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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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auch schon gewesen seid, vermute ich. Die Schiffe, die ich dort gesehen habe, waren eindeutig lebendig, waren eindeutig Individuen, Mingsley. Ihr könnt Euch gern selbst belügen und Euch alles einreden, was Ihr wollt. Aber erwartet nicht, dass ich Eure Vorwände und Halbwahrheiten als Gründe akzeptieren würde, für Euch zu arbeiten. Nein. Es hat mich fasziniert, als Ihr mir erzähltet, dass hier ein totes Zauberschiff liegt, dessen Hexenholz gerettet werden könnte. Aber selbst das war eine Lüge. Es ist zwecklos, dass ich hier noch länger mit Euch im Regen stehe. Ich bin zu der Einsicht gelangt, dass dies hier falsch ist. Ich werde es nicht tun.«
    Paragon hörte, wie sie wegging und wie Mingsley hinter ihr herrief: »Ihr seid dumm! Ihr schlagt damit mehr Geld aus, als Ihr Euch überhaupt vorstellen könnt.«
    Sie blieb stehen, und Paragon lauschte angestrengt. Würde sie zurückkommen? Aber nur ihre Stimme drang durch den Regen zu ihm. Sie sprach nicht übermäßig laut, aber sie war sehr gut zu verstehen. »Irgendwie«, meinte sie kalt, »habt Ihr profitabel und nicht profitabel mit richtig und falsch durcheinander gebracht, Mingsley. Ich jedoch habe diese Schwierigkeit nicht.«
    Dann hörte er, wie sie endgültig davonging. Ihre Schritte waren die eines wütenden Mannes. Der Regen verstärkte sich noch, und die Tropfen mussten auf der menschlichen Haut stechen. Er hörte, wie Mingsley bei diesem neuerlichen Regenguss knurrte.
    »Künstlerisches Temperament«, murmelte er spöttisch.
    »Sie wird zurückkommen.«
    Er machte eine Pause. »Schiff?«, sagte er dann. »Du, Schiff? Bist du wirklich lebendig?«
    Paragon enthielt sich einer Antwort.
    »Es ist nicht klug, mich zu ignorieren. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich dich besitze. Es liegt in deinem Interesse, mir zu sagen, was ich wissen muss. Bist du von dem Schiff getrennt, oder bist du wirklich ein Teil davon?«
    Paragon erduldete den Regen und antwortete nicht.
    »Würde es dich umbringen, wenn ich dich von dem Schiff losschneide?«, fragte Mingsley leise. »Denn genau das habe ich vor.«
    Die Antwort darauf kannte Paragon nicht. Stattdessen antwortete er: »Warum kommst du nicht nah genug heran, um es zu versuchen?«
    Nach einer Weile hörte er, wie der Mann wegging.
    Er wartete in dem peitschenden Regen. Als sie schließlich sprach, zuckte er nicht zusammen, sondern drehte nur den Kopf in ihre Richtung, damit er sie besser verstehen konnte.
    »Schiff? Schiff, darf ich näher treten?«
    »Mein Name ist Paragon.«
    »Paragon, darf ich näher treten?«
    Er dachte darüber nach. »Willst du mir deinen Namen nicht verraten?«, erwiderte er schließlich.
    Sie zögerte. »Ich werde Amber genannt.«
    »Aber das ist nicht dein Name.«
    »Ich habe schon viele Namen gehabt«, sagte sie nach einer Weile. »Dieser steht mir am besten, hier und jetzt.«
    Sie hätte einfach lügen und mir sagen können, dass es ihr Name ist, dachte Paragon. Aber das hat sie nicht getan. Er streckte die offene Hand in die Richtung, aus der ihre Stimme gekommen war. »Amber.«
    Es war ein Gruß, aber auch eine Herausforderung. Er wusste, wie groß seine Hand im Vergleich zu der eines Menschen war. Wenn sich seine Finger um ihre Hand geschlossen hatten, konnte er ihr mit einem Ruck den Arm aus dem Gelenk reißen. Wenn es ihm gefiel.
    Er lauschte auf ihren Atem, auf den Klang des Regens, der auf den festen Sand des Strandes prasselte. Unvermittelt trat sie zwei Schritte vor und legte ihre behandschuhte Hand in seine. Er schloss seine gewaltigen Finger um sie. »Paragon«, sagte sie atemlos.
    »Warum bist du zurückgekommen?«
    Sie lachte nervös. »Wie Mingsley es ausdrücken würde: Ich bin von dir fasziniert.«
    Als er nicht antwortete, fuhr sie fort: »Ich war immer schon neugieriger als klug. Aber alle Weisheit, die ich in meinem Leben gewonnen habe, entsprang meiner Neugier. Also habe ich nie gelernt, mich davon zu lösen.«
    »Verstehe. Wirst du mir etwas über dich erzählen? Wie du sehen kannst, bin ich blind.«
    »Das sehe ich nur zu gut.«
    Ihre Stimme verriet Mitleid und Bedauern. »Mingsley nannte dich hässlich. Aber wer auch immer deine Stirn und deinen Mund geschnitzt hat, deine Lippen und deine Nase, war ein meisterhafter Holzschnitzer.
    Ich wünschte, ich könnte deine Augen sehen. Was für eine Person zerstört eine solche Kunst?«
    Ihre Worte rührten ihn, aber sie drängten ihn auch zu etwas, an das er sich nicht erinnern konnte und wollte. »Was für

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