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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gehört. Eben noch lächelt sie geziert in Reyns Schleier, aber wenn sie mit ihm tanzt, dann schaut sie über seine Schulter hinweg und klimpert dem jungen Trell zu.« Das Dienstmädchen, das dies berichtete, schnaubte verächtlich. »Sie tanzen beide nach ihrer Pfeife, aber ich wette, dass ihr im Grunde beide egal sind. Sie überlegt sicher nur, wie weit sie bei ihnen gehen kann.«
    Eine Weile hörte Althea amüsiert zu. Dann jedoch brannten ihr die Wangen und die Ohren, als ihr klar wurde, dass die Dienstboten immer so über ihre Familie gesprochen hatten. Sie senkte den Kopf, blickte starr auf ihren Teller und setzte im Kopf langsam das Puzzle zu einem bizarren Bild des momentanen Standes des Familienvermögens der Vestrits zusammen.
    Ihre Mutter gab für Gäste aus der Regenwildnis eine Gesellschaft. Das war schon ungewöhnlich genug, wenn man bedachte, dass ihr Vater die Handelsbeziehungen dorthin vor Jahren gekappt hatte. Ein Regenwild-Händler machte einer jungen Händlerin den Hof. Und die Dienstboten hielten nicht viel von ihr. »Sie würde ihn noch mehr anlächeln, wenn er statt des Schleiers einen Spiegel vor dem Gesicht hätte«, bemerkte einer der Dienstboten kichernd. Und eine andere fügte hinzu: »Ich weiß nicht, wer in ihrer Hochzeitsnacht überraschter sein wird: sie, wenn er den Schleier lüftet und seine Warzen zeigt, oder er, wenn sie ihren schlangenhaften Charakter hinter ihrer hübschen Maske enthüllt.« Althea runzelte die Stirn, als sie überlegte, welche Frau eng genug mit der Vestrit-Familie befreundet sein könnte, dass ihre Mutter ihr zu Ehren eine Gesellschaft gab. Vielleicht hatte eine von Keffrias Freundinnen eine Tochter im heiratsfähigen Alter.
    Eine Küchenmagd nahm ihr den leeren Teller aus den Händen und reichte ihr eine Schüssel mit zwei Zuckerklößen. »Hier. Du kannst auch davon was haben. Wir haben sowieso viel zu viele davon gemacht. Es sind noch drei Tabletts übrig, und die ersten Gäste gehen schon. Es ist nicht nötig, dass ein junger Mann wie du hungrig von hier weggeht.« Sie lächelte ihr herzlich zu, und Althea wandte den Blick ab. Sie hoffte, dass ihre jungenhafte Schüchternheit überzeugend wirkte.
    »Darf ich Ronica Vestrit bald meine Botschaft überbringen?«, fragte sie.
    »Oh, sehr bald, denke ich. Sehr bald.«
    Das süße, klebrige Gebäck war schwer zu essen, schmeckte aber köstlich. Althea aß beide auf, gab die Schüssel zurück und ging erneut hinaus zur Pumpe, um sich die Hände zu waschen. Eine Weinlaube trennte den Küchengarten vom Haupteingang, aber die neuen Blätter waren noch ganz klein. Althea konnte durch das Gewirr der Zweige beobachten, wie die Kutschen abfuhren. Sie erkannte Cerwin Trell und seine kleine Schwester. Die Shuyev-Familie war ebenfalls gekommen. Andere Händlerfamilien erkannte Althea eher an ihrem Wappen als an ihren Gesichtern. Das machte ihr klar, wie lange es her war, dass sie tatsächlich zu diesem gesellschaftlichen Kreis gehört hatte. Allmählich nahm die Zahl der Kutschen ab. Davad Restate war einer der Letzten, die abfuhren. Kurz danach kam ein Gespann mit weißen Pferden, das eine Regenwild-Kutsche zog. Vor den Fenstern hingen schwere Vorhänge, und das Wappen an der Tür war Althea unbekannt. Es sah aus wie ein Huhn mit einem Hut. Ein offener Wagen hielt dahinter, und zahlreiche Diener trugen Koffer und Truhen aus dem Haus. Aha. Die Regenwild-Händler waren also die Hausgäste der Vestrits gewesen. Sehr geheimnisvoll. Sie verrenkte sich zwar fast den Hals, konnte aber nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf die Familie werfen. Regenwild-Händler waren am Tag immer verschleiert, und diese Gruppe machte keine Ausnahme. Althea hatte keine Ahnung, wer sie waren oder warum sie im Heim der Vestrits wohnten. Ihr war unbehaglich zumute. Hatte Kyle beschlossen, ihre alten Verbindungen zu ihnen neu zu beleben? Unterstützten ihre Mutter und ihre Schwester etwa diese Idee?
    Hatte Kyle angefangen, mit der Viviace Handel auf dem Regenwild-Fluss zu treiben?
    Bei dieser Vorstellung ballte sie die Hände zu Fäusten. Als das Küchenmädchen sie am Ärmel zupfte, fuhr sie herum und erschreckte das arme Ding. »Entschuldigung«, sagte Althea sofort.
    Das Mädchen sah sie merkwürdig an. »Mistress Vestrit empfängt dich jetzt.«
    Althea erduldete es schweigend, dass man sie in ihr eigenes Heim zurück und die vertrauten Korridore entlang in den Frühstückssalon führte. Überall waren noch die Reste der lebhaften Gesellschaft

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