Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
der ritt und jagte und gutaussehende Freunde hatte. Und nicht so einen dummen Wintrow, mit seiner sackartigen braunen Kutte und seinem bartlosen Kinn! Sie folgte Roed mit ihrem Blick und bemerkte, wie er plötzlich mit einer tiefen, höflichen Verbeugung einer jungen Frau den Vortritt in die Halle ließ. Deren Ehemann schien über diese Galanterie nicht übermäßig erbaut zu sein.
Dann fuhr eine weitere Kutsche vor. Es war die der Familie Trentor, wie das Wappen an der Tür verkündete. Die weißen Pferde hatten Schmuckfedern auf ihrem Kopfgeschirr. Malta beobachtete, wie die Familie ausstieg. Die Eltern trugen ein gedecktes Taubengrau. Ihnen folgten drei Schwestern, alle unverheiratet. Sie trugen verschiedene Schattierungen von Goldrot und hielten sich an den Händen, als fürchteten sie, dass ein Mann solche frommen Schwestern trennen könnte. Malta schnaubte verächtlich über soviel Furchtsamkeit. Krion kam als Letzter. Er trug Grau, wie sein Vater. Aber der Schal, den er um den Hals gelegt hatte, leuchtete in einem tieferen Gold als das der Gewänder seiner Schwestern. Über die Hände hatte er weiße Handschuhe gestreift. Krion trug immer Handschuhe, um die schrecklichen Narben zu verbergen, die er hatte, seit er als Kind in ein Feuer gestolpert war. Er schämte sich seiner Hände und war auch sehr bescheiden, was die Poesie anging, die er schrieb.
Er las sie niemals selbst laut vor, sondern überließ es seinen frommen Schwestern. Sein Haar war kupferrot, und als Junge hatte er unglaublich viele Sommersprossen gehabt. Seine Augen waren grün. Delo hatte Malta anvertraut, dass sie wohl in ihn verliebt war. Eines Tages, so hoffte sie, würde sie diejenige sein, die vor ausgesuchten Freunden stand und seine letzten Gedichte laut vorlesen durfte. Was für ein sanfter Geist, hatte Delo gehaucht und dann geseufzt.
Malta beobachtete, wie er die Stufen hochstieg, und seufzte selbst. Sie sehnte sich danach, verliebt zu sein. Sie sehnte sich danach, mehr von Männern zu erfahren, wissend von dem oder jenem reden zu können, bei einem Namen zu erröten oder streng beim Glanz von dunklen Augen zu blicken. Ihre Mutter irrte sich, wenn sie glaubte, es wäre noch Zeit genug, sie könnte noch abwarten, bis sie eine Frau wäre. Sie hatte nicht viele Jahre, in denen sie eine Frau sein konnte, die eine Wahl hatte. Allzubald heirateten die Frauen und wurden fett, nachdem sie ihre Kinder bekommen hatten. Malta träumte nicht von einem soliden Ehemann und einer ständig gefüllten Wiege. Sie hungerte nach dem hier, nach Nächten im Schatten. Es war der Hunger nach der Aufmerksamkeit der Männer, die nicht den Anspruch erheben konnten, sie zu besitzen.
Nun, nichts davon würde passieren, solange sie hier im Schatten blieb. Entschlossen ließ sie den Mantel von den Schultern gleiten. Sie rollte ihn zusammen und warf ihn unter einen Busch, um ihn später abzuholen. Fast wünschte sie sich, dass ihre Mutter und Großmutter hier wären, dass sie in einer Kutsche angekommen wäre, sicher sein konnte, dass ihr Haar nicht durcheinander war, dass die Farbe auf ihren Lippen immer noch ordentlich und frisch war. Einen Augenblick stellte sie sich vor, wie sie hier gemeinsam angekommen wären. Ihr gutaussehender Vater hätte sie an seinem Arm auf den Ball eskortiert. Aber bei dieser Vorstellung drängte sich ihr das Bild auf, wie der verlegene, kleine Wintrow in seiner braunen Priesterrobe hinter ihnen hertrottete und ihre Mutter in einem steifen, bescheidenen Kleid nebenherschritt. Malta zuckte zusammen. Sie schämte sich nicht ihrer Familie. Sie hätte es sogar genossen, wenn sie hier gewesen wären, wenn sie nur wüssten, wie man sich ordentlich benahm und gut anzog. Hatte sie ihre Mutter nicht immer wieder gefragt, ob sie dieses Jahr auf den Ball gehen würde? Nun, sie hatten es ihr verweigert. Wenn sie in das Leben als Frau eintreten wollte, musste Malta es allein tun. Und sie würde tapfer sein, nur einen Hauch von Tragödie und Einsamkeit auf ihrer Miene zeigen. Oh, heute Abend wollte sie fröhlich sein, lachen und charmant sein, aber in einem unbeobachteten Moment würde vielleicht ein wissendes Auge sie betrachten und die Vernachlässigung erkennen, die sie zu Hause erdulden musste. Von ihrer Familie ignoriert und übergangen. Sie holte tief Luft und ging auf das Licht der Fackeln und die breiten, einladenden Türen zu.
Die Pferde zogen die Kutsche der Trentor-Familie weg. Eine andere hielt an ihrer Stelle. Es ist die der Trells,
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