Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
beorderte drei sichtlich zögerliche Burschen nach oben in die Wanten.
Von dort sollten sie alles beobachten und ihm hinunterrufen, was sie sahen. Sie gehorchten seinem Befehl nur zu gern und gaben ihre Waffen erleichtert an die weiter, die lieber kämpfen wollten.
Brashen schalt sich selbst, dass er dieses Chaos nicht vorhergesehen hatte. Sobald die Schreie der Männer und Altheas Rufe ihm die Positionen der Boote verkündeten, rief er dem Rudergänger und der Mannschaft in der Takelage seine Befehle zu. Vermutlich konnten sie den kleineren Booten entkommen, wenn auch nur knapp. Das größere Schiff hinter ihnen wurde von demselben Wind angetrieben wie sie. Der Paragon hatte einen Vorsprung, und den sollte er eigentlich halten können.
Schließlich war er ein verdammtes Lebensschiff. Aber das Schiff reagierte zäh, als würde Paragon die Bemühungen der Mannschaft, ihn schneller zu machen, sabotieren. Brashen wurde angst und bange. Wenn sie nicht schneller wurden, würden die kleineren Boote sie einholen.
In kürzester Zeit hatte Brashen dafür gesorgt, dass die Deckmannschaft effektiv arbeitete. Als sich das Chaos ordnete, sah er sich suchend nach Lavoy um. Wo war der Mann, dessen Job er hier erledigte?
Er entdeckte den Ersten Maat auf dem Vordeck. Noch wütender als das Chaos von vorhin machte Brashen der Anblick der kleinen, wohl geordneten Gruppe von Männern, die Lavoy umgaben. Es waren hauptsächlich ehemalige Sklaven, die sie aus Bingtown herausgeschmuggelt hatten. Sie flankierten den Maat, als wären sie seine Leibwache. Alle waren mit Bogen und Schwertern bewaffnet. Lavoy schritt energisch an ihnen vorbei. Heiß wallte der Zorn in Brashen auf. Wie sich die Männer um Lavoy bewegten, sagte ihm alles. Sie waren Lavoys Elitemannschaft. Und sie gehorchten ihm, nicht dem Kapitän.
Als Brashen über das Deck ging, zupfte jemand an seinem Mantel. Er fuhr wütend herum, um sich loszureißen. Es war Clef. Der Schiffsjunge hielt ihn fest. Er hatte ein puterrotes Gesicht, war mit einem langen Messer bewaffnet und hatte seine blauen, glänzenden Augen weit aufgerissen. Er zuckte unter Brashens strengem Blick zusammen, ließ die Jacke aber nicht los. »Ich decke Euch den Rücken, Käpt'n«, verkündete er.
Er deutete verächtlich auf Lavoy und dessen Männer. »Wartet«, schlug er dann leise vor. »Beobachtet ihn nur 'ne Minute.«
»Lass mich los!«, befahl Brashen gereizt. Der Junge gehorchte, folgte ihm aber wie ein Schatten, während Brashen zum Vordeck hastete.
»Kommt nur her! Ich bringe Euch alle um! Kommt ruhig näher!«, schrie Paragon den Piraten in den kleinen Booten aufmunternd zu. Seine Stimme war so tief und heiser, wie Brashen sie noch nie gehört hatte. Hätten die Worte nicht so laut geklungen, hätte er niemals geglaubt, dass sein Schiff sie ausgestoßen hatte. Einen Moment fühlte er selbst Paragons Blutdurst. Es war die wilde Entschlossenheit eines Jungen, sich zu beweisen, durchsetzt von dem Impuls eines Mannes, alles zu zerschmettern, was sich ihm in den Weg stellte. Es lief Brashen kalt über den Rücken, und dieses Gefühl verstärkte sich noch, als er Lavoys wildes Lachen hörte. Heizte Lavoy etwa die aufgewühlten Gefühle Paragons noch weiter an?
Ja, der Maat hetzte das Schiff eindeutig auf. »Da wette ich drauf, mein Junge. Ich rufe dir zu, wo du hinschlagen musst, und du haust drauf! Gib ihm den Stock, Weib! Er soll diesen Halunken zeigen, wozu ein Bingtowner Lebensschiff in der Lage ist!«
»Das entscheide ich.« Ambers Stimme klang nicht scharf, aber sie war so hoch, dass jeder sie verstehen konnte. »Der Kapitän hat mir die Verantwortung dafür übertragen. Ich entscheide, wann das Schiff eine Waffe braucht. Unser Befehl lautet zu fliehen, nicht zu kämpfen.« Brashen glaubte, eine Spur von Angst in ihrer Stimme zu erkennen, aber sie wurde von ihrer kalten Wut gut verborgen. Ruhig und ernst redete sie weiter auf Paragon ein. »Es ist noch nicht zu spät. Wir können ihnen immer noch entkommen. Niemand muss sterben.«
»Gib mir den Stock!«, forderte Paragon sie auf. Seine Stimme klang schrill. »Ich bringe die Mistkerle um! Ich bringe sie alle um!«
Es war eine merkwürdige Szenerie, die sich Brashen auf dem Vordeck bot. Amber hielt trotzig Paragons langen Stock in beiden Händen. Lavoy stand ihr herausfordernd gegenüber, aber trotz seiner barschen Worte und der Männer, die ihn schützten, hatte er es noch nicht gewagt, Hand an den Stock zu legen. Amber sah an ihm vorbei
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