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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Erinnerungen deiner fünfzehn kurzen Sommer. Öffne dich mir. Ich werde dir zeigen, wie du dich selbst heilen kannst.«
    »Nein.«
    Sie lachte. »Ah, verstehe. Damit willst du deine Loyalität zu ›Viviace‹ beweisen. Indem du deinen Geist nicht mit meinem verbinden willst. Ein armseliger Tribut, aber wahrscheinlich das Beste, was du zustande bringst. Du weißt, dass ich dich zwingen könnte, nicht wahr? Ich kenne dich, wie kein anderer es tut!« Einen Moment lang fühlte er, wie sich ihr Geist durch seinen wand. Sie griff nicht nach ihm, sondern ließ ihn eher spüren, dass sie bereits da war. »Aber wenn du lieber entstellt bleiben möchtest…« Sie machte sich nicht die Mühe, diesen Gedanken zu Ende zu führen.
    Sehnsucht durchströmte ihn. Er konnte sich an die intensive Genugtuung erinnern, die er empfunden hatte, als er seinen Körper geheilt hatte, während er in dem Drachen schlief. Jetzt, wach und lebendig, konnte er sein Bewusstsein nicht tief genug sinken lassen, um erneut diese Kontrolle über sich zu erlangen.
    Konnte sie ihn lehren, diese Meisterschaft aus eigenem Willen zu erreichen? Seine Sehnsucht nach dieser Fähigkeit ging weit über den Wunsch hinaus, schmerzfrei zu leben oder seine neuesten Narben auszuradieren. Konnte sie ihm zeigen, wie er die Tinte der Tätowierung aus seinem Gesicht entfernen konnte?
    Ihm beibringen, wie er seinen verlorenen Finger wiederbekam?
    Und wenn er das gelernt hatte, konnte er dann seine Fähigkeiten auch bei anderen nutzen? Damit würde er ein gewaltiges Geheimnis entschlüsseln. Sein Leben lang hatte Wintrow Wissen geliebt – und den Prozess, sich dieses Wissen anzueignen.
    Sie hätte sich keinen besseren Köder ausdenken können, um ihn zu locken.
    »Was könntest du für ein Heiler sein! Denk drüber nach. Ich könnte Kennit sogar überreden, dich gehen zu lassen. Du könntest in dein Kloster zurückkehren zu deinem einfachen und befriedigenden Dienst an Sa. Du hättest dein eigenes Leben wieder. Du könntest deinem Gott dienen, hättest ein reines Gewissen. Da Viviace fort ist, gibt es für dich keinen echten Grund, hier zu bleiben.«
    Beinahe hätte sie ihn übertölpelt. Er fühlte, wie ihre Worte die Sehnsucht in ihm anfachten, doch der letzte Satz riss ihn unsanft in die Realität zurück. Da Viviace fort ist. Wohin war sie gegangen?
    »Du willst, dass ich gehe? Warum?«, fragte er ruhig.
    Ihre goldenen Augen blitzten. »Warum fragst du?«, erwiderte sie gereizt. »Ist es nicht das, wovon du geträumt hast, seit du an Bord dieses Schiffes gekommen bist? Hast du Viviace das nicht ständig vorgehalten? ›Wenn du nicht wärst, hätte mein Vater mich nicht aus meinem Kloster geholt!‹ Warum nimmst du nicht einfach, was du willst, und gehst?«
    Er dachte eine Weile nach. »Vielleicht weil das, was ich wirklich will, nicht bedeutet, dass ich gehen muss.« Er betrachtete sie sorgfältig. »Ich glaube, dass du es mir zu schmackhaft machst. Also frage ich mich, was du durch mein Weggehen gewinnst. Das Einzige, was ich mir denken kann, ist, dass es irgendwie Viviace in dir schwächen würde. Vielleicht würde sie aufgeben und verstummen, wenn ich nicht mehr da bin. Sa weiß, dass etwas in mir sich nach ihr sehnt. Vielleicht geht es ihr ja nicht anders. Solange ich lebe und hier bin, lebt auch ein Stück von Viviace. Fürchtest du, dass meine Gegenwart sie wieder heraufbeschwören könnte? Du hast sehr darum gekämpft, sie zu unterwerfen. Sie hätte dich sogar beinahe in den Tod gezogen. Du hast sie nicht leicht besiegt.«
    Die Gewissheit in ihm wuchs. »Du hast einmal gesagt, dass wir drei stark miteinander verbunden seien. Dass der Tod von einem von uns auch die beiden anderen bedrohe. Viviace lebt immer noch in dir, und alles Leben ist Sa. Meine Pflicht meinem Gott gegenüber ist hier, ebenso wie meine Verpflichtung gegenüber Viviace. Ich werde sie nicht so leicht aufgeben.
    Wenn eine Heilung durch dich bedeutet, dass ich Viviace aufgeben muss, dann weigere ich mich und behalte meine Narben.
    Ich sage dir das und weiß, dass sie es ebenfalls hört. Ich werde sie niemals aufgeben.«
    »Dummer Junge.« Die Galionsfigur kratzte sich umständlich am Nacken. »Wie dramatisch du bist! Wie aufwühlend! Wenn da etwas wäre, das aufgewühlt werden könnte. Also trage deine Narben – als einen jämmerlichen Tribut an jemanden, der niemals wirklich existiert hat. Sollen sie die letzte Spur ihrer ›Existenz‹ sein. Ob ich will, dass du gehst? Ja, und zwar, weil ich

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