum. Sein Vater hätte eigentlich kommen und ihn retten sollen. Als er die mangelnde Logik begriff, zerplatzte dieser Gedanke wie eine Seifenblase.
Gestern waren ihre Gesichter noch genauso rein gewesen wie seins. Wie er waren sie neu in dem Geschäft. Aber irgendwie konnte er sich trotzdem nicht als Sklave sehen. Es war alles ein gewaltiges Missverständnis.
Eine Weile hatte er auf die Geräusche gelauscht, auf das Murmeln der Menge, auf die Stimmen, die sich über den Lärm erhoben. Aber niemand war zu ihnen gekommen, bis auf einen einzelnen Wachtposten, der teilnahmslos seine Runden drehte.
Er räusperte sich. Niemand sah ihn an. Trotzdem sprach er.
»Warum kommen keine Käufer? Vor den anderen Käfigen gehen
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