Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
Mild wie eine Puppe zusammensackte, hob er ihn auf und warf ihn sich über die Schulter. Die beiden anderen Seeleute von der Mannschaft der Viviace trotteten hinterher. Keiner von ihnen würdigte Wintrow auch nur eines Blickes.
»Es war nicht meine Schuld!«, verkündete Wintrow laut. Aber irgendwie fragte er sich, ob das wirklich stimmte.
»O doch«, meinte Torg nachdrücklich. »Du wusstest, dass er voller Cindin war. Er hätte nicht mit dem Bären kämpfen dürfen, aber er musste es tun, weil du zu feige warst. Na ja…«
Torg grinste mit Genugtuung. »Jetzt wissen wenigstens alle, was du bist, Junge. Vorher war ich der einzige, der wusste, was für ein armseliger Feigling du bist.«
Torg spie auf die staubige Straße und ließ ihn stehen.
Eine Weile blieb Wintrow allein stehen und betrachtete die umgefallenen Ecken des Rings. Er wusste, dass er das Richtige getan und die richtigen Entscheidungen getroffen hatte. Aber trotzdem erfüllte ihn das schreckliche Gefühl, eine Chance vertan zu haben. Vermutlich hatte er seine Gelegenheit verpasst, als ein Teil der Mannschaft der Viviace akzeptiert zu werden. Als Mann unter Männern zu gelten. Er sah zur untergehenden Sonne hinauf und beeilte sich, die Männer einzuholen, die ihn jetzt verachteten.
2. Kennits Konkubinen
Der Herbstregen hatte Divvytown beinah sauber gewaschen. Die Lagune war höher und die Kanäle tiefer, als die Marietta ihren Heimathafen anlief. Die Herzen der Besatzung schlugen höher als je zuvor. Es hatte nichts damit zu tun, dass die Laderäume diesmal voller waren. Es war zwar ein beträchtlicher Fang gewesen, aber sie hatten früher schon viel reichere Beute gemacht.
»Es liegt daran, dass wir jetzt jemand sind, wenn wir einen Hafen anlaufen. Die Leute kennen uns und kommen zu den Docks, um uns willkommen zu heißen. Habe ich euch schon gesagt, dass Mistress Ramp uns in Littleport ihr ganzes Haus zur Verfügung gestellt hat? Für eine ganze Freiwache! Und sie hat den Mädchen nicht erzählen müssen, es für uns zu machen.
Sie waren dazu bereit, bei Sa. Alles, was wir wollten…«
Sorcors Stimme brach vor Verwunderung über ihr Glück.
Kennit unterdrückte einen Seufzer. Er hatte die Geschichte ja erst zwanzigmal gehört. »All diese Krankheiten für umsonst«, sagte er leise, aber Sorcor begriff seine Worte als Spaß und grinste seinen Kapitän stolz an. Kennit drehte den Kopf und spie über die Reling. Als er sich wieder an Sorcor wandte, gelang es ihm, ihn anzulächeln. »Warne die Männer und sag ihnen, dass nur wenig Propheten in ihrem eigenen Land wohlgelitten waren.«
Sorcor runzelte verwirrt die Stirn.
Kennit unterdrückte erneut einen Seufzer. »Ich meine, dass andere Menschen woanders die Tatsache, dass wir Sklaven befreien, sie zu Piraten machen und mit einem Teil unseres Territoriums belohnen, vielleicht als Akt der Menschenfreundlichkeit betrachten. Aber hier sehen uns wahrscheinlich einige eher als lästige Konkurrenz. Und sie werden es als ihre Pflicht ansehen, unserem Ehrgeiz einen Dämpfer zu verpassen.«
»Ihr meint, sie werden vielleicht eifersüchtig sein und uns die Hucke vollhauen, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen.«
Kennit dachte einen Augenblick darüber nach. »Genau.«
Sorcors vernarbtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
»Aber Käpt’n, genau darauf warten die Männer ja. Dass sie versuchen, uns in die Schranken zu weisen.«
»Ah.«
»Und, Käpt’n?«
»Ja, Sorcor?«
»Die Männer haben eine Abstimmung durchgeführt, Sir. Und die, die nicht zugestimmt haben, wurden überredet, ihre Meinung zu ändern. Alle werden diesmal nur einen Vorschuss nehmen, Sir, und Euch die ganze Ladung verkaufen lassen.«
Sorcor kratzte sich heftig an der Wange. »Ich habe ihnen vorgeschlagen, sie sollten Divvytown wissen lassen, dass sie alle an ihren Kapitän glauben. Allerdings waren nicht alle bereit zuzustimmen, dass sie es immer so machen würden. Aber diesmal, nun, diesmal ist es Euer Wurf.«
»Sorcor!«, rief Kennit, und sein Lächeln wurde breiter. »Das hast du gut gemacht!«
»Danke, Sir. Ich dachte mir, dass es Euch gefällt.«
Die beiden Männer blieben noch eine Weile an der Reling stehen und beobachteten, wie der Strand allmählich näher kam.
Der Regen der letzten Tage hatte die letzten braunen Blätter von den Laubbäumen gepeitscht, von denen es sowieso nicht sehr viele gab. Dunkle Nadelhölzer waren die vorherrschenden Bäume auf den Hügeln über und um Divvytown. Dichter am Wasser
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