Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
schnell. Er war gut aussehend, sauber und aufmunternd. Und er hatte immer einen fröhlichen Spruch oder einen Scherz für seine Schiffskameraden übrig. War einer in Schwierigkeiten, kam er ihm sofort zu Hilfe. Er war der ideale Schiffskamerad, und alle mochten ihn gern. Seine eigene, angeborene Führernatur ist es, die ihn gegen mich aufbringt, gestand sich Althea gereizt ein. Und ihr Geschlecht schien ihn nur noch stärker anzustacheln. Befehle von Brashen oder Lavoy anzunehmen bereitete ihm ganz offensichtlich keine Probleme. Das war noch ein Grund, warum sie ihre Beschwerden nicht vorbringen konnte. Sie musste die Angelegenheit ganz allein regeln.
    Wenn der Mann offen ungehörig gewesen wäre, hätte sie es auch offen mit ihm austragen können. Aber er verweigerte sich ihr indirekt und sorgte dafür, dass sie vor der Mannschaft unfähig aussah. Sie stellte sich vor, wie sie sich bei Brashen darüber beschwerte, und zuckte zusammen. Haff war verdammt clever. Wenn sie mit ihm zusammen an einem Tau zog, hielt er sich geschickt zurück und zwang sie, bis an die Grenze ihrer Kraft zu gehen. Einmal hatte sie ihm befohlen, er solle sich gefälligst ins Zeug legen. Er hatte eine bestürzte Miene über diesen Tadel aufgesetzt, und die anderen hatten sie überrascht angesehen. Wenn sie mit ihm zusammenarbeiteten, tat Haff immer mehr als nur seinen Teil. Und dadurch erreichte er, dass sie schwach wirkte.
    Natürlich war sie auch nicht so stark wie die Männer, mit denen sie zusammenarbeitete. Daran konnte sie nichts ändern. Trotzdem leistete sie ihren Teil, und es demütigte sie, wenn er den anderen einredete, dass sie nicht mithalten konnte. Wenn sie ihm allein eine Aufgabe übertrug, erledigte er sie schnell und gut. Er hatte eine tollkühne Ader, die selbst die einfachste Aufgabe in den Wanten wie eine Großtat aussehen ließ. Seine Verachtung ihren Befehlen gegenüber und seine Liebe zum Risiko erinnerten Althea unangenehm an einen jungen Seemann namens Devon, der dieselben Eigenschaften gehabt hatte. Und daran, wie sehr sie ihn einst bewundert hatte. Kein Wunder, dass ihr Vater ihn vom Schiff verwiesen hatte.
    Haffs anderer Trick war es, sie mehr als Frau anzusprechen und weniger als Zweiter Maat. Er trat unauffällig zur Seite, um sie vorgehen zu lassen, oder bot ihr ein Tau oder ein Werkzeug an, als wäre es eine Tasse Tee. Letzteres löste regelmäßig Kichern bei den Männern aus. Heute war Lop dumm genug gewesen, Haffs Verhalten nachzuahmen. Er war aber ungeschickt gewesen und hatte sich tölpelhaft angestellt, während er die ganze Zeit unterwürfig genickt hatte. Zufällig standen sie im richtigen Winkel zueinander, so dass Althea ihm so mächtig in den Hintern treten konnte, dass er der Länge nach vor ihr die Treppe runtergepoltert war. Alle hatten anerkennend gelacht, aber die Wirkung war sofort ruiniert worden, als irgendein Witzbold rief: »>Pech gehabt, Lop. Sie mag Haff lieber als dich.« Aus den Augenwinkeln hatte sie gesehen, wie Haff breit grinste und obszön mit der Zunge wackelte. Althea tat, als sehe sie es nicht, weil sie darauf nicht gut reagieren konnte. Sie glaubte schon, sie hätte es geschafft, bis sie Clefs enttäuschtes Gesicht sah. Er hatte sich von ihr weggedreht, beschämt von ihrer eigenen Schmach.
    Das hatte ihre letzten Zweifel beseitigt, dass sie reagieren musste, wenn Haff das nächste Mal aus der Reihe tanzte. Das Problem war nur, dass sie nicht wusste, was genau sie dagegen unternehmen sollte. Ein Zweiter Maat hatte es nicht leicht, seine Autorität durchzusetzen. Sie gehörte zur Mannschaft und stand doch gleichzeitig über ihr. Sie musste die Gratwanderung unternehmen, weder ein Offizier noch einfacher Seemann zu sein.
    »Was möchtest du denn gern gegen Haff tun?«, fragte Amber leise von der unteren Koje aus.
    »Es ist mir unheimlich, wenn du das machst«, beschwerte sich Althea.
    »Das habe ich dir schon erklärt. Es ist ein ganz einfacher Trick, der auf jedem Jahrmarkt benutzt wird, auf dem du gewesen bist. Du wälzt dich in deiner Koje herum, als ob sie voller Ameisen wäre. Ich habe einfach nur den wahrscheinlichsten Grund für deine Unruhe herausgepickt.«
    »Richtig«, erwiderte Althea wenig überzeugt. »Um deine Frage zu beantworten: Am liebsten würde ich ihm in die Eier treten.«
    »Das ist genau die falsche Taktik«, entgegnete Amber. »Jeder Mann, der das mit ansieht, stellt sich vor, er wäre an Haffs Stelle. Man würde es als einen Hurentrick betrachten, dich als

Weitere Kostenlose Bücher