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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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beschützend hinter Selden. Ronica war froh, dass sie da war, fragte sich aber, was sie vorhatte. Würde sie den letzten Erben der Vestrits für sich beanspruchen und ihn nach Trehaug mitnehmen? Wenn nicht, welchen Platz gab es dann für Selden hier in Bingtown?
    Keffria stand so dicht vor dem Podest, dass sie nur den Arm ausstrecken musste, um ihren Jungen zu berühren. Aber das tat sie nicht. Ronicas Tochter war still gewesen, seit Reyn ihnen Selden zurückgebracht hatte. Sie hatte die silbernen Schuppen auf seiner Wange betrachtet, sie aber nicht berührt. Selden hatte ihr freudig erklärt, dass Malta am Leben war, weil die Drachenkönigin es gesagt hatte. Als Keffria diese Neuigkeiten schweigend aufgenommen hatte, hatte Selden ihren Arm gepackt, als wollte er sie aufwecken. »Mutter, hör auf zu trauern.
    Tintaglia kann Malta zurückbringen. Ich weiß, dass sie es kann.«
    »Das will ich erst abwarten«, hatte Keffria leise erwidert.
    Mehr nicht. Jetzt sah sie ihren Sohn an, als wäre er ein Geist, als hätten diese wenigen Schuppen ihn aus ihrer Welt gerissen.
    Hinter Keffria stand Reyn. Er ging jetzt, wie Jani, auch unverschleiert. Von Zeit zu Zeit bemerkte Ronica, wie Leute den Kopf drehten und die Regenwildmenschen anschauten, aber beide waren zu beschäftigt, um beleidigt zu sein. Reyn unterhielt sich angeregt mit Grag Tenira. Es schien eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen zu geben, die zwar höflich, aber intensiv ausgetragen wurde. Hoffentlich sät das heute Abend keine Zwietracht zwischen den beiden, dachte Ronica.
    Bingtown braucht so viel Einigkeit wie nur irgend möglich.
    Ronicas Blick glitt über all diese verschiedenen Menschen, und sie lächelte grimmig. Selden war immer noch ihr Enkel.
    Trotz seiner Schuppen auf der Wange war er eindeutig ein Vestrit. Vielleicht waren diese Schuppen auf Seldens Gesicht nur ein Stigma, wie die Tätowierungen, die andere ohne Scham in dem neuen Bingtown tragen würden. Auf einem der Schiffe, das Tintaglia seiner Masten beraubt hatte, hatten sich Bingtowner Gefangene befunden. Viele von ihnen waren bereits gewaltsam tätowiert worden. Ihre Gesichter trugen jetzt die Siegel ihrer Häscher, damit jeder Plünderer seinen Gewinn bekam, wenn man sie in Chalced verkaufte. Die Chalcedeaner hatten das mastlose Schiff aufgegeben und versucht, in einer Galeone zu fliehen. Ronica bezweifelte allerdings, dass sie damit Erfolg gehabt hatten. Bingtowner waren auf einem improvisierten Floß zu dem Schiff hinausgestakt, das bereits Schlagseite hatte, und hatten ihre Verwandten befreit. Der Drache hatte derweil seine chalcedeanische Beute verfolgt. Von den Bingtownern trugen jetzt viele ein Sklavenzeichen, die nie im Leben damit gerechnet hätten, tätowiert zu werden. Unter ihnen befanden sich auch einige Neue Händler. Vermutlich überdachten die jetzt ihre Haltung zur Sklavenfrage.
    Die versammelten Menschen waren beunruhigt. Nachdem die Drachenkönigin von ihrer Jagd auf die Chalcedeaner zurückgekehrt war, hatte sie befohlen, dass sich die Anführer der Bingtowner versammeln sollten, weil sie bald mit ihnen verhandeln wollte. Da hatte die Sonne hoch am Himmel gestanden. Jetzt wurde es Abend, und sie war immer noch nicht zurückgekehrt. Ronicas Blick glitt wieder zum Podest zurück. Es würde interessant sein, wer diese Versammlung zur Ordnung rief und wem die Menschen folgen würden.
    Ronica erwartete, dass Serilla die Autorität des Satrapen nutzte, aber es war Händler Devouchet, der zur Vorderseite des Podestes trat. Er hob die Arme hoch in die Luft, und die Menge verstummte.
    »Wir haben uns hier in der Halle der Händler versammelt. Da Händler Dwicker ermordet worden ist, nehme ich jetzt die Position des Vorsitzenden des Bingtowner Händler-Konzils ein. Ich beanspruche das Recht, als Erster zu sprechen.«
    Er ließ seinen Blick über die Versammlung gleiten und wartete auf Widerspruch, aber niemand rührte sich.
    Devouchet begann mit dem Offensichtlichsten. »Wir alle haben uns hier versammelt, um zu diskutieren, was wir mit dem Drachen anfangen, der so unerwartet zu uns gekommen ist. Die Drachenkönigin hat die chalcedeanische Flotte aus unserem Hafen vertrieben und einige umherstreifende Banden von Marodeuren zur Strecke gebracht. Jetzt ist sie vom Himmel verschwunden, aber sie hat gesagt, dass sie bald zurückkehren würde. Bevor sie das tut, müssen wir entscheiden, wie wir mit ihr umgehen wollen. Sie hat unseren Hafen befreit. Was wollen wir ihr dafür

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