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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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begutachtete die Kabine des Ersten Maats. Das sollte ihre werden. Sie war zwar viel kleiner als die des Kapitäns, aber sie war immer noch feudal im Vergleich zu den Mannschaftsquartieren. Sie hatte eine feste Koje, einen herunterklappbaren Tisch und zwei Regale für ihre Habseligkeiten. Eine dritte Kammer, etwa von der Größe eines geräumigen Schranks, war dem Zweiten Maat zugedacht. Die »Quartiere« der Mannschaft bestanden aus Haken im Vorschiff, wo man Hängematten befestigen konnte. Viel mehr gab es nicht. Beim Bau der älteren Lebensschiffe hatte man sich wenig um den Komfort der Mannschaft gekümmert. Frachtplatz war das vorrangige Ziel gewesen.
    Als sie auf Deck kam, sah sie Brashen herumstapfen. Er wirkte ruhelos und dennoch triumphierend. Sofort drehte er sich zu ihr um. »Wir liegen ruhig. Zwar dringt immer noch Wasser ein, aber nicht mehr, als eine Zwei-Mann-Crew an den Pumpen bewältigen kann. Ich glaube, dass wir bis morgen früh alles abdichten können. Wir haben zwar eine kleine Schieflage, aber ein bisschen Ballast an der richtigen Stelle sollte das ausgleichen.« Sein Gesicht strahlte, wie sie es nicht mehr gesehen hatte, seit er unter ihrem Vater auf der Viviace gesegelt war. »Nichts ist gebrochen, nichts gesprungen. Unser Glück ist kaum zu fassen. Ich wusste ja immer, dass Lebensschiffe zäh sind, aber dieses hier schlägt alle. Jedes andere Schiff, das dreißig Jahre lang am Strand gelegen hätte, wäre längst verrottet und zu Anmachholz verkommen.«
    Seine Ausgelassenheit war ansteckend. Sie folgte ihm, als er auf dem Schiff herumging und ab und zu prüfend stehen blieb. Hier rüttelte er an einer Reling, um zu sehen, wie sehr sie nachgegeben hatte, und öffnete und schloss da eine Luke, ob sie immer noch passte. Es gab noch viel Arbeit auf dem Paragon , aber das meiste war jetzt bloße Renovierung. »Wir bleiben noch eine Weile am Schleppkahn angetäut, damit Paragons Holz weiter anschwillt. Dann ziehen wir ihn zum Nordwall und beenden die Arbeit.«
    »Zu den anderen Lebensschiffen?«, fragte Althea mit Unbehagen in der Stimme.
    Brashen stellte sich ihr beinahe herausfordernd in den Weg. »Wohin sonst? Er ist ein Zauberschiff!«
    Sie antwortete ihm genauso offen. »Ich habe Angst vor dem, was sie ihm vielleicht sagen. Davor, dass eine gedankenlose Bemerkung einen Wutanfall bei ihm auslösen könnte.«
    »Althea, je früher wir uns damit auseinander setzen, desto besser.« Er trat dichter an sie heran, und sie glaubte einen Moment, dass er ihren Arm umfassen würde. Stattdessen bedeutete er ihr, ihn zu begleiten, während er zur Galionsfigur ging. »Ich glaube, wir sollten ihn wieder ein normales Leben führen lassen. Wir behandeln ihn so, wie wir jedes andere Lebensschiff auch behandeln würden. Dann werden wir sehen, wie er reagiert. Je mehr wir ihn mit Samthandschuhen anfassen, desto tyrannischer wird er.«
    »Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist? Behandeln wir ihn normal, damit er sich normal verhält?«
    Brashen grinste sie an. »Nein. Natürlich nicht. Aber damit fangen wir an und hoffen das Beste.«
    Unwillkürlich erwiderte sie sein Grinsen. Etwas in ihr reagierte auf ihn in einer Art und Weise, die ihr Verstand einfach nicht begreifen konnte. Sie konnte die Anziehungskraft, die von ihm ausging, nicht erklären. Sie wusste nur, dass es eine Freude war zu sehen, dass er sich wie früher bewegte und auch so redete. Der verbitterte, zynische Tunichtgut, den Kyle Haven und Torg geschaffen hatten, war verschwunden. Dies war der Mann, der als Erster Maat unter ihrem Vater gedient hatte.
    Sie folgte ihm, als er zur Bugreling schlenderte und sich darüber beugte. »Paragon! Wir haben es geschafft, alter Freund. Du bist wieder flott, und wir werden dafür sorgen, dass alle die Hälse recken und es sehen!«
    Die Galionsfigur ignorierte ihn. Brashen zuckte kurz mit den Schultern und sah Althea mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er lehnte sich über die Reling und starrte auf den Wald von Masten, der im Hafen von Bingtown in der Dünung schwankte. Ein abwesender Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Hasst du mich dafür?«, fragte er plötzlich.
    Einen Augenblick glaubte sie, er habe das Schiff angesprochen. Doch dann blickte er sie fragend an.
    »Wofür?«
    Er drehte sich zu ihr um und sprach mit dieser verblüffenden Ehrlichkeit, an die sie sich noch gut erinnerte. »Dafür, dass ich hier auf meinem eigenen Deck als Kapitän Brashen Trell vom Zauberschiff Paragon stehe. Wo du so liebend

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