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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Malta es pure Verschwendung, den schönen Stoff einfach nur darin liegen und verbleichen zu lassen. Außerdem konnte sie mehr Geld für eine wirklich gute Schneiderin ausgeben, wenn sie diesen Stoff benutzte. Sie war nur sparsam. Hatte ihr Vater ihr nicht immer gesagt, dass dies ein guter Charakterzug an einer Frau wäre?
    Von Delo Trell bekam Malta den Namen einer guten Schneiderin. Es beschämte sie, ihre Freundin fragen zu müssen, aber selbst auf diesem wichtigen Gebiet waren ihre Mutter und ihre Großmutter so altmodisch. Fast alle ihre Kleider waren zu Hause gemacht worden. Nana nahm Maß, passte sie an und nähte sie, und manchmal halfen Mama und Großmutter ihr sogar dabei. Deshalb hatten sie natürlich nie etwas, das dem letzten Schrei in Jamaillia entsprach. Nein. Sicher, sie sahen etwas auf dem Ball oder der Präsentation, das ihnen gefiel, und dann kopierten sie es für das nächste Kleid, das sie in Heimarbeit anfertigten. Aber das war es eben immer: eine Kopie. Niemand war jemals erstaunt darüber, was die Vestrit-Frauen bei einem gesellschaftlichen Anlass trugen. Niemand tratschte, niemand tuschelte neidisch. Sie waren viel zu respektierlich. Und zu langweilig.
    Nun, Malta hatte nicht die Absicht, genauso gesetzt wie ihre matronenhafte Mutter zu werden – oder so männlich wie die wilde Tante Althea. Stattdessen wollte sie geheimnisvoll und magisch sein, scheu, unterwürfig und trotzdem gewagt und extravagant. Es war schwer gewesen, das der Schneiderin zu erklären. Sie war eine enttäuschend alte Frau, die mit der Zunge schnalzte, als Malta ihr den grünen Stoff brachte. »Gelb«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Du wirst gelblich aussehen. Pink, rot und orange. Das sind deine Farben.«
    Ihr starker Durja-Akzent ließ es wie eine Verkündigung klingen. Malta schmollte und sagte nichts. Ihr Vater war ein Händler, der die weite Welt gesehen hatte. Sicher wusste er, welche Farben an einer Frau am besten aussahen.
    Dann fing Fayla an Maß zu nehmen und murmelte dabei die ganze Zeit mit einem Mund voller Stecknadeln. Sie schnitt Papierproben aus und hängte sie über Malta und achtete überhaupt nicht darauf, als diese protestierte, dass ihr Kragen zu hoch war und der Rock zu kurz. Als Malta zum dritten Mal protestierte, spie Fayla Gart die Nadeln aus dem Mund in ihre Hand und sah sie finster an. »Willst du wie ein Flittchen aussehen? Ein gelbliches Flittchen?«
    Malta schüttelte schweigend den Kopf, als sie versuchte, sich daran zu erinnern, was für eine Blume ein Flittchen war und wie es wohl aussah.
    »Dann hör mir zu. Ich nähe dir ein nettes Kleid, ein hübsches Kleidchen. Eines, für das deine Mama und dein Papa nur allzugern bezahlen. Einverstanden?«
    »Aber… Ich habe das Geld mitgebracht. Mein eigenes Geld.
    Und ich will ein richtiges Kleid für eine Frau, kein Kleidchen.«
    Mit jedem Wort wurde Malta kühner.
    Fayla Gart stand langsam auf und rieb sich den Rücken. »Das Kleid einer Frau? Nun, wer soll dieses Kleid tragen: du oder eine Frau?«
    »Ich.«
    Malta riss sich zusammen, damit ihre Stimme entschlossen klang.
    Fayla kratzte sich am Kinn. Aus einem warzig wirkenden Leberfleck wuchs ein langes, schwarzes Haar. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. »Nein. Du bist noch zu jung. Du wirst nur albern aussehen. Hör auf mich. Ich mache dir ein hübsches Kleid. Kein anderes Mädchen wird so eines haben; sie werden alle dastehen und an Mamas Röcken ziehen und über dich tuscheln.«
    Ohne Warnung riss Malta das Papier von sich ab. »Ich bin nicht so eifrig darauf bedacht, dass mich die Mädchen angaffen«, sagte sie hochmütig. »Guten Tag.«
    Sie schnappte sich ihre grüne Seide und verließ das Geschäft.
    Dann ging sie die Straße hinunter und suchte sich selbst eine Schneiderin, eine, die auf sie hören würde. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, ob Delo Trell sie absichtlich zu dieser schrecklichen alten Frau geschickt hatte. Ob Delo heimlich glaubte, dass Malta immer noch in diese gestärkten Kleidchen von kleinen Mädchen gehörte? In letzter Zeit tat Delo immer ungeheuer wichtig und hatte nebenbei angedeutet, dass es jetzt viele Dinge in ihrem Leben gab, die Malta, die junge kleine Malta, einfach nicht verstehen konnte. Als ob sie nicht Spielkameraden gewesen wären, seit sie laufen konnten!
    Die junge Schneiderin, für die sich Malta entschied, trug ihre eigenen Kleider wie Seidenschals. Sie schmiegten sich an ihre Beine und gleichzeitig enthüllten sie sie. Die Frau

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