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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dann gab es keinen Grund, sich mit dem weinerlichen Waschlappen abzugeben. Kyle war in zwei Schritten bei Wintrow, packte ihn am Kragen seines Hemdes und riss ihn auf die Füße. »Ich sollte dich an diese verdammte Seeschlange verfüttern!«, schrie er den Jungen an, der schlaff in seinem Griff hing.
    Wintrow sah erschrocken hoch und erwiderte den Blick seines Vaters. Er sagte nichts, sondern krampfte nur eigensinnig die Kiefer zusammen.
    Kyle holte aus und als Wintrow sich nicht duckte, schlug er seinem Sohn mit voller Wucht ins Gesicht. Er fühlte den Schlag in seinen eigenen Fingern brennen, als sie auf der tätowierten Wange des Jungen landeten. Der Junge flog zurück. Seine Füße verfingen sich in den Fesseln, und er stürzte hart auf die Planken. Reglos blieb er liegen, wo er hingefallen war, und seine trotzige Haltung seinem Vater gegenüber zeigte sich in seinem mangelnden Widerstand.
    »Verdammt sollst du sein, verdammt!«, brüllte Kyle Wintrow an und stürzte sich auf den Jungen. Er wollte ihn über die Bordwand heben und ihn hinunterfallen lassen. Es war zwar nicht die perfekte Lösung, aber wenigstens ein männliches Verhalten. Niemand würde ihm die Schuld geben. Der Junge war eine Schande, und außerdem brachte er Unglück. Er sollte sich dieses jammernden Priesters entledigen, bevor Wintrow ihm noch mehr Schmach bereiten konnte.
    Neben dem Schiff tauchte plötzlich ein totenblasser Schädel mit erwartungsvoll aufgerissenem Maul aus dem Wasser auf.
    Dieser scharlachrote Rachen war schockierend, genauso wie die roten Augen, die so hoffnungsvoll glitzerten.
    Sie war groß, viel größer, als Kyle zunächst gedacht hatte. Sie hielt mit Leichtigkeit mit der Viviace Schritt, selbst wenn sie mit einem großen Teil ihres Körpers aus dem Wasser ragte. Sie wartete auf ihre Mahlzeit.

    Das Knäuel war dem Versorger zu einem Ort gefolgt, in dem Shreeva jetzt einen ihrer Ruheplätze erkannte. Plötzlich bog sich Maulkin in eine enge Schleife und schoss davon. Er fegte durch die Fülle, als jage er einer Beute hinterher, aber Shreeva konnte nichts erkennen, was eine Verfolgung gelohnt hätte.
    »Folgt ihm«, trompetete sie den anderen zu und schwamm hinter ihm her. Sessurea war nicht weit hinter ihr. Doch kurz darauf merkte sie, dass die anderen aus dem Knäuel der Aufforderung nicht nachgekommen waren. Sie waren bei dem Versorger geblieben und dachten nur an ihre vollen Bäuche und an die Freuden des Wachsens, Häutens und Weiterwachsens. Sie dachte nicht länger an ihren Verrat und verdoppelte ihre Anstrengungen, Maulkin zu überholen.
    Aber es gelang ihr nur, ihn einzuholen, weil er unvermittelt innehielt. Seine ganze gespannte Haltung strahlte seine Faszination aus. Sein Maul war weit aufgerissen und die Kiemen pumpten, während er nach vorn starrte.
    »Was ist da?«, wollte sie wissen und bemerkte dann den schwachen Geschmack im Wasser. Shreeva wusste nicht, was es war, das sie da schmeckte, nur dass dieser Geschmack die Erfüllung eines Versprechens verhieß. Sie sah, dass sich Sessurea zu ihnen gesellte. Seine weit aufgerissenen Augen zeigten, dass auch er den Geschmack wahrnahm.
    »Was ist da?«, wiederholte er ihre Frage.
    »Es ist ›Die, die sich erinnert‹«, antwortete Maulkin. Seine Stimme klang ehrfürchtig und bewundernd. »Kommt, wir müssen sie suchen.«
    Er schien nicht zu bemerken, dass nur noch zwei Getreue seines Knäuels ihm folgten. Er dachte nur an den schwebenden Duft, der sich aufzulösen drohte, bevor er ihm zu seiner Quelle folgen konnte. Mit einer Geschwindigkeit und Kraft, dass Shreeva und Sessurea kaum zu folgen vermochten, schoss er davon. Sie hasteten verzweifelt hinter ihm her und bemühten sich, seine glänzenden falschen Augen nicht aus dem Blick zu verlieren, während er durch das trübe Wasser fegte.
    Der Duft wurde stärker, als sie ihm folgten, und hätte ihre Sinne beinahe überwältigt.
    Als sie Maulkin einholten, schwamm er in respektvollem Abstand zu einer Versorgerin, deren silbriger Rumpf durch die Fülle schimmerte. Ihr Duft lag schwer im Wasser und sättigte sie mit ihrer Süße. Es war ein Duft, der Hoffnung enthielt, Freude, aber am deutlichsten konnten sie das Versprechen auf Erinnerungen wahrnehmen. Erinnerungen, die sie alle teilen würden, Wissen und Weisheit für die, die fragten. Trotzdem hielt Maulkin Abstand und stellte keine Frage.
    »Irgendetwas stimmt nicht«, stieß er ruhig hervor. Seine Augen waren unergründlich. Ein Schimmer von Farbe lief kurz

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