Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Regime des alten Satrapen, kreuzten ganze Flottillen von Schiffen nur zu diesem einzigen Zweck in den Gewässern. Sie hatten viele alte Stützpunkte der Piraten aufgespürt und ausgelöscht. Divvytown hatte diese harten Jahre unentdeckt überstanden. In den ruhigen Jahren, die folgten, als der alte Satrap im Sterben lag, und der sich daran anschließenden unfähigen Regentschaft von Cosgo waren die Piratenstädte unberührt geblieben. Sie hatten sich in Sorglosigkeit und Wohlstand gesuhlt. Kennit hatte immer wieder versucht, sie zu warnen, aber niemand in Divvytown wollte auf ihn hören.
    »Der Kreis schließt sich.«
    Er warf einen Blick auf das Amulett an seinem Handgelenk. Das verdammte Ding war mehr ein Ärgernis denn ein Glücksbringer. Es sprach nur, wenn es ihm gefiel, und dann stieß es nichts als Drohungen aus, Warnungen und düstere Prophezeiungen. Kennit wünschte sich, er hätte es niemals herstellen lassen, aber er konnte sich des Amuletts jetzt nur schwerlich entledigen. Es steckte zu viel von ihm selbst darin, als dass er es gefahrlos hätte riskieren können, es in andere Hände gelangen zu lassen. Und eine lebendige Skulptur des eigenen Gesichts zu zerstören, war beinahe eine Einladung zur Selbstzerstörung. Also tolerierte er den kleinen Glücksbringer aus Hexenholz. Vielleicht erwies er sich ja eines Tages doch als nützlich. Vielleicht.
    »Ich sagte, der Kreis schließt sich. Begreifst du nicht, was ich meine? Oder wirst du langsam taub?«
    »Ich habe dich ignoriert«, erwiderte Kennit liebenswürdig. Er blickte aus dem Fenster des Salons. Der Hafen von Divvytown kam in Sicht. Einige Masten ragten über dem Wasser empor. Die Stadt dahinter hatte eindeutig gebrannt. Der dichte Wald hinter den Häusern zeigte Brandspuren. Divvytowns Kaianlagen hatten es überstanden, weil sie frei stehende Bauwerke waren. Aber ihre Enden, die in die Stadt führten, wiesen wie versengte Finger auf den Strand. Kennit durchzuckte ein scharfer Stich des Bedauerns. Er hatte seinen bisher größten Schatz hierher gebracht und erwartet, dass Sincure Faldin ihn mit einem ordentlichen Gewinn losschlagen könnte. Zweifellos hatte man dem Hehler die Kehle durchgeschnitten und Frau und Töchter als Sklavinnen davongeschleppt. Es war ziemlich unangenehm.
    »Der Kreis«, fuhr das Amulett erbarmungslos fort, »scheint aus verschiedenen Elementen zu bestehen. Aus einem Piratenkapitän, einem gekaperten Zauberschiff, einer verbrannten Stadt, einem gefangenen Jungen, der mit dem Schiff vertraut ist. Das waren die Elemente des ersten Kreises. Und was haben wir hier? Einen Piratenkapitän. Ein gekapertes Zauberschiff. Einen gefangenen Jungen, der mit dem Schiff vertraut ist. Und eine verbrannte Stadt.«
    »Deine Analogie hinkt, Amulett. Die Elemente befinden sich nicht in der richtigen Reihenfolge.« Kennit trat vor den Spiegel und stützte sich auf die Krücke, während er seinen Schnurrbart richtete.
    »Ich finde die Übereinstimmungen dennoch höchst bemerkenswert. Welche Elemente könnten wir noch hinzufügen? Ah, wie wäre es mit einem Vater, der in Ketten gehalten wird?«
    Kennit drehte sein Handgelenk so, dass das Amulett ihn ansehen konnte. »Oder eine Frau mit herausgeschnittener Zunge? Das könnte ich ebenfalls arrangieren.«
    Das winzige Gesicht sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Es geht im Kreis, du Narr. Es geht im Kreis. Glaubst du denn wirklich, dass du deinem Schicksal entgehen kannst, nachdem du einmal den ersten Stein in Bewegung gesetzt hast? Es war dir schon vor Jahren vorherbestimmt, damals, als du beschlossen hast, in Igrots Fußstapfen zu treten. Du wirst auch Igrots Tod sterben.«
    Er schlug das Amulett mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch. »Ich will diesen Namen nicht mehr von dir hören! Hast du mich verstanden?«
    Kennit sah auf das Amulett herab. Es grinste ihn ungerührt an. Doch auf seinem Handrücken bildete sich ein Bluterguss. Er zog die Manschette weiter herunter, um sowohl den Fleck als auch das Amulett vor neugierigen Blicken zu verstecken, und verließ die Kabine.
    An Deck war der Gestank erheblich intensiver. Der schlammige Hafen von Divvytown hatte schon immer eine ganz besondere Duftnote gehabt. Jetzt mischte sich noch der Gestank von verbrannten Häusern und Tod darunter. Seine Mannschaft war ungewöhnlich schweigsam. Die Viviace bewegte sich wie ein Geisterschiff, das nur von einem schwachen Wind durch das schlammige Wasser getrieben wurde. Niemand schrie, stöhnte oder

Weitere Kostenlose Bücher