Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
verdammt harte Hand. Sanfte Vernunft wird kaum einen von ihnen erschüttern. Die reale Androhung einer Tracht Prügel schon eher.«
»Das würde ich schon schaffen«, log sie tapfer.
Er schüttelte den Kopf. »Du bist nicht groß genug. Sie respektieren dich erst, nachdem sie dich alle herausgefordert haben und du ihnen deine Überlegenheit beweist. Selbst wenn du gewinnen würdest, wäre das mehr Gewalt auf dem Paragon , als ich riskieren will. Und solltest du verlieren.« Er sparte es sich, ihr die Konsequenzen aufzulisten. »Deshalb habe ich einen Mann angeheuert, der so groß und stark ist, dass die meisten Männer ihn gar nicht erst herausfordern werden. Und die, die es tun, werden sicher verlieren. Sein Name ist Lavoy. Er ist ein Rohling, und das ist noch das Freundlichste, was man über ihn sagen kann. Außerdem ist er ein verdammt guter Seemann. Wenn er nicht so jähzornig wäre, hätte er längst ein eigenes Kommando. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm eine Chance auf dem Paragon geben will. Beweist er sich hier, wird ganz Bingtown wissen, dass er überall als Erster Maat arbeiten kann. Er giert geradezu danach, Althea. Diese Gelegenheit ist es, die ihn schließlich überzeugt hat zu akzeptieren. Die Heuer, die ich ihm angeboten habe, war nicht besser als die, die er als Schlägermaat auf einem viel größeren Schiff bekommen könnte. Er will sich beweisen, aber ich vermute, dass er nicht das Zeug dazu hat. Jetzt kommst du ins Spiel. Ich bin Kapitän, er ist der Erste, du bist der Zweite. Wir nehmen ihn in die Zange. Wir untergraben nicht seine Autorität, aber wir mäßigen ihn. Verstehst du, worauf ich hinaus will?«
»Ich denke schon«, antwortete sie gereizt. Sie begriff die Logik, aber es stieß ihr trotzdem sauer auf. »Also Zweiter«, lenkte sie ein.
»Noch etwas. Und das wirst du sicher genauso wenig mögen«, warnte er sie vor.
»Und das wäre?«
»Amber hat sich ihr Recht erkauft, mit an Bord zu kommen. Sie hat mehr Geld und Zeit als jeder andere hier auf dem Schiff investiert, und da schließe ich uns beide mit ein. Ich weiß nicht, wie gut sie als Seemann ist; außerdem hat sie mir verraten, dass sie wenig Vergnügen an Seereisen findet. Sie ist zweifellos ein großartiger Zimmermann, sowohl in großen als auch in kleinen Dingen. Also wird das ihr Job auf diesem Schiff sein. Sie schläft in einer Kajüte mit dir.«
Althea stöhnte protestierend.
»Und Jek auch«, fügte er unbarmherzig hinzu. »Sie wollte mitkommen und sie hat in den Sechs Herzogtümern viel Erfahrung auf See gesammelt. Außerdem war sie bereit, für wenig Lohn anzuheuern, einfach aus >Lust am Risiko< wie sie mir sagte. Du hast gesehen, wie sie in den Wanten herumgeturnt ist, als wir die Takelage gespannt haben. Sie ist geschickt und furchtlos. Ich wäre ein Narr, einen solchen Matrosen auszuschlagen. Und ich wäre ein noch größerer Narr, wenn ich sie bei dem Abschaum schlafen ließe, den wir als Mannschaft angeheuert haben. Mindestens einer ist als Vergewaltiger gebrandmarkt, und es gibt noch einen, dem nicht einmal ich den Rücken zukehren würde.« Er zuckte mit den Schultern. »Also schläft sie bei dir und Amber. Ich teile euch in verschiedene Wachen ein, so dass ihr euch nicht gegenseitig den Schlafplatz wegnehmt.«
»Wir werden da drin wie Pressholz gestapelt sein«, beschwerte sich Althea.
»Amber ist genauso wenig erfreut darüber wie du. Sie behauptet, dass sie unbedingt jeden Tag etwas Zeit für sich braucht. Ich habe ihr versprochen, ihr Zugang zu meiner Kajüte zu geben, wenn ich nicht da bin. Dasselbe gilt für dich.«
»Das wird eine Menge Gerede unter der Mannschaft auslösen.«
Brashen grinste säuerlich. »Hoffen wir, dass dies das Schlimmste ist, über was sie tratschen.«
Diese Hoffnung teilte Althea aus ganzem Herzen. Selbst jetzt, als sie über das sonnenüberflutete Dock zum Schiff schlenderte, betete sie um einen ruhigen, normalen Tag. Hoffentlich weinte Paragon nicht endlos hinter vorgehaltenen Händen oder rezitierte immer und immer wieder dasselbe schmutzige Gedicht. Die Tage, an denen er ihr bei ihrer Ankunft einfach nur einen schönen guten Morgen wünschte, waren ein wahrer Segen. Als sie gestern auf die Pier kam, hielt er eine tote Flunder in der Hand, die ihm ein Witzbold gegeben hatte. Aus irgendeinem Grund regte der Fisch ihn auf, und er wollte ihn weder hergeben noch wegwerfen. Schließlich gelang es Amber, ihm den Fisch abzuluchsen. Manchmal war sie die Einzige, die mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher