Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
umgehen. Semoy, ein älterer Matrose mit einer vom Trinken geröteten Nase, jammerte bereits über eine verletzte Schulter. Wenn er nicht mithalten konnte, war es besser, dass er von dem Schiff abmusterte, bevor sie die Anker lichteten. Die beiden anderen waren Haff und Lop. Haff war ein großmäuliger Halbstarker, der keinen Hehl daraus machte, das er Altheas Befehle missbilligte. Lop dagegen, ein hagerer Mann mittleren Alters, war zwar willig, aber einfältig. Althea zog trotzdem seine Dummheit Haffs Verhalten vor, das beinahe an Befehlsverweigerung grenzte. Sie wusste, dass sie sehr bald mit Haff reinen Tisch machen musste. Und sie freute sich nicht gerade darauf. Er war größer als sie und sehr muskulös. Wenn du es richtig anpackst, muss es keine körperliche Auseinandersetzung geben, redete sie sich ein. Und schickte ein Stoßgebet zu Sa, dass sie sich nicht irrte.
    Lavoy ließ sich an diesem Morgen zweimal in den Laderäumen blicken, um Altheas Arbeit zu inspizieren. Beide Male beschwerte er sich über Nebensächlichkeiten. Jedes Mal biss sie die Zähne zusammen und verschob die Ladung, wie er es wollte. Er ist immerhin der Erste Maat, sagte sie sich knurrig. Wenn sie ihn ignorierte, würde das seine Autorität bei der Mannschaft untergraben. Als er das dritte Mal die Leiter herunterkletterte, hatte Althea Angst, ihre Backenzähne zu pulverisieren. Doch Lavoy sah sich nur um und nickte dann mürrisch. »Weitermachen.« Das war die einzige Ermunterung, die er sich abrang, aber sie empfand es tatsächlich als Lob. Also hatte er sich bemüßigt gefühlt, sie auf die Probe zu stellen. Nun, er würde sie weder bei einer Laschheit noch bei Ungehorsam erwischen. Das hatte sie Brashen versprochen, und sie würde ihr Wort halten.
    Es war ein langer Tag gewesen. Als ihre Wache zu Ende war und sie an Deck ging, genoss sie die frische Luft und den offenen Himmel. Sie zog sich das schweißnasse Hemd von der Haut und machte sich auf die Suche nach Amber. Sie fand die Schiffszimmerin in ein Gespräch mit Brashen vertieft. Amber hielt die losen Enden eines Seils in ihren behandschuhten Händen. Althea sah zu, wie sie sich umständlich an einem Seemannsknoten versuchte. Brashen nahm ihr das Seil weg, schüttelte den Kopf, löste den Knoten und warf ihr das Stück Tau wieder zu. »Versuch es noch mal. Übe so lange, bis du ihn mit geschlossenen Augen knoten kannst. Sollten wir in so großen Schwierigkeiten stecken, dass ich dich an Deck holen muss, haben wir sehr wahrscheinlich schlechtes Wetter.«
    »Wie beruhigend«, erwiderte Amber leise, gehorchte ihm aber. Althea bemerkte bewundernd, wie schnell sich die Frau anpasste. Brashen war gerade in aller Ruhe dabei, ihnen allen gegenüber seinen neuen Status als Kapitän geltend zu machen. Althea war so eine Rollenverschiebung gewöhnt. Sie hatte so etwas schon an Bord der Viviace erlebt, wenn ein Matrose plötzlich zum Maat befördert wurde und nun seine Beziehung zu seinen Schiffskameraden verändern musste. Althea wusste, dass dabei manchmal auch Blut vergossen wurde, obwohl es auf der Viviace niemals so weit gekommen war. Und sie war bereit, Brashen die Distanz und den Respekt entgegenzubringen, die er in seiner Funktion als Kapitän brauchte. Diese Distanz machte für sie beide vielleicht alles einfacher.
    Sie überlegte sich ihre Worte genau, als sie ihn ansprach. »Sir, ich habe eine Sorge, was die Mannschaft angeht.«
    Sie hatte sofort seine volle Aufmerksamkeit. »Und welche?«
    Sie holte Luft. »Jek ist etwas zu freundlich zu den anderen Matrosen. Vielleicht führt das später zu Problemen. Solange wir im Hafen liegen, mag das angehen. Auf See aber könnte sich daraus etwas ganz anderes entwickeln.«
    Er nickte. »Ich weiß. Ich habe selbst schon darüber nachgedacht. Die meisten dieser Männer sind noch nie mit einer Frau zusammen auf einem Schiff gesegelt, außer vielleicht mit der Frau des Kapitäns. Ich habe vor, die Mannschaft zusammenzurufen und ein paar klare Worte zu sprechen. Die Order lautet, dass, so etwas an Bord des Schiffes nicht geduldet wird.«
    Amber folgte dem Gespräch staunend.
    Paragon sprach zum ersten Mal. »Was wird nicht geduldet?«
    Es gelang Althea, nicht zu lächeln. Brashen dagegen nahm die Frage ernst. »Ich werde keinerlei Beziehungen zwischen Matrosen dulden, die den Schiffsbetrieb stören könnten.«
    Jek war näher getreten, während sie sich unterhielten. Sie hob fragend eine Braue, schwieg jedoch, bis Brashen sie ansprach. »Jek, ist

Weitere Kostenlose Bücher