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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Begeisterung musterte. Er hatte einen langen, steinigen Weg vor sich. Kurz kamen ihm Zweifel, ob seine Entscheidung wirklich klug war. Dann bemerkte er Wintrows Blick. Der Junge war nervös, aber seine Erwartung war unübersehbar. Wie ein Stich durchfuhr Kennit dieses Gefühl einer Verbindung zwischen ihm und dem Jungen. Wintrow war wie er in jüngeren Jahren. Manchmal hatte er dieselbe aufgeregte Erwartung verspürt, vor allem, wenn sie eine besonders fette Beute ausgemacht hatten. Doch einen Moment später verwandelte sich das schwache Grinsen auf seinem Gesicht in eine Grimasse des Ekels. Er wollte diese Erinnerungen nicht. Nein. Er hatte niemals wirklich etwas mit Igrot gemein gehabt. Immerhin hatte der Mann ihn unterjocht, und er empfand nichts als Verachtung für seine Erinnerungen. »Gehen wir!«, sagte er. Seine Stimme klang so scharf, dass Wintrow zusammenfuhr. Kennit starrte auf den schmalen Pfad und stützte sich schwer auf Etta.
    Als sie den Hügelkamm erreichten, klebte Kennit das Hemd bereits an der schweißnassen Brust. Er brauchte eine Pause. Es liegt nur an dem heißen Tag, sagte er sich. Es war wärmer als bei seinem letzten Besuch. Unter den Bäumen war die Hitze noch drückender, obwohl ihre Äste Schatten spendeten. Der kiesige Pfad, der durch das Gebiet der Anderen führte, war so sorgfältig gepflegt wie immer. Als er das letzte Mal hier entlanggegangen war, hatte ihm sein Amulett gesagt, dass ein Zauber auf diesem Weg lag, der Reisende davon abhielt herumzustreunen. Als er jetzt in die grünen Schatten des dschungelhaften Waldes blickte, tat er diese Vorstellung als Unsinn ab. Wer würde schon freiwillig einen geraden und ebenen Weg verlassen, um sich durch ein derartig blättriges Labyrinth zu schlagen? Er holte sein Tuch heraus und wischte sich das Gesicht und den Hals ab. Als er sich umsah, bemerkte er, dass die beiden anderen auf ihn warteten.
    Er sah sie finster an. »Und? Seid ihr so weit? Dann gehen wir weiter.« Der Kies auf dem Weg gab unberechenbar unter seiner Krücke und seinem Holzbein nach. Der ständige Kampf, das Gleichgewicht zu halten, schien die Entfernung für ihn zu verdoppeln, während sich der Pfad den einen Hügel hinunter- und den nächsten hinaufschlängelte. Auf dem Kamm der zweiten Erhebung blieb er stehen und rang nach Luft. Da hatte er plötzlich eine Eingebung.
    »Sie wollen mich hier nicht«, sagte er laut. Die Bäume schienen seine Worte zustimmend zurückzuwerfen. »Die Anderen machen es mir schwer und wollen mich dazu bringen umzukehren. Aber ich gebe nicht auf. Wintrow wird sein Orakel bekommen.« Als er sein Tuch hob, fiel sein Blick auf das Amulett an seinem Handgelenk. Es schnitt eine groteske Grimasse, hatte den Mund geöffnet und die Zunge herausgestreckt, als japse es. Es verhöhnte ihn. Er drückte mit dem Daumennagel gegen seine Stirn, aber wie immer zeigte das eisenharte Hexenholz keinerlei Reaktion. Das Gesicht des Amuletts blieb vollkommen unbewegt. Er sah die beiden anderen an und bemerkte, das sie ihn verwirrt betrachteten. Beiläufig fuhr er mit dem Daumen über das Amulett, als habe er lediglich Schmutz abgewischt.
    Dann traf Kennit eine Entscheidung, die ihm schwer fiel. »Wintrow, geh voraus. Ich glaube, es ist besser, wenn du allein über den Strand der Schätze gehst und dich von meiner Gegenwart nicht ablenken lässt. Ich könnte dich vielleicht unbeabsichtigt dazu bringen, etwas aufzuheben, das du gar nicht entdecken sollst. Ich möchte die Prophezeiung nicht beeinflussen. Geh jetzt. Etta und ich sind da, wenn die Anderen ihr Orakel verkünden. Das ist es, was eigentlich zählt. Geh nur.«
    Wintrow war unsicher. Er tauschte einen Blick mit Etta, die unmerklich mit den Schultern zuckte. Kennit wurde wütend. »Stellst du meinen Befehl in Frage? Geh!«
    Schnell eilte der Junge den Weg entlang.
    »Gut.« Kennit bemühte sich, seine Stimme zufrieden klingen zu lassen. Er schüttelte den Kopf. »Wintrow muss noch zwei Dinge von mir lernen: zu gehorchen und auf eigenen Antrieb hin zu handeln.« Erneut klemmte er sich die Krücke unter den Arm. »Folge mir. Nicht zu schnell, denn ich möchte, dass Wintrow genug Zeit am Strand hat. Solche Dinge darf man nicht überstürzen.«
    »Sicher nicht«, stimmte ihm Etta zu. Sie sah sich um. »Das ist ein merkwürdiger Ort. Ich habe selten so viel Schönheit gesehen. Dennoch verweigert sie sich mir.« Sie trat neben ihn und nahm seinen freien Arm, als habe sie plötzlich Angst. Kennit schüttelte erneut

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