Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
Flusswasser erhitzt! Das hätte sie sich denken können. Ein Schiff von dieser Größe hatte vermutlich keinen allzu großen Vorrat an frischem Trinkwasser an Bord. Was sie hatten, würden sie sorgfältig rationieren. Die Chalcedeaner wussten anscheinend, dass man dieses Flusswasser nicht trinken konnte, aber ihnen war wohl nicht klar, dass sie auch nicht darin baden durften, dass sie wahrscheinlich überhaupt nicht badeten. Sie wussten also nicht, was es dem Satrapen antun würde. Morgen war er gewiss von Blasen übersät!
Sie lächelte honigsüß. »Soll ich Euch den zweiten Eimer auch über den Kopf gießen?«, fragte sie.
9. Kampf
Althea sah sich an Deck um. Alles lief wie geschmiert. Der Wind wehte stetig, und Haff stand am Ruder. Der Himmel über ihnen war wolkenlos und dunkelblau. Mittschiffs übten sechs Seeleute mit Stöcken eine Reihe von Angriffs-und Verteidigungsschlägen. Obwohl sie nicht gerade begeistert bei der Sache waren, schien Brashen mit der Form und der Präzision zufrieden zu sein, die sie mittlerweile erreicht hatten. Lavoy ging zwischen ihnen hin und her, kritisierte und verbesserte sie laut.
Sie schüttelte den Kopf. Sie verstand nicht viel vom Kämpfen, aber diese Übungen verblüfften sie. Kein Gefecht würde so ordentlich ablaufen wie diese Schlagabfolgen, die die Seeleute übten. Und bestimmt auch nicht so ruhig und gelassen wie die Übungen, die zuvor von den Bogenschützen absolviert worden waren. Wozu sollte das gut sein? Trotzdem hielt Althea den Mund, und als die Reihe an sie kam, übte sie mit den anderen und versuchte, voll bei der Sache zu sein. Mit dem leichten Bogen, den man ihr gegeben hatte, erzielte sie ganz gute Ergebnisse. Trotzdem mochte sie kaum glauben, dass etwas davon in einem echten Kampf nützlich sein sollte.
Brashen gegenüber hatte sie ihre Zweifel noch nicht geäußert.
Ihre Beziehung hatte sich in letzter Zeit gebessert. Sie würde sich allerdings nicht zu einem privaten Gespräch mit ihm verleiten lassen. Wenn er sich beherrschen konnte, dann konnte sie das auch. Es war einfach nur eine Frage von Respekt. Sie lauschte dem rhythmischen Klacken der improvisierten Schwerter, das Clef mit einem kleinen Singsang begleitete. Im schlechtesten Fall, dachte sie, beschäftigt es wenigstens die Mannschaft. An Bord des Paragon befanden sich mehr Personen als nur die normale Schiffsmannschaft, denn Brashen hatte genug Leute angeheuert, dass sie gleichzeitig kämpfen und segeln konnten. Die Sklaven, die sie heimlich aus Bingtown herausgeschmuggelt hatten, erhöhten ihre Zahl noch. Und die überfüllten Quartiere sorgten oft für Reibereien, wenn die Männer nicht beschäftigt waren.
Als sie sah, dass ihre Anwesenheit an Deck im Moment nicht erforderlich war, ging sie zu den Wanten und kletterte über sie rasch hinauf. Sie trieb sich an, so schnell wie möglich aufzuentern. Manchmal schmerzten ihre Muskeln wegen der Enge auf dem Schiff. Ein kurzer Abstecher zum Ausguck linderte das Zucken in ihren Beinen.
Amber hörte sie kommen. Althea sah das resignierte Willkommenslächeln der Schiffszimmerin, als sie sich über den Rand der Plattform zog und sich neben sie setzte. »Wie fühlst du dich?«, begrüßte sie Amber.
Amber lächelte wehmütig. »Gut. Hörst du endlich auf, dir Sorgen zu machen? Ich bin darüber hinweg. Ich sagte doch, diese Anfälle kommen und gehen. Es ist nichts Ernstes.«
»Sicher.« Althea mochte ihr nicht so recht glauben. Sie fragte sich immer noch, was in der Nacht passiert war, als sie Amber bewusstlos auf dem Deck gefunden hatte. Die Schiffszimmerin behauptete, sie wäre einfach ohnmächtig geworden und die blauen Flecken auf ihrem Gesicht stammten von dem Sturz.
Althea wusste nicht, warum sie hätte lügen sollen. Wenn Lavoy sie niedergeschlagen hatte, hätten sich Amber oder Paragon sicher längst darüber beschwert.
Sie musterte Ambers Gesicht. In letzter Zeit hatte die Schiffszimmerin häufig um den Dienst als Ausguck gebeten, und Althea hatte ihr zögernd diese Bitte gewährt. Wenn sie hier oben ohnmächtig wurde und auf das Deck hinunterstürzte… Aber der luftige, einsame Dienst schien ihr zu behagen. Denn obwohl der Wind und die Sonne ihr Gesicht verbrannt hatten, bis es sich schälte, war die Haut darunter gebräunt und gesund.
Das ließ ihre Augen noch dunkler und ihr Haar noch heller wirken. Auf Althea hatte sie noch nie gesünder gewirkt.
»Es gibt nichts zu sehen«, erklärte Amber, und Althea fiel auf, dass sie die
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