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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gewusst, dass es Viviace verändern würde, ein Sklavenschiff zu sein. Aber konnte es sie so sehr verändern? So tief, dass sie sich gegen ihre Familie stellte und sich mit jemand anderem zusammentat?
    Warum denn nicht?
    Hatte Althea sich nicht auch von ihrer Familie abgewandt, wenn auch weit weniger provokativ?
    Eine schreckliche Mischung aus Eifersucht und Enttäuschung durchströmte sie. So musste sich eine Frau fühlen, die die Untreue ihres Mannes entdeckt. Wie hatte Viviace ihr das antun können? Und wie hatte Althea sie so im Stich lassen können?
    Was sollte jetzt aus ihrem wunderschönen, fehlgeleiteten Schiff werden? Konnten sie jemals wieder sein, wie sie vorher gewesen waren, ein Herz und ein Geist, der auf dem Meer vor dem Wind segelte?
    Paragon wütete weiter, drohte dem Piraten und bettelte darum, ihm den Gefangenen zu geben, damit er die Wahrheit aus ihm herauspressen konnte. Ja, er würde ihn dazu zwingen, die Wahrheit über den Mistkerl Kennit zu sagen. Althea hörte ihm kaum zu. Brashen packte ihren Ellbogen. »Du siehst aus, als würdest du gleich ohnmächtig werden«, sagte er leise. »Kannst du aufrecht weggehen? Und deine Würde vor der Mannschaft bewahren?«
    Seine Worte waren zu viel. Sie riss sich von ihm los. »Fass mich nicht an!«, knurrte sie leise. Würde! , ermahnte sie sich.
    Würde! Aber sie konnte sich kaum davon abhalten, ihn wie ein altes Waschweib zu beschimpfen. Er trat bestürzt von ihr zurück, und sie sah Wut in seinen Augen aufblitzen. Sie riss sich zusammen und rang um ihre Beherrschung.
    Sie rang darum, das wurde ihr plötzlich klar, ihre Gefühle von denen Paragons zu trennen.
    Althea drehte sich zu dem Gefangenen und der Galionsfigur um, aber sie kam eine Sekunde zu spät. Lavoy hatte den Piraten auf die Füße gezogen und an die Reling gedrückt. Er drohte, ihn über Bord zu werfen oder ihn zu schlagen. Die Wange des Mannes war gerötet. Also hatte er mindestens einen Schlag abbekommen. Amber hielt Lavoys Arm fest. Plötzlich wirkte sie überraschend groß. Es überraschte Althea, dass eine Frau, die so schlank war, genug Kraft besaß, um Lavoy aufzuhalten.
    Ambers Miene schien Lavoy zu Stein erstarren zu lassen. Es lag jedoch keine Furcht auf seinem Gesicht. Was er in Ambers Miene erblickte, löste mehr als Angst in ihm aus. Und zu spät erkannte Althea die eigentliche Bedrohung.
    Paragon hatte sich herumgedreht, so weit er nur konnte. Mit der Hand tastete er blindlings nach hinten.
    »Nein!«, schrie Althea, aber die großen hölzernen Finger hatten den Piraten bereits gepackt. Paragon riss ihn mit Leichtigkeit aus Lavoys Griff. Der Pirat kreischte, und Amber schrie: »Oh, Paragon, nein, nein, nein!«
    Paragon wandte sich von ihnen ab und umklammerte den Mann mit den Händen. Er zog die Schultern zusammen und versteckte den Piraten vor ihren Blicken wie ein Kind, das eine gestohlene Süßigkeit verbirgt. Er murmelte dem wehrlosen Mann etwas zu, während er ihn wie eine Stoffpuppe schüttelte.
    Aber Althea hörte nur Ambers Flehen: »Paragon! Bitte, Paragon!«
    »Schiff! Setz den Mann sofort wieder auf Deck!«, brüllte Brashen. Seine Stimme klang hart und befehlend, aber Paragon zuckte nicht einmal zusammen. Althea umklammerte mit beiden Händen das Geländer, als sie sich verzweifelt vorbeugte.
    »Nein!«, flehte sie das Schiff an, aber die Galionsfigur gab nicht zu erkennen, ob sie Althea gehört hatte. Lavoy sah zu. Er hatte die Zähne zusammengebissen, und seine Augen funkelten merkwürdig. Paragon senkte den Kopf zu dem Mann hinab, den er mit beiden Händen festhielt. Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte Althea, dass er ihm den Kopf abbeißen würde. Doch schien er ihm nur aufmerksam zuzuhören.
    »Nein!«, schrie er plötzlich. »Das hat Kennit niemals gesagt!
    Er hat nie gesagt, dass er davon träumte, ein eigenes Lebensschiff zu besitzen. Du lügst! Du lügst!« Er schüttelte den Mann hin und her, und Althea hörte, wie Knochen brachen. Der Mann kreischte, und Paragon warf ihn plötzlich weg. Die Gestalt überschlug sich in dem hellen Sonnenlicht und tauchte dann in die glitzernde See ein. Man hörte das Klatschen des Körpers auf dem Wasser, dann war er verschwunden. Die Ketten an seinen Knöcheln zogen das in die Tiefe hinab, was noch von ihm übrig gewesen sein mochte.
    Althea starrte dumpf auf die Stelle, wo der Mann verschwunden war. Er hatte es getan. Paragon hatte wieder getötet!
    »Ach, Schiff«, stöhnte Brashen neben ihr.
    Paragon drehte den

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