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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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besitze keine Sklaven. Genauso wenig wie mein Vater. Er hat mich in der Überzeugung erzogen, dass Sklaverei falsch ist. Es gibt keine Vestrit-Tätowierung, und es gibt keine Vestrit-Sklaven. Was dir angetan wurde, hat dir Kyle Haven angetan, nicht meine Familie.«
    »Du windest dich gern raus, ja? Wie der kleine Priester-Junge.
    Er hat gewusst, was uns angetan wurde. Dieser verdammte Torg. Er kam mitten in der Nacht herunter und hat die Frauen direkt vor unseren Augen vergewaltigt. Eine hat er sogar umgebracht. Sie hat angefangen zu schreien, und er hat ihr einen Lappen in den Mund gestopft. Sie ist gestorben, während er sie genommen hat. Und er hat dabei nur gelacht. Er ist einfach aufgestanden, weggegangen und hat sie liegen lassen. Sie war zwei Männer von mir entfernt angekettet. Und keiner von uns konnte etwas dagegen tun. Am nächsten Tag kamen Seeleute, haben sie weggeschleppt und an die Seeschlangen verfüttert.«
    Der Mann kniff die Augen zusammen und musterte Althea.
    »Du hättest da liegen sollen, auf dem Rücken und geknebelt.
    Nur einmal hätte es eine von euch treffen sollen.«
    Althea schloss einen Moment die Augen. Das Bild war zu lebhaft. Amber drehte sich an der Reling plötzlich herum und starrte aufs Meer hinaus.
    »Sprich nicht so zu ihr!«, knurrte Brashen heiser. »Oder ich werfe dich eigenhändig über Bord…«
    »Es macht mir nichts aus«, unterbrach ihn Althea. »Ich verstehe, warum er das sagt. Lasst ihn weiterreden.« Sie konzentrierte sich auf den Mann. »Was Kyle Haven mit unserem Familienschiff gemacht hat, war falsch. Das gebe ich zu.« Sie zwang sich, den scharfen Blick des Mannes ebenso entschlossen zu erwidern. »Ich will die Viviace zurückhaben. Dann wird niemand mehr auf ihr versklavt werden. Das ist alles. Sag uns, wo wir Kennit finden können. Wir kaufen das Schiff zurück.
    Mehr will ich nicht. Nur das Schiff. Und diejenigen von der alten Besatzung, die noch am Leben sind.«
    »Das sind nicht viele.« Ihre Worte hatten den Mann nicht beeindruckt. Stattdessen schien er ihre Verwundbarkeit zu wittern und wollte sie verletzen. Er starrte sie unablässig an, während er weitersprach. »Die meisten waren schon tot, bevor Kennit überhaupt auftauchte. Ich selbst habe zwei umgebracht. Es war ein schöner Tag, als er an Bord kam. Seine Männer hatten ganz schön lange damit zu tun, die Leichen an die Seeschlangen zu verfüttern. Und wie das Schiff dabei geschrieen hat!«
    Er überprüfte mit einem Blick, ob er sie getroffen hatte.
    Althea versuchte erst gar nicht, ihm etwas vorzuspielen. Sie musste sich dem irgendwann stellen. Sie war keine Haven, aber das Schiff war ihr Familienschiff. Mit Familiengeld waren die Sklaven gekauft worden, und die Mannschaft ihres Vaters hatte die Menschen in der Dunkelheit im Laderaum angekettet. Sie empfand keine Schuld: Schuldgefühle hob sie sich für ihre eigenen Verfehlungen auf. Aber die Verantwortung war schwer zu ertragen. Sie hätte dableiben und Kyle bis zum Schluss bekämpfen sollen. Sie hätte niemals zulassen dürfen, dass die Viviace Bingtown für ein solch schmutziges Geschäft verließ.
    »Wo können wir Kennit finden?«
    Der Mann leckte sich die Lippen. »Du willst dein Schiff wiederhaben? Du wirst es nicht bekommen. Kennit hat sie gekapert, weil er sie besitzen wollte. Und sie will ihn. Sie würde ihm die Stiefel lecken, wenn sie rankäme. Er beschwatzt sie wie eine billige Hure, und sie springt darauf an. Ich habe eines Nachts gehört, wie er mit ihr geredet und sie dazu verführt hat, wie er Pirat zu werden. Sie hat freiwillig mitgemacht. Sie wird niemals zu dir zurückkehren. Sie hat genug davon, ein Sklavenschiff zu sein. Jetzt geht sie mit Kennit auf Piratenfahrt. Sie trägt seine Farben wie ich auch.« Er beobachtete scharf, wie seine Worte wirkten. »Das Schiff hasste es, ein Sklavenschiff zu sein. Sie war Kennit dankbar dafür, dass er sie befreite. Sie wird niemals freiwillig zu dir zurückkehren. Und Kennit wird sie dir niemals verkaufen. Er mag sie. Er wollte schon immer ein Lebensschiff haben, hat er gesagt. Und jetzt hat er eins.«
    »Lügner!« Nicht Althea stieß diesen Schrei aus, sondern Paragon. »Du verlogener Schleimbeutel! Gebt ihn mir! Ich werde schon die Wahrheit aus ihm herauspressen!«
    Paragons Worte waren für Althea wie ein Schlag ins Gesicht.
    Sie fühlte sich elend, als sie langsam aufstand. Ihr schwindelte von den Worten des Mannes. Er hatte eine tief vergrabene Furcht wachgerüttelt. Sie hatte

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