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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kartenvisagen.«
    Er klang ärgerlich, als wäre es Wintrows Schuld.
    »Eine Ratte hat ihn gebissen. Der Mann, der an ihn gekettet ist, glaubt, dass das Fieber dadurch ausgebrochen sein könnte.«
    Wintrow zögerte. »Vielleicht sollten wir ihn sicherheitshalber von den anderen trennen.«
    Gantry schnaubte verächtlich. »Du willst mir nur Angst machen, damit ich tue, was du willst.«
    Wintrow sah ihn unbewegt an. »Könnt Ihr mir einen vernünftigen Grund nennen, warum dieser arme Kerl nicht an Deck sterben soll?«
    »Ich habe keine Leute, um ihn jetzt hochzuschleppen. Wir haben schwere See, und ein Sturm braut sich zusammen. Ich will meine Wache an Deck haben, falls ich sie brauche. Wir haben ein schwieriges Stück Kanal vor uns, und wenn ein Sturm losbricht, müssen alle auf ihren Posten sein.«
    »Wenn Ihr mir den Schlüssel gebt, bringe ich ihn selbst an Deck.«
    »Du kannst nicht allein einen Mann aus dem vorderen Laderaum an Deck bringen.«
    »Ich lasse mir von einem anderen Sklaven helfen.«
    Gantry wurde ungeduldig. »Wintrow…«
    »Bitte«, mischte sich Viviace leise ein. »Bitte, bring den Mann hoch.«
    Gantry wusste nicht genau, warum er nicht nachgeben wollte.
    Es war nur eine kleine Geste der Barmherzigkeit, aber er wollte es nicht tun. Warum nicht? Nun, die Antwort war einfach. Wenn dieses Mitleid einem Sterbenden gegenüber richtig war, dann…
    Er schob den Gedanken beiseite. Er war Maat auf diesem Schiff, und er hatte einen Job zu erledigen. Und der beinhaltete, das Schiff so zu führen, wie sein Kapitän es für richtig hielt. Es stand ihm nicht zu, das alles in Frage zu stellen. Selbst wenn er diesen Gedanken hatte, selbst wenn er laut sagte: »Das ist falsch!«, was konnte ein Mann allein schon daran ändern?
    »Du hast gesagt, wenn du etwas für mich tun könntest, dann sollte ich es dir sagen«, erinnerte sie ihn.
    Gantry sah zum nächtlichen Himmel empor. Er war wolkenverhangen. Wenn Viviace jetzt beschloss, widerspenstig zu sein, konnte sie ihre Arbeit in diesem Sturm doppelt schwierig machen. Er wollte sie jetzt nicht reizen.
    »Wenn die See noch aufgewühlter wird, dann wird Wasser über das Deck schwappen«, warnte er sie beide.
    »Ich glaube nicht, dass ihn das noch stört«, erwiderte Wintrow.
    »Sa!«, stieß Gantry gereizt hervor. »Ich kann dir meine Schlüssel nicht geben, Junge, und auch nicht die Erlaubnis, einen Sklaven an Deck zu bringen. Komm mit. Wenn es nötig ist, das Schiff glücklich zu machen, dann mache ich es selbst.
    Aber wir müssen uns beeilen, damit wir es schnell hinter uns haben!«
    Er hob die Stimme. »Comfrey! Halt die Augen auf, ich gehe nach unten. Und ruf, wenn du mich brauchst!«
    »Aye, Sir!«
    »Geh voraus«, befahl er Wintrow gereizt. »Wenn es Fieber im vorderen Laderaum gibt, sollte ich besser nachsehen!«

    Wintrow schwieg, während er voranging. Nachdem er Gantry sein Anliegen vorgebracht hatte, wusste er nicht, was er dem Mann noch sagen sollte. Ihm war der Unterschied zwischen ihnen schmerzlich bewusst. Gantry war die rechte Hand seines Vaters und sein Vertrauter, und zwischen ihm und Wintrow, dem Sklaven und entehrten Sohn, klaffte ein ganzes Universum.
    Als er in den überfüllten Laderaum ging, hatte er das Gefühl, als führe er einen Fremden in seinen privaten Alptraum.
    Gantry hatte ihm die Laterne gegeben. Ihr helleres Licht zeigte Wintrow weit deutlicher als die schwache Kerze, an was er sich mittlerweile gewöhnt hatte. Ihr Schein vergrößerte den Kreis des Elends und machte das Ausmaß an Schmutz und Entwürdigung deutlicher. Wintrow atmete flach. Diese Fertigkeit hatte er sich schnell angeeignet. Er hörte, wie Gantry hinter ihm hustete und keuchte, und einmal glaubte er, der Maat würde gleich ersticken.
    Er drehte sich jedoch nicht um. Als Erster Maat hatte Gantry diese Laderäume in der letzten Zeit sicher nicht aufgesucht. Er konnte anderen befehlen, das zu tun. Und Wintrow bezweifelte, dass sein Vater diese Laderäume überhaupt einmal betreten hatte, seit sie Jamaillia-Stadt verlassen hatten.
    Als sie sich dem Sterbenden näherten, mussten sie sich ducken.
    Die Sklaven lagen so eng zusammengepresst, dass es unvermeidlich war, auf sie zu treten. Sie bewegten sich im Licht der Laterne und flüsterten miteinander. »Hier ist er«, sagte Wintrow. Zu dem Priester neben ihm sagte er: »Das ist Gantry, der Erste Maat. Er erlaubt mir, deinen Freund an Deck zu bringen.«
    Der Sklave setzte sich auf und blinzelte in dem hellen Licht von

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