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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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klarkam.
    Sie hatten vor einigen Tagen ihre komplette Mannschaft angeheuert und sie seitdem immer wieder neu besetzt. Brashen fand Seeleute, überredete sie anzuheuern, brachte sie dazu, auf das Schiff zu kommen, und musste dann zusehen, wie sie am nächsten Tag weggingen. Es waren nicht nur die bizarren Dinge, die Paragon tat oder sagte. Sein Wahnsinn war auf dem ganzen Schiff zu spüren, wie der Geruch von Angstschweiß. Diejenigen, die empfindlich genug waren, um ihn zu spüren, ohne allerdings die Quelle zu erkennen, litten unter Alpträumen oder bekamen bei der Arbeit in den Laderäumen Panikattacken. Weder Brashen noch Althea versuchten, die Männer mit Gewalt an Bord zu halten. Es war besser, sie jetzt zu verlieren, als zittrige oder furchtsame Matrosen an Bord zu haben, wenn sie erst mal unter Segeln fuhren. Aber sie wurden zu einem Witz in der Stadt. Die zusammengewürfelte Mannschaft wirkte nach Bingtown-Maßstäben schon merkwürdig genug, auch ohne dass Matrosen das Schiff noch im Hafen verließen und Geschichten über die merkwürdigen Vorgänge an Bord verbreiteten.
    Heute jedoch wirkte Paragon ganz ruhig. Wenigstens hörte sie ihn nicht toben. Als sie das Schiff erreichte, schien der Betrieb auf den ersten Blick ganz normal zu sein. »Heh, Paragon«, begrüßte sie ihn, als sie auf dem Weg zur Laufplanke an der Galionsfigur vorbeikam.
    »Selber heh«, erwiderte Paragon freundlich. Amber saß an der Bordreling und ließ die Beine baumeln. Ihr offenes Haar wehte im Wind. Sie trug in letzter Zeit sehr merkwürdige Kleidung, eine weite Hose mit Bluse und Weste. Als Fremde in Bingtown konnte sie sich das leisten. Althea beneidete sie.
    »Schon Neuigkeiten von der Ringsgold?« , fragte Paragon, als sie an ihm vorbeiging.
    »Ich habe nichts gehört«, antwortete sie. »Warum?«
    »Man munkelt, dass sich ihre Rückkehr nach Bingtown verzögert hat. Die Schiffe, die ihr hätten begegnen sollen, haben sie nicht gesehen.«
    Althea fühlte einen Stich. »Nun, eine Menge Dinge können ein Schiff aufhalten, auch ein Zauberschiff«, erwiderte sie jovial.
    »Natürlich«, erwiderte Paragon. »Piraten. Seeschlangen. Tödliche Stürme.«
    »Unvorteilhafte Winde«, konterte Althea. »Verzögerungen bei der Verladung der Fracht.«
    Er schnaubte verächtlich. Amber zuckte mit den Schultern und sah Althea an. Wenigstens war er heute vernünftig. Althea ging weiter die Laufplanke entlang und betrat das Schiff. Lavoy stand mitten auf dem Deck. Er hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt und sah sich grimmig um. Jetzt kam der schwierigste Teil. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass sie knirschten.
    »Melde mich zur Stelle, Sir«, sagte sie steif.
    Er glotzte sie an und musterte sie dann von oben bis unten. »Sehe ich«, erwiderte er verächtlich. »Heute kommen die Vorräte an Bord. Such dir sechs Leute und schwing dich nach unten. Verstau die Waren, sobald sie kommen. Du weißt, wie das geht.« Seine Stimme hatte einen kaum wahrnehmbaren fragenden Unterton.
    »Weiß ich«, erwiderte sie knapp. Sie hatte nicht vor, ihm ihre Zeugnisse herunterzuleiern. Sie trug das Schiffszeugnis der Ophelia an ihrem Gürtel. Das hätte jedem anderen im Hafen von Bingtown genügt. Sie sah sich kurz auf Deck um und suchte sich ihre Matrosen aus, indem sie mit dem Finger auf sie zeigte. »Haff und du. Jek. Cypros. Du da und Kert. Kommt mit.« Sie war immer noch dabei, die Namen auswendig zu lernen. Dass die Matrosen ständig wechselten, machte es nicht einfacher. Sie freute sich nicht gerade auf die Aufgabe, als sie den Leuten zum Laderaum vorausging. Lavoy befehligte die Landmannschaft, die die Lebensmittel an Bord brachte und an ihre Gruppe weiterreichte. Es war ihre Aufgabe, die Ladung sicher und sinnvoll zu verstauen. Vermutlich würde er seine Mannschaft so hart wie möglich antreiben, um herauszufinden, ob sie Schritt halten konnte. Es gab immer eine Art von Konkurrenz zwischen den Maaten auf einem Schiff. Manchmal war sie gutartiger Natur. Hier jedoch war es anders.
    Der Paragon war auf dem Wasser ein sehr lebhaftes Schiff, wie sich herausstellte. Brashen hatte sich sehr penibel um den Ballast gekümmert, aber das Schiff rollte trotzdem mehr, als es Althea gefiel. Wie die Ladung verstaut wurde, war von entscheidender Bedeutung, vor allem, wenn sie unter vollen Segeln waren und ein Sturm aufzog. Althea war hin und her gerissen. Einerseits wollte sie nicht für seine Stabilität verantwortlich sein, aber andererseits traute sie

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