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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bord nehmen, sie nach Chalced bringen und sie dort mit Profit verkaufen. Damit hatte er seiner Familie Wohlstand beschert und seinem Namen Ehre gemacht. Er führte die Mannschaft gut und hielt das Schiff in Schuss. Sie hätte eigentlich großartig segeln müssen. Und Wintrow hätte ein starker Sohn sein sollen, der in seine Fußstapfen trat, ein Sohn, der dem stolzen Traum nacheiferte, eines Tages das Ruder seines eigenen Zauberschiffes übernehmen zu können.
    Stattdessen hatte Wintrow bereits mit vierzehn Jahren zwei Sklaventätowierungen auf seinem Gesicht. Und die größere war das Ergebnis von Kyles impulsiver und wütender Reaktion auf einen scherzhaften Vorschlag von Torg. Er wünschte bei Sa, dass an diesem Tag Gantry bei ihm gewesen wäre, und nicht Torg. Gantry hätte es ihm ausgeredet. Torg dagegen hatte sofort bereitwilligst gehorcht, und zwar zu Kyles unausgesprochenem Bedauern. Wenn er es ungeschehen machen könnte…
    Eine Bewegung an Steuerbord erregte seine Aufmerksamkeit.
    Diese verdammte Seeschlange, die durch die Fluten glitt und ihn beobachtete. Es war eine weiße Seeschlange, die noch hässlicher war als ein Krötenbauch und ihrem Kielwasser folgte. Sie schien keine große Bedrohung zu sein. Nach den wenigen Blicken zu urteilen, die er auf sie hatte werfen können, war das Ding alt und fett. Aber die Mannschaft mochte sie nicht, und das Schiff mochte sie auch nicht. Und wenn er sie jetzt so richtig betrachtete, fiel ihm auf, wie wenig er sie mochte. Sie starrte ihn an und erwiderte seinen Blick, als wäre sie keineswegs ein Tier.
    Sie sah aus wie ein Mensch, der versuchte, seine Gedanken zu lesen.
    Er verließ die Brücke, um diesem Anblick zu entgehen, und ging aufgeregt zum Bug. Aber er konnte seinen besorgten Gedanken nicht entkommen. Sie folgten ihm dorthin.
    Dieses verdammte Schiff stank, und zwar viel schlimmer, als Torg es angekündigt hatte. Es stank widerlicher als ein Leichenhaus. Sie hatten bereits drei Tote über Bord werfen müssen, von denen eine anscheinend durch ihre eigene Hand gestorben war. Sie hatten sie rücklings in ihren Ketten gefunden. Sie hatte sich Streifen ihres Kittels abgerissen und in den Mund gestopft, bis sie daran erstickt war. Wie konnte sich jemand so etwas Dummes antun? Es hatte einige Matrosen erschüttert, obwohl niemand von ihnen offen darüber sprach.
    Er sah wieder nach Steuerbord. Diese verdammte Seeschlange schwamm neben ihm her und glotzte ihn die ganze Zeit an. Kyle wandte den Blick ab.
    Irgendwie erinnerte sie ihn an die Tätowierung auf dem Gesicht des Jungen. Man konnte ihr genauso wenig entrinnen.
    Er hätte es nicht tun sollen. Auch wenn er es bereute, konnte er jetzt nichts mehr daran ändern. Außerdem würde es ihm niemals vergeben werden, also hatte es auch keinen Sinn, sich zu entschuldigen. Weder bei dem Jungen noch bei seiner Mutter.
    Sie würden ihn bis ans Ende seiner Tage dafür hassen. Es spielte keine Rolle, dass es dem Jungen nicht weh getan hatte.
    Schließlich hatte er ihn nicht geblendet oder ihm eine Hand abgeschnitten.
    Es war nur ein Mal. Viele Seeleute schmückten sich mit Tätowierungen ihres Schiffes oder der Galionsfigur ihres Schiffes. Zwar nicht im Gesicht, aber es war im Prinzip dasselbe.
    Trotzdem würde Keffria einen Wutanfall bekommen, wenn sie es sah. Jedesmal, wenn er Wintrow betrachtete, konnte er sich nur das entsetzte Gesicht seiner Frau vorstellen. Jetzt konnte er sich nicht einmal darauf freuen, nach Hause zu kommen. Ganz gleich, wieviel Geld er mitbrachte, sie würden nur diese Schiffstätowierung auf dem Gesicht des Jungen sehen.
    Neben dem Schiff hob die Seeschlange ihren Kopf aus den Fluten und betrachtete ihn wissend.
    Kyle hatte in seiner Wut das ganze Schiff durchquert und stand jetzt auf dem Vordeck. Sein Sohn kauerte dort. Es beschämte Kyle, dass diese Kreatur sein ältester Sohn sein sollte. Dies hier war sein Erbe! Es war der Junge, von dem er sich vorgestellt hatte, dass er eines Tages das Ruder übernehmen würde. Es war einfach zu schade, dass Malta eine Frau war. Sie würde eine weit bessere Erbin abgeben als Wintrow.
    Plötzlich flammte heißer Zorn in ihm auf und klärte seine Gedanken. Es war alles Wintrows Schuld. Das begriff er jetzt.
    Er hatte den Jungen an Bord geholt, um das Schiff zufrieden zu stellen, damit sie vernünftig segelte. Und der kleine Priester hatte nur dafür gesorgt, dass sie zickig und gereizt wurde. Nun, wenn sie mit Wintrow an Bord nicht vernünftig segeln wollte,

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