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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schiffszimmerin anstarrte. Sie tat, als verstehe sie nicht, was Amber meinte, und suchte den Horizont nach einem Segel ab.
    »Bei diesen vielen Inseln weiß man das nie so genau. Das ist einer der Gründe, warum die Piraten diese Gewässer so lieben.
    Ein Schiff kann sich einfach verstecken und warten, bis die Beute in Sicht kommt. Überall in diesen kleinen Buchten und Meeresarmen könnte ein Piratenschiff lauern.«
    »Zum Beispiel dort drüben.« Amber streckte den Arm aus.
    Althea folgte mit den Augen der angegebenen Richtung. Sie starrte einen Moment kritisch hin und fragte dann: »Hast du etwas gesehen?«
    »Einen Moment glaubte ich es. Eine Mastspitze, die zwischen den Bäumen schwankte.«
    Althea sah genauer hin. »Da ist nichts«, erklärte sie schließlich und entspannte sich. »Vielleicht hast du gesehen, wie ein Vogel von Baum zu Baum geflogen ist. Das Auge lässt sich von Bewegungen leicht irritieren, weißt du.«
    Vor ihnen breitete sich eine Szenerie aus Grün und Blau aus.
    Felsige Inseln erhoben sich schroff aus dem Wasser, aber über ihren blanken Felsen waren sie voll üppiger Vegetation. Ströme und Wasserfälle rannen steile Klippen hinunter. Das Wasser glitzerte hell im Sonnenlicht, während es in die Brandung hinabstürzte. Die Farbe des Wassers änderte sich nicht nur aufgrund der Tiefe, sondern auch danach, wie viel Süßwasser ins Meer strömte. Die verschiedenen Blautöne sagten Althea, dass die Fahrrinne vor ihnen tief genug für den Paragon war, aber dafür ziemlich schmal. Amber sollte diese Schattierungen beobachten und Haff am Ruder zurufen, ob Untiefen auf ihrem Weg lagen. Treibende Sandbänke waren die zweitschlimmste Gefahr, die zwischen den Pirateninseln lauerte. Im Westen lag eine Vielzahl von kleineren Atollen, die man entweder als Inseln ansehen konnte oder als Gipfel einer unterseeischen Gebirgsküste. Aus dieser Richtung strömte ständig frisches Wasser heran, das Sand und Abfälle mit sich führte, die wiederum neue Sandbänke und Untiefen bildeten. Die Pirateninseln zu kartografieren war ein sinnloses Unterfangen. Wasserwege versandeten, wurden unpassierbar oder wurden vom nächsten Sturm wieder freigespült. Die Schwierigkeiten der Navigation, welche die schwer beladenen Handelsschiffe dazu zwangen, langsam zu segeln, waren der beste Verbündete der Piraten.
    Trotz der langen Zeit, die Althea die Verwunschenen Ufer entlanggesegelt war, hatte sie sich niemals zu weit zwischen die Pirateninseln gewagt. Ihr Vater hatte diese Gegend ebenfalls stets gemieden, wie er ohnehin jeder Art von Schwierigkeiten gern aus dem Weg gegangen war.
    »Woran denkst du gerade?«, erkundigte sich Amber.
    »An meinen Vater.«
    Amber nickte. »Es ist gut, dass du jetzt an ihn denken und dabei lächeln kannst.«
    Althea murmelte zustimmend, erklärte sich jedoch nicht weiter. Eine Weile saßen sie schweigend zusammen auf der Plattform. Die Höhe verstärkte das sanfte Rollen des Schiffs unter ihnen. Althea hatte diese Bewegung schon immer als leicht berauschend empfunden. Aber der Friede hielt nicht lange vor.
    Eine Frage zerrte an ihr. Ohne Amber anzusehen, sagte sie:
    »Und du bist sicher, dass Lavoy dir nichts getan hat?«
    Amber seufzte. »Warum sollte ich dich anlügen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber warum beantwortest du meine Frage mit einer Gegenfrage?«
    Amber betrachtete sie gelassen. »Warum kannst du nicht akzeptieren, dass ich mich unwohl fühlte und einfach zusammengebrochen bin? Glaubst du denn, dass Paragon so lange geschwiegen hätte, wenn es etwas anderes gewesen wäre?«
    Althea antwortete nicht sofort. »Ich weiß es nicht«, meinte sie schließlich. »Paragon scheint in letzter Zeit so anders zu sein.
    Es hat mich immer geärgert, wenn er sich mürrisch oder melodramatisch verhalten hat. Dann wirkte er wie ein vernachlässigter Junge auf mich. Trotzdem gab es immer wieder Momente, wo er einem unbedingt gefallen wollte. Er versprach mir und Brashen, sich zu ändern. Aber wenn er in letzter Zeit überhaupt mit mir redet, schildert er nur schockierende Dinge. Er spricht von Piraten, von Blut, Gewalt und Mordtaten. Von Folterungen, die er miterlebt hat. So wie er sich gibt, bekomme ich das Gefühl, als redete ich mit einem prahlerischen Kind, das absichtlich lügt, um mich zu schockieren. Ich weiß nicht einmal genau, was davon ich glauben kann. Glaubt er denn wirklich, dass mich all die Grausamkeit beeindruckt, die er miterlebt hat? Wenn ich ihn zur Rede stelle, stimmt er mir zu,

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