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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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keine Antwort darauf. Wenn er Gantrys Leben hätte retten können, indem er die Kette wieder befestigte, hätte er das getan? Wenn er damit gleichzeitig all diese Menschen zu einem Leben in Sklaverei verurteilt hätte? Hätte er es wirklich getan? Auf diese Fragen gab es keine Antworten. Er starrte auf Gantrys unbewegtes Gesicht. Vermutlich hätte auch der Maat auf diese Fragen keine Antwort gewusst.
    Der Priester eilte schnell durch den Laderaum und schloss andere Ketten auf. Das Murmeln der Sklaven schien in dem Sturm zu verschwinden, der das Schiff trieb. »Such in den Taschen des Mistkerls nach dem Schlüssel für diese Ketten hier«, flüsterte jemand Wintrow zu, aber der reagierte nicht. Er konnte sich nicht rühren. Er sah erstaunt zu, wie zwei Sklaven die Taschen des Maats durchwühlten. Sie fanden zwar keine Schlüssel, aber Gantrys Messer und andere kleine Habseligkeiten wurden sofort einbehalten. Ein Sklave spie im Vorbeigehen auf den Toten. Wintrow konnte nur dastehen und starren, die Laterne hoch erhoben in der Hand.
    Der Priester sprach leise zu den Menschen um ihn herum. »Wir sind noch lange nicht frei, aber wir können es schaffen, wenn wir es vorsichtig angehen. Macht vor allem keinen Lärm.
    Verhaltet euch ruhig! Wir müssen so viele wie möglich von uns befreien, bevor jemand an Deck es bemerkt. Wir sind ihnen zahlenmäßig überlegen, aber unsere Ketten und unsere geschwächten Körper sprechen gegen uns. Auf der anderen Seite wird der Sturm uns vielleicht retten. Vielleicht beschäftigt er sie so lange, bis es zu spät für sie ist.«
    Der Priester sah Wintrow an und lächelte hart. »Komm, Junge, und halt mir die Laterne. Wir müssen Sas Arbeit tun.«
    Zu den anderen sagte er leise »Wir müssen euch jetzt im Dunkeln zurücklassen, während wir die anderen befreien. Seid geduldig.
    Seid mutig. Betet. Und denkt daran, wenn ihr euch zu früh bewegt, stürzt ihr uns alle in den Untergang, und das Werk dieses tapferen Jungen war umsonst.«
    Er wandte sich an Wintrow. »Geh voraus. Wir müssen sie alle befreien, einen Frachtraum nach dem nächsten. Und dann werden wir die Mannschaft überraschen. Das ist unsere einzige Chance.«
    Wie betäubt ging Wintrow voran. Über sich hörte er die ersten Regentropfen auf das Deck der Viviace klatschen. Und der Sturm, der sich schon seit langem zusammengebraut hatte, innerhalb und außerhalb der Viviace , stürzte sich jetzt auf das Schiff.

    »Das Wetter ist mir egal. Ich will das Schiff!«
    »Aye, Sir.«
    Sorcor schien weitersprechen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Verfolgen wir sie.«
    Kennit stand auf dem Mittschiff und starrte auf das Meer hinaus. Er hielt sich mit beiden Händen an der Reling fest wie eine Landratte. Vor ihnen glitzerte die silbrige Hülle eines Zauberschiffs, als es durch die Wellen pflügte. Es schien ihnen aus der Nacht zuzuwinken. Er sprach weiter, ohne seinen Blick davon abzuwenden. »Ich habe ein besonderes Gefühl bei dem hier. Ich glaube, es ist reif für uns.«
    Der Bug der Marietta bohrte sich tiefer in eine Woge. Die Gischt spritzte hoch und durchnässte sie alle. Das eiskalte Wasser fühlte sich gut auf seinem überhitzten Körper an, aber allein dieser Guss hätte ihn beinahe umgeworfen. Er schaffte es, sich festzuhalten und auf seinem gesunden Bein stehen zu bleiben. Das Schiff senkte sich, als es den Scheitelpunkt der Woge überschritt, und Kennit wäre beinahe umgefallen. Seine Krücke segelte über das Deck, als die nächste Welle durch die Speigatts ablief. Er konnte kaum noch aufrecht stehen und klammerte sich an der Reling fest.
    »Verdammt, Sorcor, trimm sie gerade!«, schrie er, um seine Schande zu überdecken.
    Er bezweifelte, dass der Mann ihn hörte. Sorcor stand schon nicht mehr an seiner Seite, sondern schrie den Matrosen Befehle zu, während er auf dem Weg zum Ruder war.
    »Lasst mich Euch zu Eurer Kajüte zurückbringen«, sagte die stets gegenwärtige Hure. Er hatte es ihr gerade befehlen wollen.
    Jetzt konnte er es natürlich nicht mehr tun. Er musste warten, bis sie glaubte, es wäre seine Idee, oder bis er auf einen guten Grund kam, warum er dorthin gehen sollte. Verdammt! Sein unversehrtes Bein tat langsam weh, und das verletzte baumelte herunter. Es war einfach nur ein heißes Gewicht aus Schmerzen.
    »Hol meine Krücke!«, befahl er. Es gefiel ihm, wie sie über das nasse Deck rannte. Gleichzeitig bemerkte er, dass sie mittlerweile eindeutig Seemannsbeine hatte. Nichts mehr an ihr war

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